Sonntag23. November 2025

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Luxemburg: US-Botschaft überwacht heimlich Bürger

Luxemburg: US-Botschaft überwacht heimlich Bürger

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Die US-Botschaft in Luxemburg betreibt eine geheime Überwachungseinheit, ähnlich wie in Skandinavien und Deutschland. Diese sogenannte Surveillance Detection Unit (SDU) überwacht verdächtige Personen im Umfeld von US-Einrichtungen. Damit soll Terroranschlägen vorgebeugt werden. Die luxemburgische Regierung weiß offenbar nichts von dieser Organisation.

Weder dem Innen- noch dem Außen- oder dem Justizministerium ist die Existenz einer solchen Einheit bekannt. Eine Sprecherin der US-Botschaft sagte, sie könne sich zu den Sicherheitsmaßnahmen nicht äußern. Sie bestätigte allerdings, dass seit den Terroranschlägen 2001 in den USA die Sicherheitsvorkehrungen an den Botschaften verstärkt wurden.
Unklar bleibt, wie SDU in Luxemburg funktioniert  und was für Daten gesammelt werden oder wurden.

Alles im Blick

Die US-Botschaft ist in einer ruhigen Gegend auf Limpertsberg am Boulevard Emmanuel Servais in einer alten Villa untergebracht.  Für die Sicherheit der Botschaft  ist der Regional Security Officer zuständig. Ihm unterstehen die Local Guard Force (LGF) sowie die in die Schlagzeilen geratene SDU-Einheit. Die LGF-Einheit erkennt man an ihren Uniformen am Wachhäuschen vor der Botschaft.

Ganz anders und verdeckt operiert die SDU. Sie ist für den Bereich außerhalb der Botschaft zuständig. Die Beschäftigten tragen Zivil und bewegen sich unauffällig. Gibt es einen Verdacht, meldet dies die SDU an den Regional Security Officer. Der Sicherheitsoffizier informiert im Bedarfsfall anschließend die Local Guard Force (LGF).

Die SDU gehört zum Sicherheitsverbund an einer US-Botschaft. Ihre Aufgabe besteht darin, Personen und Organisationen, die eine Gefährdung für die Sicherheitsbelange der USA bedeuten, außerhalb des Botschaftsgeländes zu überwachen und die gesammelten Daten weiterzugeben. Sie bewegt sich damit in einer  juristischen Grauzone. Werden hier luxemburgische Gesetze gebrochen? Das Justizministerium hüllt sich in Schweigen.

Luxemburger im Einsatz

Ein  Mann, der seine Identität aus verständlichen Gründen nicht preisgeben will, hat zwischen 2002 und 2003 für die US-Botschaft gearbeitet. „Ich habe im Außenbereich der Botschaft täglich spazieren gehen müssen“,  erklärte er gegenüber tageblatt.lu. „Wir waren mit Funk, Fotoapparat und Videokamera ausgerüstet.“

Damit die Beobachter nicht auffielen, ließen sie sich unter anderem die Haare länger wachsen und trugen Schulranzen. Eine perfekte Tarnung, unweit der Botschaft befindet sich das Lycée Robert Schumann.

„Bei einem Verdachtsfall zückten wir die Kamera und verständigten den Sicherheitsdienst der Botschaft. Teilweise wurden verdächtige Personen sogar bis vor ihre Haustüre beschattet“, betont der ehemalige Sicherheitsangestellte. Die Truppe habe ebenfalls heimlich im März 2003 bei einer US-kritischen Demonstration vor der Botschaft auf Limpertsberg gefilmt und überwacht. An der Demo am 20. März nahmen rund 6.000 Schüler teil. Damals kam es zu Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften, wobei ein Jugendlicher verletzt wurde.

In der Grauzone

Ein ahnungsloser Bürger kann so schnell in den Fängen der US-Anti-Terrorbehörden landen. „Verdächtige“ Personen landen abgelichtet und anschließend datentechnisch erfasst in einer eigens an den US-Botschaften eingerichteten Datenbank namens SIMAS (Security Incident Management Analysis System).  Bearbeitet und weitergeleitet werden die Daten vom örtlichen Regional Security Officer der US-Botschaft. Wie mit den gesammelten Daten bei einer Überwachung  eines Verdächtigen im Umfeld  des Botschaftsgeländes umgegangen wird,  ist im „Law Enforcement Sensitive“ festgelegt. Einblick in diese Daten bekomme die örtliche Regierung nicht, heißt es darin.

Die Botschaft habe damals immer gerne auf Soldaten vom Herrenberg, welche ihren Dienst bei der Armee beendet hatten, zurückgegriffen. „Sie alle hatten bei der Armee bereits die übliche Sicherheitsüberprüfung hinter sich. Sie sind es gewohnt, keine Fragen zu stellen, und waren gehorsam“, erklärt der ehemalige Sicherheits-Angestellte.

Ob die Surveillance Detection Unit (SDU) immer noch aktiv ist, bleibt im Dunkeln. Anfang November überschlugen sich die europäischen Medien. In Norwegen sollen eine Gruppe von bis zu 20 Einheimischen und Experten aus den USA seit dem Jahr 2001 Hunderte von Norwegern, die sich in der Nähe von US-Einrichtungen aufhielten, zum Teil rund um die Uhr überwacht haben. Die norwegische Regierung habe nichts von der geheimen Überwachung gewusst, sagt sie.  Auch in Schweden, Finnland, Dänemark und Deutschland ist die Surveillance Detection Unit (SDU) aktiv.

fo