Samstag8. November 2025

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Trauer„Persönlichkeit statt Standard“: In Düdelingen und Esch tragen bunte Urnen zum würdevollen Abschied bei

Trauer / „Persönlichkeit statt Standard“: In Düdelingen und Esch tragen bunte Urnen zum würdevollen Abschied bei
Jede einzelne Urne wird von Hand gefertigt Foto: Editpress/Alain Rischard

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Eine Urne ist ein Symbol für Trauer und den Verlust eines geliebten Menschen. In Düdelingen werden auf dem „Kräizbierg“ bunte Urnen hergestellt, die kein Sinnbild für den Tod sein sollen, sondern vielmehr den Menschen versinnbildlichen, der die Welt verlassen hat. In Esch/Alzette zeigt ein Projekt des Bestattungsunternehmens Brandenburger, wie Kunst dabei helfen kann, diese Trauer besser zu verarbeiten.

Korrektur

Leider ist uns bei der Bebilderung des Artikels ein Missgeschick passiert: Es wurde ein Bild verwendet, das gar nicht das Bemalen einer Urne zeigt. Zu sehen war stattdessen eine Flasche in Form von „Batti Patatti“, dem Maskottchen des „Gromperefests“ in Binsfeld, das vom „Interessenverein Binsfeld – Holler – Breidfeld“ in Kooperation mit anderen regionalen Vereinen ausgerichtet wird. Wir bitten um Entschuldigung für das Versehen. fgg

„Urnen herzustellen, sehe ich als etwas Positives an“, erklärt Christoph Korbach. Es gehe darum, etwas Nettes für jemanden zu machen, den man gehen lässt. Christoph Korbach ist Töpfermeister und Betreuer der Töpferwerkstatt der „Fondation Kräizbierg“. Seit 22 Jahren arbeitet er dort. In Düdelingen werden neben Tassen, Tellern und weiteren Gebrauchsgegenständen seit 2016 auch Urnen angefertigt. „Wir legen großen Wert darauf, dass unsere Leute sie selbst herstellen“, sagt der 54-Jährige. Damit sind sie die Einzigen in Luxemburg.

Die farbenfrohen Urnen sind alles Einzelstücke. „Manche wünschen sich eher herbstliche Farben. Andere wiederum hätten gerne etwas Farbigeres oder Fetziges, eben weil die Person eben auch so war“, erzählt Korbach. Warum soll eine Urne immer schwarz oder dunkel sein? Die Gefäße können je nach Wunsch personalisiert werden. Nur bei der Größe und Form besteht kein Spielraum. Da muss sich an gewisse Maße gehalten werden. Die Mitarbeiter der Werkstatt produzieren zwischen 60 und 80 Stück pro Jahr und nur für das Großherzogtum. Die verschiedenen Modelle tragen alle einen besonderen Namen, die an die Natur erinnern und poetisch klingen: Efeu, Kosmos, Quelle oder auch Polarlicht. Passend zu den Urnen werden Windlichter für die Angehörigen angefertigt, die sie sich als Andenken an den geliebten Mensch an ihr Fenster stellen können.

Es muss nicht immer schwarz und dunkel sein: Die Urnen können individuell angepasst werden
Es muss nicht immer schwarz und dunkel sein: Die Urnen können individuell angepasst werden Foto: Editpress/Alain Rischad

Die Idee, diese Gefäße anders zu gestalten, hatte der Töpfermeister selbst, als er nach einem Todesfall in der Familie auf der Suche nach einer Urne war. „Ich finde es interessanter, wenn sie auf die Person abgestimmt sind“, sagt Korbach, als er gerade routiniert eine weitere Urne am Töpfertisch dreht. Als er 16 Jahre alt war, hat er mit seiner ersten Ausbildung in der Keramik begonnen.    

Die Farbgebung ist einzigartig

Der Töpfermeister beim Anfertigen einer Urne
Der Töpfermeister beim Anfertigen einer Urne Foto: Editpress/Alain Rischard

Die Produktion einer Urne ist zeitaufwendig und nimmt sieben Tage in Anspruch. Die Rohlinge entstehen teilweise aus einer Form. Anschließend werden sie per Hand weiterverarbeitet. Der ganze Prozess mit den Trocken- und Brennzeiten ist zeitintensiv. Gebrannt wird zweimal und ein Brand dauert 24 Stunden. Die Temperatur in den Öfen liegt bei über 1.000 Grad Celsius. Durch die einzigartige Farbgebung entsteht etwas sehr Individuelles, das an die Persönlichkeit des Verstorbenen erinnert.

