Montag20. Oktober 2025

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Tarrach: „Schlechte Lehrer müssen weg“

Tarrach: „Schlechte Lehrer müssen weg“

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Im Kontext der Reform der Oberstufe des Sekundar unterrichts hatte das Bildungsministerium am Montagabend zu einer Konferenz mit Rolf Tarrach geladen. Der Rektor der Uni Luxemburg referierte zum Thema „Un Luxembourg de la connaissance: Folgen für die Hochschulreife“. Tom Wenandy

„Es gibt keine Alternativen zu einem ‚Luxemburg des Wissens‘.“ Das sagte Rolf Tarrach vorgestern Abend einleitend vor rund 100 Personen – in der Mehrzahl Lehrer des Sekundarunterrichts – im Rahmen einer Konferenz im „Lycée technique Michel Lucius“ auf Limpertsberg.
Allerdings sei dieses Ziel nicht einfach zu erreichen. Ein Hauptproblem stelle nämlich neben dem schnellen technologischen Wandel, der Globalisierung sowie der Kurzlebigkeit der Information die Tatsache dar, dass alle Länder nach einer solchen Wissensgesellschaft strebten. „Die anderen sind genauso intelligent wie wir“, sagte Tarrach. Demnach gelte es für Luxemburg, Nischen zu finden, spezielle Profile zu entwickeln.
Tarrach unterstrich auch die Wichtigkeit der Grundschule. „Viele Dinge muss man einfach lernen, wenn man jung ist. Andernfalls lernt man sie nicht mehr. Danach ist es zu spät.“ Eine besonders wichtige Rolle komme in diesem Zusammenhang den Lehrern zu. Lehrer, die im „enseignement fondamental“ und bis zu einem gewissen Punkt auch im „Secondaire“ schlechte Arbeit leisteten, würden, da sie in ihrer Karriere für die Grundausbildung Tausender Schüler verantwortlich seien, „enormen Schaden“ anrichten. „Von diesen Lehrern müssen wir uns einfach trennen, die müssen – im Sinne der Schüler – weg“, so der Rektor der Uni.lu.Siehe Grafik zu „Der ideale Lehrer
In Bezug auf die Hochschulreife in Luxemburg beziehungsweise in Bezug auf den Weg dorthin sagte der gelernte Physiker, dass die Mathematik eine große Rolle spielen müsse. „Diese ist für über 80 Prozent aller Studiengänge wichtig und in vielen Fällen einfach notwendig.“ An der Uni sei es einfach zu spät, die diesbezüglichen Grundkenntnisse zu erlernen. Demzufolge sei es wichtig, jungen Schülern in der Grundschule und im Lyzeum die Mathematik in einer interessanten und in einer auf die praktischen Anwendungen bezogenen Form näherzubringen. Rechenschwächen müssten bereits in der Grundschule behoben werden, so Tarrach.
Nicht weniger wichtig als die Mathematik seien dann auch Wahrscheinlichkeitsrechnungen und Statistiken. Diese seien nicht nur für viele Studiengänge notwendig, sondern auch für das Leben im Allgemeinen. „Wahrscheinlichkeiten und Statistiken spielen für das Verständnis der großen Probleme der Menschheit eine wichtige Rolle“, so Tarrach. Anders als die Mathematik könnten sie aber noch an der Hochschule erlernt werden.
Zum Thema „Sprachen“ sagte der Rektor der Universität Luxemburg, dass seiner Auffassung nach Luxemburgisch von Beginn an und Englisch „so bald wie möglich“ gelehrt werden sollten. Wobei man im Englischen, um es im europäischen Referenzrahmens auszudrücken, mindestens das B2-Niveau („selbstständige Sprachverwendung“) erreichen sollte. Französisch oder Deutsch sollte man mindestens auf C1-Niveau („fortgeschrittenes Kompetenzniveau“) beherrschen. Alles in allem sollte man, um komplizierte Gedankengänge zu verstehen, eine Sprache – ob Deutsch,

Die Reform

Im Zusammenhang mit der Reform der Oberstufe im Sekundarunterricht ist die erste Phase der Konsultation abgeschlossen. Mitte Februar soll ein entsprechendes „document d’orientation“ vom Bildungsministerium vorgelegt werden. Bis zu den Sommerferien soll daraus ein „stabiles“ Dokument werden.

 

Französisch oder Englisch – perfekt kennen und können, so Tarrach. Außerdem müsste dies der Fall sein, bevor man an die Uni geht. Tarrach plädiert dann auch für zwei verschiedene „Ausbildungswege“ im „Secondaire“: einen vielsprachigen und einen wissenschaftlichen. Im ersten Fall sollen die Schüler sowohl in der deutschen als auch der französischen Sprache das oben beschriebene C1 erreichen. Vermittelt werden sollen in diesem Zusammenhang aber auch naturwissenschaftliche Grundkenntnisse. „Dies ist sehr wichtig, sonst sind die Schüler später anfällig für jeden komischen Glauben“, betonte Tarrach. Der zweite Bildungsweg indes soll sich vorwiegend an Schüler mit Sprachschwierigkeiten wenden. In diesem Fall soll einer Sprache (Französisch oder Deutsch) weniger Bedeutung beigemessen, dafür der Akzent verstärkt auf die Mathematik und die Naturwissenschaften gesetzt werden.

Förderung

Tarrach spricht sich ebenfalls für die Förderung begabter Sekundarschüler sowie für personalisierte Nachhilfe aus. Letztere solle dort eingesetzt werden, „wo sie nottut und sinnvoll“ ist. „Die diesbezüglichen Kosten sind sozial gesehen nie zu groß“, gibt sich Tarrach überzeugt. Ganz allgemein müssten die Schüler in Luxemburg stärker dazu ermutigt werden, Fragen zu stellen, zu debattieren, Informationen kritisch zu hinterfragen. Persönlich ist der Rektor der Uni Luxemburg auch der Auffassung, dass im „Secondaire“ mehr Lernstunden und weniger Freizeit sinnvoll wären. Wichtig sei auch selbst organisiertes Lernen – auch in kleinen Gruppen. Dem Lehrer komme dabei die Rolle des „facilitator“ zu. Für die Hauptfächer sei unabdingbar, dass der Lehrer über sachliche Kenntnisse verfügt, die weit über dem Notwendigen liegen. In diesem Sinne ist Tarrach auch der Meinung, dass ein Auslandssemester in der Lehrerausbildung einfach zu wenig ist. Außerdem seien für die Ausübung des Lehrerberufs eine berufliche Erfahrung außerhalb des Lehrwesens und/oder in der Forschung von Nutzen.
Das vielleicht Wichtigste sei aber, die Schüler als Person, als Individuum zu betrachten.