Dienstag21. Oktober 2025

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Museal, aber illegal

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Während Jahren wurden im Einverständnis mit dem Museum für Geschichte der Stadt Luxemburg Original-Bronzen des Luxemburger Künstlers Auguste Trémont nachgegossen und verkauft.

Ein gutes Jahrzehnt lang konnten im hauptstädtischen Museumsshop „Muséal Editions“ in der rue du Saint-Esprit u.a. Repliken von Tierplastiken des Luxemburger Malers und Bildhauers Auguste Trémont erworben werden. Mitte März verschwanden sie dann urplötzlich aus dem Angebot. Auf persönliche Anordnung von Kulturministerin Octavie Modert …

A. Trémont

Auguste Trémont (1892 – 1980) war ein luxemburgischer Bildhauer und Maler, der vor allem in Paris arbeitete und sich auf Tierskulpturen spezialisierte.
Trémont studierte in Luxemburg in der Handwerkerschule. Im Oktober 1909 kam er nach Paris und wurde Schüler der „Ecole des Arts décoratifs“. Später studierte er an der „Ecole des Beaux Arts“. Es entstanden Porträts und Bilder von Paris, bis er eines Tages zum „Jardin des Plantes“, dem Zoologischen Garten, gelangte, wo er seine Bestimmung fand.

1924 entstehen die ersten Tier-Skulpturen. Trémont stellte in der „Galerie Ruhlmann“, der späteren „Galerie Edgar Brandt“ und der „Galerie Maleshebes“ aus. In Paris schuf er auch die beiden großen Löwen, die den Eingang des Stadthauses in Luxemburg schmücken.

Ob „Tigres Royaux“, „Lion à l’arrêt“, „Sanglier couché“, „Zébu“ oder „Cerf couché“: ein ganzer Zoo aus illegal nachgegossenen Bronzeplastiken aus der „Grande Ménagerie“ des 1980 verstorbenen Bildhauers bevölkerte zwischen 1999 und Mitte März 2011 das kleine Geschäft in der Heilig-Geist-Straße, in dem u.a. auch „Gëlle Fraen“ in Miniatur, Michel Rodanges „Rénert“ in diversen Größen, Aquarell-Nachdrucke von Sosthène Weis und zahlreiche weitere Reproduktionen von Kunstobjekten, deren Originale in den Luxemburger Museen ausgestellt sind, verkauft werden.

In Zusammenarbeit mit dem Museum

Laut Pierre-Antoine Laurent, Geschäftsführer von „Muséal Editions“ soll die Direktorin der Museen der Stadt Luxemburg, Danièle Wagener, vor Jahren die Initiative ergriffen haben, Nachgüsse von Trémont-Bronzen in Auftrag zu geben.
Von Seiten des Museums wird diese Aussage jedoch relativiert: Es sei ein Vertrag mit Herrn Laurent über eine Zusammenarbeit abgeschlossen worden und man habe gemeinsam geprüft, was sich denn am besten vermarkten ließe. So sei – im Einvernehmen zwischen beiden Seiten – die Wahl u.a. auf die Trémonts gefallen. Wie dem auch sei: Fest steht, dass das Ganze, zumindest was die Trémonts angeht, jeglicher legaler Basis entbehrt. Kurz: Die Bronzen hätten erstens nicht produziert und zweitens nicht verkauft werden dürfen. Pierre-Antoine Laurent zufolge werden nun die bislang nicht verkauften Stücke zerstört, was für sein Unternehmen einen erheblichen finanziellen Verlust bedeute.
Doch damit allein wollen sich die Erben des Bildhauers und Malers nicht zufrieden geben. Mitglieder der Familie Trémont erwägen derzeit sogar gerichtliche Schritte, verlangen, dass sämtliche bislang hergestellten – auch die bereits verkauften – Objekte eingeschmolzen werden sollen und reklamieren Schadensersatz.

