LuxemburgAusufernder Frust am Flughafen: So lief der Luxair-Streik am Freitag ab

Luxemburg / Ausufernder Frust am Flughafen: So lief der Luxair-Streik am Freitag ab
Für Autos gab es am frühen Freitagmorgen am Findel kein Durchkommen Foto: Christian Muller

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Eine einfache Warnung an die Verantwortlichen der Luxair hätte die Protestaktion am Freitagmorgen werden sollen. Herausgekommen ist jedoch ein unüberhörbar lauter Schrei nach Hilfe. Frust, Zukunftssorgen und fehlende Antworten von den Verantwortlichen veranlassten einen Teil der Protestierenden zu einer spontanen Straßenblockade.

Geplant war eine kleine Protestaktion. Vor einer nächsten Verhandlungsrunde am 9. Oktober wollten die Gewerkschaften LCGB, OGBL und NGL-SNEP auf die Sorgen und Ängste der rund 1.200 Luxair-Mitarbeiter im Cargo-Center aufmerksam machen: Ein kleiner Marsch vom Parkplatz vor dem Ibis-Hotel (auf der gegenüberliegenden Straßenseite vom Terminal) bis vor das Flughafengebäude selber. Dort war von den Organisatoren eine kleine Bühne für das Halten der Reden aufgebaut worden.

Wie geplant und angekündigt, setzte sich der Protestzug (mit geschätzten 400 Beteiligten) dann pünktlich um Viertel vor neun in Bewegung. Doch er verlief anders als erwartet: Während ein erster Teil der Demonstranten bereits fast beim Flughafengebäude angekommen war, entschied eine zweite Gruppe, die Straße, die sie eigentlich überqueren sollten, nicht mehr zu verlassen. Eine Reihe Protestierende setzte sich auf die Straße. „On ne bouge pas“, war zu hören.

Die Polizei sperrte die Straße ab. Sie war vorbereitet. In weiser Voraussicht hatte sie bereits am Vortag gewarnt, dass es aufgrund der angekündigten Protestaktion zwischen 8.30 und 9.30 Uhr zu Verkehrsbeeinträchtigungen zwischen der Kreuzung der N1 mit der rue Lou Hemmer und am Kreisverkehr in Höhe der Einfahrt zum Flughafen kommen könnte.

Aufgestaute Wut und Frust

Die Gruppe der Protestierenden wollte den Weg dann nicht wieder freigeben. Enorm viel Wut und Frust haben sich offensichtlich in den letzten Monaten bei den Luxair-Mitarbeitern aufgestaut.

„Während der Jahre der Pandemie haben wir Überstunden gebrummt. Die Gehälter waren zwei Jahre lang eingefroren“, so ein Beteiligter gegenüber dem Tageblatt. „Und nun sagt die Gesellschaft uns: ,Cargo interessiert uns nicht mehr. Wir wollen euch nicht mehr‘.“ Der Geschäftsführer habe das Cargo-Center sogar offen als „merde“ bezeichnet, sagt er. „Und das bei einem Unternehmen, das mehrheitlich dem Staat gehört. Das ist doch nicht normal. Wir haben die Schnauze voll. Nicht mal eine Prämie haben sie für uns.“

Schlussendlich bewegt sich die Gruppe doch weiter. Aber nicht wie vorgesehen, weg von der Straße in Richtung Flughafen-Parkplatz, sondern weiter auf der Straße, in Richtung Kreisverkehr. Der Eingang zum Flughafen wurde versperrt. Nach einer Zeit des Zögerns und des Wartens gesellte sich dann auch die erste Gruppe zu ihnen. Die offiziellen Reden wurden somit am Kreisverkehr gehalten. Die vorgesehene Bühne auf dem Parkplatz vor dem Terminal blieb ungenutzt.

Vorgesehene Bühne blieb ungenutzt

„Die Mitarbeiter haben in der Zeit der Pandemie alles für das Land gegeben“, unterstreicht Paul de Araujo vom LCGB. „Sie haben dafür gesorgt, dass das Land trotz geschlossener Grenzen mit allen möglichen Waren versorgt wurde.“ Als „Helden“ und als „Arbeiter, auf die man nicht verzichten kann“ seien sie damals bezeichnet worden. Doch das war vor ein paar Jahren und ist heute scheinbar bereits vergessen. Ein Helikopter schwebt knatternd über der Demo. Leute mit Koffern ziehen vorbei.

Die Luxair will diese rund 1.200 Mitarbeiter, die teils bereits mehr als 20 Jahre dort arbeiten, nicht mehr. Ende Mai 2023 hatte der Verwaltungsrat der Luxair entschieden, sich nicht mehr an der Ausschreibung für das Weiterführen des „Cargo Handling“ zu beteiligen, erinnert Paul de Araujo vom LCGB. Die gleichen Mitarbeiter, die zu Covid-Zeiten „mit einem vorbildlichen Bewusstsein bedeutende persönliche Opfer akzeptiert hatten, damit die Luxair ihre Rolle im Kampf gegen die Pandemie für das Land spielen konnte. Das sei unannehmbar und eine Schande. Die Luxair-Direktion sei sich heute nicht einmal zu schade, das Cargo-Center als „shit hole“ zu bezeichnen. „Wann dës Situatioun Staatsbeamte concernéire géif, gleeft mir, léif Kolleeginnen a Kolleegen, wier de Problem scho laang geléist“, so Paul de Araujo weiter.

Auch Michelle Cloos vom OGBL erinnerte an die Leistungen der Mitarbeiter des Cargo-Centers während der Pandemie. „Wesentlich vor gerade mal drei Jahren. Und heute? Vergessen, vernachlässigt. (…) Luxair hat beschlossen, sich von der Cargo-Tätigkeit zu trennen. Ohne dies vorher anzukündigen. Ohne es zu erklären. Ohne sich zu entschuldigen. Ohne ein Dankeschön zu sagen.“

1.200 Mitarbeiter wollen Antworten

Und auch mit den Zukunftsaussichten werden die Mitarbeiter im Ungewissen gelassen. „D’Schweige vun der Direktioun muss en Enn kréien. D’Leit brauchen elo, an zwar direkt, Äntwerten op all hir Froen“, so Michelle Cloos. „Firwat ass et net méiglech, datt d‘Luxair einfach kloer seet, datt keen och nëmmen ee Cent oder een Avantage wäert verléieren, sou, wéi dat just normal wier?“ Da man beim Management „auf taube Ohren stößt“, sei man hier, um seine Stimme zu erheben. „Angesichts anhaltender Blockaden und Unsicherheiten verlieren wir die Geduld.“

Auch die Politik müsse Farbe bekennen, so die Gewerkschafterin weiter. „Wann ee Politiker ass, sech Politiker nennt a Politik wëll maachen, da geet et net duer, fir Bicker op der Braderie ze verdeelen, dann huet ee verdammt nach mol eng Meenung dozou ze hunn, wann et ëm d’Ängschten an d’Rechter an d’Zukunft vun de schaffende Läit (…) geet.“

Die Beschäftigten wünschten sich Klarheit, was ihre berufliche Zukunft angeht. Etwa eine Beschäftigungsgarantie. Und auch eine schriftliche Zusicherung, dass es keine Verschlechterungen bei den Arbeitsbedingungen und beim Kollektivvertrag geben wird. 

Etwa gegen 10.20 Uhr war alles vorbei und die Protestierenden gaben die Straße wieder frei.