Welches Gen ist das Wichtigste?

Welches Gen ist das Wichtigste?
(dpa/Sebastian Kahnert)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Das "Luxembourg Centre for Systems Biomedicine" (LCSB) und die "Life Science Research Unit" (LSRU) stellten den Bakterien eine Frage und erhielten eine Antwort.

In Zusammenarbeit mit US-Forschern bestimmten das LCSB und die LSRU der Universität Luxemburg auf Basis umfassender Daten zu Bakteriengenetik und Bakterienstoffwechsel die Schlüsselarten der mikrobiellen Ökosysteme. Solche Systeme sind zum Beispiel biologische Kläranlagen oder der menschliche Magen-Darm-Trakt. Hier finden sich fast unüberschaubar viele Bakterienarten. Doch welche davon spielen eine wirklich zentrale Rolle?

Es sind aber nicht die besonders häufigen, sondern die raren Bakterien, die wichtig sind. Entscheidend sind ihre Gene. Diese weniger zahlreichen Bakterien besitzen essentielle Schlüsselgene. Das bedeutet aus medizinischer Sicht: Geraten Mikroben-Gesellschaften bei Krankheiten aus dem Gleichgewicht, wird durch gezielte Unterstützung der zentralen Bakterienarten ein positiver gesundheitlicher Effekt erzielt.

Neue Technologien machen’s möglich

Bisher waren solche Forschungen nach dem Zusammenhang von Bakterien und komplexen Ökosystemen schwierig. Die Organismenzahl der verschiedenen Arten galt als entscheidend.

„Mit dem Aufkommen der neuen Omics-Technologien (…) haben sich völlig neue Möglichkeiten ergeben, Ökosysteme zu erforschen“, sagt Paul Wilmes: „Nach Hochdurchsatzanalysen können wir jetzt am Rechner die genetischen und stofflichen Netzwerke rekonstruieren. Mit ihnen lässt sich aufklären, wie sich die Lebewesen gegenseitig beeinflussen. In unserer Studie war uns vor allem wichtig, spezifische Schlüsselgene zu identifizieren, die eine zentrale Rolle im Stoffwechsel der mikrobiellen Gemeinschaften spielen. Diese Gene konnten wir dann bestimmten Schlüsselarten zuordnen.“

Essentielle Funktion im Ökosystem

Mit diesem Wissen haben die Forscher dann die Schlüsselarten identifiziert: „Sie erfüllen eine essentielle Funktion im Ökosystem“, erläutert Paul Wilmes: „Viele andere Arten sind auf ihre Stoffwechselprodukte angewiesen. Wenn sie ausfallen, hat das dramatische Folgen für das ganze Ökosystem. Unterstützt man aber die Schlüsselarten, stabilisiert sich die Lebensgemeinschaft.“

Die medizinische Bedeutung der neuen Erkenntnisse erläutert LCSB-Direktor Prof. Dr. Rudi Balling: „Wir nehmen an, dass Krankheiten wie etwa Parkinson eine Ursache darin haben könnten, dass die Zusammensetzung mikrobieller Lebensgemeinschaften im menschlichen Körper gestört ist. Mit dem Wissen über die Schlüsselarten können wir die molekularen Ursachen in Zukunft genauer unter die Lupe nehmen – und Maßnahmen erforschen, um das ökologische Gleichgewicht beispielsweise im Darm wieder herzustellen.“

Veröffentlicht wurde die Studie jetzt in dem neuen Fachjournal der Nature Publishing Group, npj Biofilms and Microbiomes.

Lesen Sie auch:

Erfolg in der Forschungsförderung