Punktuell bzw. im Detail mögen die einzelnen Parteien sich hinsichtlich ihrer gemeindepolitischen Prioritäten unterscheiden. Prinzipiell scheint bei den großen, im Mittelpunkt der diesjährigen Kommunalwahlen stehenden Themen aber ein parteiübergreifender Konsens zu herrschen. Zumindest drängte sich dem Zuschauer des gestrigen Rundtischgesprächs bei der diesjährigen „Festa Europea dell’Unità“ auf dem Escher Galgenberg diese Schlussfolgerung geradezu auf.
Offiziell stand der rund zwei-stündige, von Philipp Poirier, Politikwissenschaftler an den Universitäten Luxemburg und Paris IV Sorbonne, moderierte Austausch unter dem Motto „Die Rolle der Gemeinden bei der Integration der Ausländer“.
Allgemeine Situation
Zu Beginn der Runde stand aber vor allem die aktuelle wirtschaftliche, finanzielle und soziale Lage des Landes im Mittelpunkt der Debatte. Für Poirier aber alles andere als eine Abweichung vom Thema: Schließlich habe Integration nicht nur eine kulturelle Seite, sondern eben auch eine wirtschaftliche und soziale.
In diesem Sinne erklärte Jean-Claude Reding, als Präsident des OGBL einziger Nicht-Kandidat in der gestrigen Runde, dass die meisten Menschen sich derzeit hauptsächlich allgemeine Fragen über die soziale Sicherheit, die wirtschaftliche Zukunft und damit verbunden die Beschäftigung sowie die Kaufkraft stellen würden.
Die diesjährigen Kommunalwahlen würden und könnten nicht losgelöst von der allgemeinen, relativ negativen Lage betrachtet werden. Viele Bürger würden dementsprechend eine kommunale Antwort – oder zumindest eine Teilantwort – auf ihre allgemeine Sorgen und Ängste erwarten.
Wichtige Rolle
Einig waren sich alle Teilnehmer darin, dass die Gemeinden vor dem von Reding angesprochenen Hintergrund eine wichtige Rolle spielen können und müssen. Eine wichtige Rolle, die, wie Jean Huss („déi gréng“) meinte, darin bestehen müsste, „offensiv“ zu investieren. Dies in allen Bereichen: Kultur, Handel, Bildung …
Zumindest inhaltlich und auf die Wohnungsproblematik bezogen äußerte sich Frank Jost von „déi Lénk“ ähnlich.
Für den KPL-Kandidaten und ehemaligen Abgeordneten Aloyse Bisdorff besteht kein Zweifel daran, dass die Gemeinden auch wirtschaftlich verstärkt tätig werden müssten. Gegenüber Privatunternehmen hätten Kommunen den unbestreitbaren Vorteil, dass sie keine Rentabilität von 15 bis 20 Prozent erwirtschaften müssten.
Und auch für den DP-Bürgermeister der Gemeinde Differdingen, Claude Meisch, steht fest: Die Gemeinden können in den Bereichen Wohnen, Energie, Kinderbetreuung und Ökonomie viel ausrichten. Sofern die Gemeinde-Autonomie weiterhin gewährleistet bzw. verbessert wird. Gleichzeitig ist er, wie seine Gesprächspartner Fernand Kartheiser (ADR), Marco Goetz (CSV) und Giovanna Esposito (LSAP) auch, der Meinung, dass Kommunalpolitik – Gemeinde-Autonomie hin oder her – aufgrund nationaler Regelungen immer ganz klare Grenzen habe.
LSAP-Vertreter Dan Codello gab sich allgemein: Die Politik müsse ein Ziel verfolgen: die soziale Kohäsion stärken und die kulturelle Vielfalt steigern.
Großregion nicht vergessen
Jean-Claude Reding appellierte seinerseits, die Großregion nicht zu vergessen, will heißen, immer auch regional zu denken und in diesem Zusammenhang auch immer die Grenzgänger in alle politischen Überlegungen mit einzubeziehen.
Er zeigte sich denn auch überzeugt, dass aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen und sozialen Lage die diesjährigen Kommunalwahlen auch eine ganz klare nationale Aussagekraft haben würden. Nicht ohne die Politiker, die sowohl lokal als auch national Verantwortung trügen, zu ermahnen, auf den beiden Bühnen nicht zwei verschiedene Meinungen zu vertreten.
Bei allem Konsens waren sich die Diskussionsteilnehmer aber in einem Punkt nicht einig: Während für die DP, die ADR und den OGBL (wenn auch aus teilweise unterschiedlichen Gründen) die Grundschulreform eher als Rück- denn als Fortschritt gewertet werden muss, zeigten sich die übrigen Parteien nicht oder weitaus weniger kritisch.
De Maart
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