„Die EZB-Kandidatur Webers hat sich erledigt“, sagte eine mit den Vorgängen vertraute Person am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. Andere Insider bestätigten dies. Die Bundesbank kommentierte dies nicht. Aus Bundesbankkreisen hieß es lediglich, Weber habe in vertraulicher Runde erklärt, „dass er nicht unbedingt eine zweite Amtszeit bei der Bundesbank will“. Weber sehe gegenwärtig aber keinen Grund für eine persönliche Erklärung über seine Zukunftspläne und werde seine Termine in nächster Zeit wie geplant wahrnehmen.
Webers Amtszeit endet im April 2012, die des jetzigen EZB-Chefs Jean-Claude Trichet am 31. Oktober dieses Jahres. Der Bundesbank-Chef galt lange Zeit als Kandidat für den EZB-Chefposten, wenngleich Bundeskanzlerin Angela Merkel sich dazu bislang nicht öffentlich geäußert hat. Am Mittwochvormittag habe es ein vertrauliches Telefonat zwischen Merkel und Weber gegeben, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Angaben zu den Inhalten des Gesprächs wollte er nicht machen.
Gerüchte
Weber galt neben Italiens Zentralbankgouverneur Mario Draghi bis dato als aussichtsreichster Kandidat für den Top-Job – wenngleich vor allem aus Frankreich Widerstand laut wurde. Zuletzt hatte es auch Meldungen gegeben, der finnische Notenbankchef Erkki Liikanen könne Nachfolger Trichets werden, sollten weder Weber noch Draghi international durchsetzbar sein.
Zuletzt hatte es Spekulationen gegeben, der 53-jährige Weber könne zur Deutschen Bank wechseln, um dort eventuell Nachfolger des 2013 abtretenden Vorstandschefs Josef Ackermann zu werden. In hochrangigen Frankfurter Finanzkreisen hieß es, es gebe bis dato keine Vereinbarung, dass der Volkswirtschaftsprofessor und frühere Wirtschaftsweise zur Deutschen Bank und damit in die Privatwirtschaft gehe. Bankenanalyst Konrad Becker von Merck Finck bleibt angesichts der mangelnden Erfahrung Webers im kommerziellen Bankgeschäft skeptisch: „Er wäre in jedem Fall der teuerste Lehrling der Deutschen Bank.“
Überraschung
An den Finanzmärkten sorgte die Nachricht vom Verzicht Webers zunächst für einen deutlichen Rückgang des Euro-Kurses. Die europäische Gemeinschaftswährung gab auf 1,3614 Dollar nach, berappelte sich dann allerdings wieder. Für Händler und Analysten kam die Nachricht unerwartet. „Das ist eine Überraschung, aber kein Beinbruch“, sagte Folker Hellmeyer, Chefvolkswirt der Bremer Landesbank. Kornelius Purps von der italienischen Großbank Unicredit erwartet nachhaltig keine gravierenden Folgen der Personalie: „Die Auswirkungen auf den Euro dürften sich in Grenzen halten, da – egal wer die Leitung übernimmt – eine stabilitätsorientierte Geldpolitik der EZB garantiert sein dürfte.“
Weber ist eine der lautesten und einflussreichsten Stimmen im EZB-Rat, der über die Geldpolitik für die Euro-Zone entscheidet. Er gilt als geldpolitischer Hardliner, der in der Hochzins-Tradition der Bundesbank steht. Weber ist bekannt als Freund klarer Worte, der auch den Konflikt nicht scheut. So fing er sich beispielsweise mit seiner harschen öffentlichen Kritik an dem auf dem Höhepunkt der Schuldenkrise in Griechenland beschlossenen Ankaufprogramm für Staatsanleihen eine öffentliche Rüge von EZB-Chef Trichet ein. Auch bei der Politik im In- und Ausland eckt er oft wegen seiner undiplomatischen Art an.
Die Stunde des Yves Mersch?
Vor kurzem hatte sich auch Ex-Bundeskanzler Gerhard Schroeder über die Nachfolge von Trichet geäußert. Seiner Ansicht nach sei der Vertreter eines kleinen Landes wohl ein geeigneter Kandidat. Im Gespräch war vor Monaten bereits auch der Luxemburger Zentralbankchef und EZB-Ratsmitglied Yves Mersch.
De Maart

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