Es sei „ein Riesenskandal“, dass die Trémont-Plastiken kopiert wurden. Diese Ansicht vertritt auch ein Sammler aus Diekirch, der anfangs Februar den LSAP-Abgeordneten Claude Haagen auf die dubiosen Praktiken mit den Plastiken aufmerksam gemacht hatte. Haagen wollte daraufhin am 23. Februar in einer parlamentarischen Anfrage von Kulturministerin Modert u.a. wissen, wer allgemein die Erlaubnis zu den im Museumsshop verkauften Nachbildungen gegeben habe und wie es um die Autorenrechte bei Kunstwerken stehe. Die Ministerin antwortete am 29. März recht ausgiebig, zitierte Gesetzestexte und präzisierte, dass es extrem selten vorkomme, dass zwischen staatlichen Museen und kommerziellen Gesellschaften Geschäftsbeziehungen entstünden. Was das MNHA (Nationalmuseum für Geschichte und Kunst) angehe, so sei ein einziges Mal ein archäologisches Objekt zusammen mit der auf den Verkauf von Kunstreproduktionen spezialisierten Firma als Replik produziert worden.

Testament wurde nicht berücksichtigt

In Sachen Autorenrechte heißt es im Antwortschreiben, dass diese erst 70 Jahre nach dem Tod des jeweiligen Künstlers erlöschen, das Objekt dann als Allgemeingut gilt und von jedem reproduziert werden kann. Das wäre bei Auguste Trémont aber erst nach 2050 der Fall. Wäre! Denn im Fall Trémont existiert ein Testament, das auch dem Kulturministerium (und den Museen) bekannt sein dürfte. Dieses stammt von Cécile Ruppert, der Witwe Trémonts, die 1981 starb. Schon zu Lebzeiten des Künstlers wurden zahlreiche Werke dem Nationalmuseum als Schenkung überlassen. Und das Testament besagt u.a.: „Je lègue en outre aux Musées les droits d’auteur de mon mari sur toutes les oeuvres, avec défense absolue de les reproduire ou d’en octroyer des droits de reproduction ou de répliques en nature à qui que ce soit, sauf le droit de reproduction en image, lequel reste formellement réservé aux Musées.“

Irgendwie lief da also etwas schief. Und zwar gewaltig. Fakt ist, dass sich weder an die allgemein gültigen Autorenrechte noch an die testamentarischen Verfügungen gehalten wurde! Ob die Verantwortung dafür nun beim Ministerium, beim Geschichtsmuseum der Stadt Luxemburg, bei der Gesellschaft „Muséal Editions“ oder bei allen gemeinsam liegt spielt für die Hinterbliebenen des Künstlers, die erst durch die parlamentarische Anfrage Haagens auf die Unzulässigkeiten aufmerksam wurden, eine untergeordnete Rolle. Sie pochen auf ihr Recht und wollen, dass die Machenschaften vollkommen aufgeklärt werden. In einem Brief an Ministerin Modert schreiben sie u.a.: „… en dernier temps beaucoup de reproductions des oeuvres d’art sculpturales d’Augste Trémont sont apparues sur le marché culturel luxembourgeois, reproductions ou répliques faites sur base de résine patiné ou de bronze. D’ou la question vraiment pertinente: qui a pu donner l’autorisation des reproductions (…) Permettez-moi de vous dire que je considère ces manipulations, d’une part comme un affront terrible envers les propriétaires et collectionneurs sérieux des oeuvres de l’artiste, qui par ces faits se sent pris dans une tourmente scandaleuse et nullement d’accord de devoir payer maintenant les pots cassés, et, d’autre part, comme une honteuse humiliation ou outrage envers les membres de la famille Trémont.“

Unklarheit über verkaufte Kopien

Die Ministerin handelte prompt. In einem Antwortschreiben betont Octavie Modert, dass schon am 11. März eine Unterredung zwischen Ministerium und Pierre-Antoine Laurent stattgefunden habe, in dem dieser über die Rechtslage und das Testament von Frau Ruppert in Kenntnis gesetzt worden sei und zugesagt habe, jegliche weitere Herstellung von Trémont-Kopien und deren Verkauf zu unterbinden. Per Einschreiben sei ihm dies am 14. März zusätzlich schriftlich übermittelt worden.

Unklar sei, so Modert, aber bislang noch, was mit den bereits verkauften Bronzen geschehen soll. Das Gesetz sieht in der Tat vor, dass die Rechteinhaber die Möglichkeit haben, diese Stücke zurückzufordern und zerstören zu lassen. Ob dies aber im Fall der Trémont-Kopien geschehen wird, ist bislang keineswegs sicher. Offen bleiben aber auch die Fragen, ob die Affäre Trémont nicht überhaupt ein Fall für die Staatsanwaltschaft ist und wie es mit den Autorenrechten betreffend die weiteren Objekte („Gëlle Fra“, „Rénert“, …) aussieht.