Zu Fuß unterwegs – Arme und Beine weg

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US-Soldaten erleiden im Afghanistankrieg zunehmend grausige Verletzungen, darunter den Verlust beider Beine. Hintergrund ist eine Direktive, öfter zu Fuß zu patrouillieren.

Vor bald einem Jahr übernahm US-General David Petraeus das Oberkommando der ISAF-Truppen in Afghanistan. Seine Soldaten ermahnte er damals, wenn immer möglich ihre gepanzerten Fahrzeuge zu verlassen und zu Fuss zu patrouillieren. Davon erhoffte er sich, das Verhältnis zur Bevölkerung zu verbessern sowie die Observation und das Sammeln von Informationen zu erleichtern, wie er in einem Memo an die Truppe festhielt.

Ein weiterer Grund, die Fahrzeuge zu verlassen, ist die höhere Wahrscheinlichkeit, im Boden vergrabene Bomben aufzuspüren und zu entschärfen. Laut Recherchen der Zeitung „USA Today“ gelingt dies zu Fuss in 79 Prozent der Fälle – fast doppelt so oft wie aus einem Fahrzeug (41 Prozent). Die höhere Auffindrate hat allerdings einen schrecklichen Preis: Für Fußsoldaten stellt das Restrisiko eine weit größere Bedrohung dar als für ihre Kameraden in den gepanzerten Humvees.

Prothesen teilweise kaum möglich

Die Taliban haben sich auf die neue Taktik des Gegners eingestellt und vergraben noch mehr ihrer selbstgebastelten Tretbomben. Diese bestehen oft aus wenig mehr als einem Plastikeimer gefüllt mit Kunstdünger und einem primitiven Zünder aus Holz oder einer Petflasche. Solche sogenannten „Improvised Explosive Devices“ (IED) töteten im vergangenen Jahr 268 US-Soldaten – mehr als in konventionellen Gefechten umkamen (231). Im gleichen Zeitraum wurden 3366 verwundet. Die Art und Schwere ihrer Verletzungen zeugen vom Umstand, dass die Fusssoldaten der Explosion schutzlos ausgeliefert waren.

Amerikanische Militärärzte berichteten der „Huffington Post“, dass die Verletzungen teilweise so schwer sind, dass sie beide Beine bis nah an die Hüften der Opfer amputieren müssen, was die Anbringung von Prothesen erschwert. Da die Soldaten mit vorgehaltener Waffe patrouillieren, sind auch Armamputationen weit verbreitet. Mindestens vier Patienten im Walter Reed Army Medical Center, dem größten Militärspital in den USA, haben in Afghanistan beide Beine und Arme verloren.

Ausbildung wichtiger als Hightech

Ein weiteres schwerwiegendes Problem sind Verletzungen des Sexualorgans, die junge, zuvor kerngesunde Männer in Depressionen stürzen. Die Scheidungsrate unter den verheirateten Patienten übersteigt 50 Prozent. „Wenn ein junger Mann erfährt, dass er keine Kinder mehr zeugen kann, ist das ein großes Problem – vor allem, wenn seine Frau neben ihm sitzt“, sagte Bo Bergeron, Leiter Physiotherapie des Walter-Reed-Spitals der „Huffington Post“.

IED-Spezialisten der US-Armee räumen ein, dass die enormen Investitionen in neuartige Detektoren mit der Ausbildung der Soldaten nicht immer schritthält. In Afghanistan stehen Roboter sowie Sensoren auf Luftballonen und unbemannten Drohnen zur Verfügung. Fusssoldaten benutzen zudem tragbare Detektoren, die den Boden mit Radar durchdringen und auf nicht-metallische Bomben reagieren. Auch Spürhunde kommen zum Einsatz. Trotzdem: Die beste Waffe gegen IEDs sind gut ausgebildete Soldaten.