Brutalität aus Japan, Schmerz aus Mexiko

Brutalität aus Japan, Schmerz aus Mexiko

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Die asiatische Präsenz in Cannes ist in diesem Jahr nicht zu übersehen und auch Japan ist mit dabei. Takeshi Kitano vertritt 2010 die Farben seines Landes mit einem Genrefilm. „Outrage“, ein Yakuza- oder japanischer Gangster-Film, war ursprünglich als Mitternachtsvorstellung vorgesehen, landete jedoch im offiziellen Wettbewerb. Aus Gründen, die nicht wirklich nachzu vollziehen sind.

Von unserer
Korrespondentin
Martine Reuter, Cannes

Die Geschichte des Films verfolgt die Streitereien zwischen verschiedenen Clans. Diese eskalieren, es kommt zu blutigen, immer brutaleren Racheakten. „Outrage“ ist reine Gewalt mit den dazu gehörenden Blutlachen, abgeschnittenen Körperteilen und sinnlosen Prügeleien.

Letzteren verpasst Kitano einen besonderen Sound, die nieder prallenden Fäuste hämmern im Takt und man kann die Gewalt nicht nur sehen, sondern auch hören. Man kann ihr nicht entfliehen, sogar wenn man die Augen schließt.

Die Idee der Story an sich ist hervorragend. Zeigen, wie man in einer Welt, umgeben von egoistischen Individuen, überleben kann, doch gerade dies wird immer weiter in den Hintergrund gedrängt. Es ist bedauernswert, dass man Kitanos Film auf einige sehr brutale Schlüsselszenen reduzieren kann und dass es keine wirkliche Reflexion über die Situation und die Entwicklung dieser gibt.

Bemerkenswert ist aber dennoch, wie Kitano die Gewalt filmt, ohne dieses verfremdende Element, das aus Gewalt ein Spiel macht. Bei Kitano tut es wirklich weh, und nicht nur den Protagonisten, sondern auch dem Zuschauer.

Alejandro González Iñárritu

Genau wie der japanische Regisseur Kitano gehört auch der mexikanische Filmemacher Alejandro González Iñárritu zu dem inneren Zirkel von Regisseuren, die bei einem neuen Film fast sicher sein können, nach Cannes eingeladen zu werden. Der Mexikaner konnte immerhin für „Babel“ den Preis des besten Regisseurs entgegennehmen. Diesmal könnte es einen Interpretationspreis geben für Javier Bardem in „Biutiful“.

Uxbal lebt von krummen Geschäften, die er mit illegalen chinesischen und afrikanischen Einwanderern abwickelt. Groß gewinnt er dabei nicht, es reicht zum Überleben. Sein Leben hat einen Sinn durch seine beiden Kinder, Ana und Mateo, die nicht bei der psychisch gestörten Mutter aufwachsen, sondern bei ihm. Uxbal hat besondere Fähigkeiten, er kann manchmal mit den Toten kommunizieren und umso heftiger trifft es ihn, dass er die tödliche Gefahr, die in seinem Körper herangewachsen ist, nicht bemerkt hat.
Er hat Krebs und wird in einigen Monaten tot sein. Seine letzten Wochen sind geprägt vom Bedürfnis, mit allem abzuschließen, nicht nur der Zukunft, die er nicht mehr haben wird, sondern auch mit seiner Vergangenheit, die ihn belastet.

Wie ein Stein mitten ins Herz

Eine deprimierende Geschichte, die wie ein schwerer Stein mitten ins Herz trifft. Wie man es vom mexikanischen Regisseur kennt, schlägt er auch hier nicht den linearen Erzählpfad ein, sondern verwebt alles zu einem komplexeren Ganzen. Der Anfang ist das Ende, das Ende aber auch ein neuer Anfang und so werden Inhalte zu Bildern und Bilder zu Botschaften. Dennoch nicht das beste Werk von Iñárritu, aber ein sehr persönlicher Film, den er seinem Vater gewidmet hat.

Als nächste Wettbewerbsfilme stehen Abbas Kiarostamis „Copie conforme“ und Xavier Beauvois’ „Des Hommes et des dieux“ auf dem Programm. „Copie conforme“ lieferte in diesem Jahr auch indirekt das Poster zum Festival: Juliette Binoche, die Hauptdarstellerin dieses Films, ist hier abgebildet, und wer es nicht abwarten kann, den neusten Film einer der erfolgreichsten französischen Schauspielerinnen zu sehen, am Freitag ist es so weit, dann startet er in den luxemburgischen Kinos.

Festival de Cannes
Bis zum 23. Mai:
www.festival-cannes.com