Netflix-Erfolg macht RTL nervös

Netflix-Erfolg macht RTL nervös
(Reuters/Robert Galbraith)

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Der unerwartete Erfolg des US-Videodienstes Netflix in den Niederlanden macht dem europäischen Fernsehkonzern RTL zu schaffen.

Während die RTL-Sender in Deutschland und Frankreich im vergangenen Jahr das Gewinnwachstum des Konzerns vorantrieben, brach das Ergebnis im niederländischen TV-Geschäft um 15 Prozent ein.

„Netflix hat einen sehr starken Markteintritt gehabt“, sagte der Co-Chef des RTL-Konzerns, Guillaume de Posch, am Donnerstag auf der Bilanzpressekonferenz in Köln. Mit dem Verlust von Fernsehzuschauern ließen sich auch die Werbeblöcke der Sender nicht mehr so gut verkaufen. RTL reagiere mit dem Ausbau seiner eigenen Videoplattformen, die das Publikum stärker mit nationalen Inhalten ansprechen sollen.

Der mit US-Serien wie „House of Cards“ international erfolgreiche Anbieter Netflix war 2013 in den Niederlanden und ein Jahr später in Deutschland und Frankreich gestartet. Obwohl RTL in den Niederlanden nach Unternehmensangaben im Konzern ein Vorreiter mit Online-Angeboten war, setzte Netflix der Tochter überraschend stark zu.

Der drittgrößte Markt von RTL

In seinen Hauptmärkten Deutschland und Frankreich spürt RTL nach eigenen Angaben die Konkurrenz des Online-Videodienstes bisher nicht so stark wie in den Niederlanden, seinem drittgrößten Markt. Während sich dort wesentlich mehr Zuschauer mit englischsprachigen Videoangeboten anlocken ließen, bevorzuge das deutsche und das französische Publikum Unterhaltung in seiner Muttersprache, sagte de Posch. „Europa ist in Subkontinente aufgeteilt.“ Die Niederlande gelten in der Branche als Versuchslabor für neue Trends auf dem europäischen Kontinent.

Ein Warnschuss für den Konzern

Dennoch ist die Entwicklung in den Niederlanden ein Warnschuss für den Konzern. „Wir haben in Deutschland leider dieselbe Herausforderung“, sagte RTL-Deutschland-Chefin Anke Schäferkordt. In der Bundesrepublik schätze sie das Videoangebot von Amazon als stärkeren Rivalen ein als Netflix. Grund sei die starke Verankerung von Amazon im deutschen Online-Handel. „Wir nehmen beide Wettbewerber sehr ernst“, sagte Schäferkordt. Alle Anbieter hüten ihre Zahlen zu einzelnen Märkten als Geschäftsgeheimnisse.

Schäferkordt hatte am Mittwoch überraschend angekündigt, sich als Co-Chefin aus der europäischen Konzernspitze zurückzuziehen, um sich dem Umbruch im Deutschlandgeschäft zu widmen. Unter anderem werde RTL noch stärker als bisher in eigene Produktionen investieren und weniger in den USA einkaufen, um sich von den neuen Wettbewerbern abzugrenzen. Zu den stärksten Zuschauermagneten von RTL zählt die Dschungel-Show „Ich bin ein Star ? Holt mich hier raus!“

Personalkarussel

Dank sprudelnder Werbeerlöse ist die deutsche Fernsehtochter nach wie vor die wichtigste Ertragsperle der RTL-Gruppe und des Mutterkonzerns Bertelsmann. Die in Luxemburg ansässige RTL Group steigerte Umsatz und Betriebsgewinn im vergangenen Jahr jeweils um rund dreieinhalb Prozent und erreichte damit erneut Rekordwerte. Zu den Konzernerlösen von 6,2 Milliarden Euro steuerten die deutschen Fernsehsender mehr als ein Drittel bei.

In den Niederlanden stiegen dem Umsätze leicht auf 495 Millionen Euro, während das Ergebnis um 15 Prozent auf 85 Millionen Euro schrumpfte. Dem Chef der niederländischen Fernsehtochter wird das im Konzern allerdings nicht als Karrierehindernis angelastet: Bert Habets, der die Landesgesellschaft seit neun Jahren leitet, soll Schäferkordt im April an der Konzernspitze ablösen und dann gemeinsam mit de Posch den Ausbau der Internetaktivitäten vorantreiben. Habets hatte bereits die niederländische Online-Plattform RTL XL 2010 gegründet und damit als erster RTL-Landeschef das sein Programmangebot im Internet verfügbar gemacht.