Die Urnen werden jedoch nicht vor Ort an Privatpersonen verkauft, da die Arbeitnehmer der Werkstatt nicht gut mit den trauernden Angehörigen umgehen können. Die Stiftung arbeitet momentan mit drei Bestattungsunternehmen zusammen: Maison Platz, Pompes funèbres Brandenburger und Pompes funèbres Bous-Goergen. Die Druckerwerkstatt der Stiftung stellt in diesem Rahmen auch Dankes- und Trauerkarten her, die je nach persönlichem Wunsch gestaltet werden können.

12 Beschäftigte mit einer Behinderung sind in der Töpferwerkstatt tätig. Auf dem „Kräizbierg“ arbeiten insgesamt 112 Arbeitnehmer mit einer Behinderung in neun verschiedenen Ateliers. Zusätzlich dazu sind 38 Betreuer dort beschäftigt.

Kunst für einen würdevollen Abschied

Beim Bestattungsunternehmer Brandenburger sind die Urnen aus Düdelingen nicht die einzigen, die etwas ausgefallener sind. Der Tod eines lieben Verwandten ist und bleibt ein schwerer Moment für die Angehörigen. Die Trauerzeremonie selbst wird oft sehr traditionell und klassisch gehalten. Dennoch kann und darf Kunst mit in den letzten Abschied einfließen. Seit einigen Tagen zeigt Patrick Schumacher, Mitinhaber des Bestattungsunternehmens, der breiten Öffentlichkeit, wie dies funktionieren kann.

Im Schaufenster des Bestatters sind derzeit vier Urnen zu sehen, die allesamt Unikate sind. Gestaltet wurden sie vom Escher Künstler Olivier Sader alias „Skillz graffiti“. Patrick Schumacher erzählt dem Tageblatt, wie es dazu gekommen ist.

Kunst kann helfen, den Tod eines Angehörigen besser zu verkraften
Kunst kann helfen, den Tod eines Angehörigen besser zu verkraften Foto: Pompes funèbres Brandenburger

Der Escher Bürgermeister Georges Mischo rief die Gewerbetreibenden aus der Gemeinde dazu auf, sich am Projekt Esch2022 zu beteiligen. Im Bestattungsinstitut kam die Idee auf, Urnen künstlerisch zu gestalten. Anfangs wandten sich die Verantwortlichen an Sekundarschulen, berichtet Schumacher. Obwohl das Interesse der Kunstlehrer groß war, ließ sich das Projekt aufgrund des bestehenden Lehrprogramms nicht umsetzen. Im Anschluss richtete man sich an mehrere Künstler, doch die Idee sei nicht auf viel Begeisterung gestoßen. Schlussendlich nahm Olivier Sader die Herausforderung an. Der Künstler kombinierte Graffiti und Malerei, um mehrere Urnen zu gestalten.

Patrick Schumacher ist vom Ergebnis begeistert. Kunst ermögliche es, den Abschied eines geliebten Menschen besser zu verarbeiten, findet er. Die Verzierung der Urnen verleihe hier eine individuelle und würdevolle Note. Persönlichkeit statt Standard seien immer mehr gefragt, erzählt Schumacher. Manche Hinterbliebene wünschen sich beispielsweise einen musikalischen Rahmen für die Trauerzeremonie, zum Beispiel in Form eines Soloauftritts eines Musikers. Die Zusammenarbeit zwischen dem Bestattungsinstitut und dem Künstler bietet somit eine weitere Möglichkeit, den Abschied eines geliebten Menschen persönlich zu gestalten.

Olivier Sader alias „Skillz graffiti“ hat sich des außergewöhnlichen Kunstprojekts angenommen
Olivier Sader alias „Skillz graffiti“ hat sich des außergewöhnlichen Kunstprojekts angenommen Foto: Pompes funèbres Brandenburger

Das Bestattungsunternehmen Brandenburger bietet die Urnen zum Verkauf an. Der Erlös geht zugunsten der Stiftung „Wonschstär“ und der Vereinigung „Izulu Water & Environmental Conservation Luxembourg asbl.“ Letztere setzt sich dafür ein, dass die Menschen in KwaZulu-Natal Zugang zu Trinkwasser haben. Das Grundwasser befindet sich in etwa 36 Metern Tiefe. Die Luxemburger Vereinigung finanziert die aufwendigen Bohrungen mit Spendengeldern. Die Stiftung „Wonschstär“ hat es sich zum Ziel gesetzt, Menschen, die sich in schweren Lebenssituationen befinden, zu helfen.