Der Premierminister des Großherzogtums nahm sich am Montag dieser Aufgabe an. In der Europaschule hielt Xavier Bettel eine Grundsatzrede, in der er die Vorteile der EU und die Entwicklungsmöglichkeiten Luxemburgs in seiner gewohnt lockeren Art hervorhob.
Zu Beginn der Veranstaltung ging es jedoch weniger um Europa als um Xavier Bettel selbst. Am Rednerpult lässig angelehnt reagierte er zunächst mit einem Augenzwinkern auf die fehlerhafte Anmoderation der Direktorin der Europaschule – „Ich war übrigens kein Schüler der Europaschule, auch wenn es in meinem Wikipedia-Eintrag so steht. Man darf diesem Instrument nicht immer vertrauen“ – bevor er sich vorstellte. Hier sorgte der Luxemburger Premierminister nach wenigen Minuten für die ersten Lacher, als er betonte, dass seine politische Karriere bereits mit acht Jahren begann: „In der Primärschule in Bonneweg hatten wir damals keinen Spielplatz. Als der Bürgermeister unsere Schule zu jener Zeit besuchte, organisierte ich mit einigen Mitschülern eine Art Streik. Mit selbst bemalten Protestschildern forderten wir einen Spielplatz.“ Nachdem sich Bettel dank dieser Anekdote der Aufmerksamkeit der Schüler sicher war, schwenkte er auf den ernsten Teil der Veranstaltung über.
„Europa lebt von seiner Vielfalt“
„Ist Europa krank? Reduziert sich die Europäische Union auf die angeblichen Bürokraten aus Brüssel, die sich um die Länge von Bananen und Gurken kümmern?“ Mit diesem Einstieg in seiner in französischer Sprache gehaltenen Grundsatzrede nahm Bettel keine großen Umwege und ging gleich auf die gängigen Vorwürfe gegen die EU ein.
Um die Aufmerksamkeit der Schüler nicht zu verlieren und dennoch politischen Inhalt zu vermitteln, bediente sich Bettel abermals einer persönlichen Anekdote. Diesmal sollte verdeutlicht werden, dass Europa jedem Bürger Vorteile bieten kann, die heute schnell übersehen werden: „Als ich in meiner Jugend in Griechenland studierte, wollte ich in meiner Freizeit die Türkei besuchen. Eines Abends ging ich zur griechisch-türkischen Grenze, als ich zu meinem Erstaunen feststellte, dass der Übergang geschlossen war. Weil gerade ein Fußballspiel übertragen wurde, haben die damaligen Grenzposten ihre Arbeit eingestellt. Ich konnte die Grenze nicht überqueren. Für euch ist eine solches Erlebnis undenkbar, denn in der EU herrscht glücklicherweise die Personenfreizügigkeit beziehungsweise die Reisefreiheit.“ Nach dieser erneut von Lachern begleiteten Geschichte ging der DP-Politiker auch auf die aktuellen Probleme der EU ein, ohne in ein Fachjargon zu verfallen: „ Natürlich ist Europa nicht nur top. Wir haben auch Probleme, man denke nur an die Einwanderungspolitik und hiermit überforderte Staaten wie Griechenland oder Malta. Auch die aktuelle Regierung in Athen hinterlässt ein Fragezeichen, was will sie wirklich und was lässt sich überhaupt umsetzen?“
Ist die luxemburgische Sprache wichtig?
Der Luxemburger Premier gab sich trotz dieser kurzen Ausflüge in die Problemzonen der EU viel Mühe, die positiven Aspekte der Europäischen Union hervorzuheben, was ihm vor einem europäischen Publikum wie den Europaschülern leichtfiel. Bettel rundete seine Rede auf die EU nämlich mit dem Trumpf des Staatenverbundes ab: „Europa lebt von seiner Vielfalt, das ist seine Stärke. Hier werden über 500 Millionen Einwohner vereint. Nur wenn wir alle zusammenarbeiten, erreichen wir einen Fortschritt und genau darum geht es. Ein Zerfall ist das Schlimmste, was Europa passieren kann“, so der Luxemburger Premier. Eine Aussage, die von den Europaschülern mit einem Nicken begleitet wurde. Schüler, welche in ihrem Alltag mit 28 verschiedenen Nationen in Kontakt sind, wissen genau, was ein zusammengewachsenes Europa bedeutet.
Einzig bei der Integration im Großherzogtum selbst, scheint es ein wenig zu hapern. So wurde Bettel gefragt, ob man denn wirklich die luxemburgische Sprache erlernen müsse, schließlich seien Französisch oder Englisch im Alltag und der Berufswelt nützlicher. Hier verteidigte der Luxemburger Premier die luxemburgische Sprache: „Luxemburgisch ist ein wichtiger Teil der Integration. Wer diese Sprache nicht lernt, schließt sich selbst aus einem Teil des Arbeitsmarktes und aus der gesellschaftlichen Diskussion aus. Das muss verhindert werden“, so Bettel.
Weiterentwicklung
Dass die luxemburgische Sprache für die Europaschüler dennoch fremd ist, wurde dadurch deutlich, dass bei jedem luxemburgischen Wort, das Bettel benutzte, im Saal gelacht wurde. Als er fließend vom Französischen ins Englisch sowie in die deutsche Sprache wechselte und sogar einige Sätze in Spanisch und Griechisch sprach, wurde dies mit einem anerkennenden Blick gewürdigt. Wechselte der Premier jedoch ins Luxemburgische über, kam jedem Schüler ein Grinsen ins Gesicht. Ein Benehmen, mit dem Bettel gerne spielte. So stellte er die neue Devise der Luxemburger Regierung mit Genuss in luxemburgischer Sprache vor: „Mir wëlle bleiwe wat mir sinn, mais mir wëlle net stoe bleiwe, wou mir sinn.“ Hier spielte der DP-Politiker auf die Entwicklungsmöglichkeiten Luxemburgs an. Das Land habe sich schon immer weiterentwickelt.
Nach der Stahlkrise habe man unter anderem den Bankensektor aufgebaut, nun gelte es, nach dem Ende des Bankgeheimnisses neue Felder zu erkunden und neue Kompetenzen zu erarbeiten. Letztlich schaffte es Bettel dank seiner mit Witz untermalten und frei gehaltenen Ansprache, den Saal zu beeindrucken. Während 105 Minuten erhielt der Luxemburger Premier die Aufmerksamkeit der Schüler. Vor dem Hintergrund einer angeblichen Politikverdrossenheit der Jugend ist dieser Auftritt als Erfolg zu verbuchen.
De Maart

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