Dienstag11. November 2025

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Ein Stück Freiheit„Les Tandems de la Vue“: Blinde müssen nicht aufs Fahrradfahren verzichten

Ein Stück Freiheit / „Les Tandems de la Vue“: Blinde müssen nicht aufs Fahrradfahren verzichten
 Archivfoto: Editpress

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Dass Blinde nicht aufs Fahrradfahren verzichten müssen, dafür sorgt der Verein „Les Tandems de la Vue“ bereits seit vier Jahren. Als Zweier-Team auf einem Tandem radeln sie von März bis Oktober jedes Wochenende bis zu 100 Kilometer weit, was im Jahr eine Gesamtstrecke von mindestens 3.000 Kilometern ausmacht. 

Ein begeistertes und engagiertes Vereinsmitglied ist der Escher Claude Millang: „Den Fahrtwind im Gesicht zu spüren, und dabei Yves Montands ‚La Bicyclette‘ zu singen, das ist für mich ein Stück Freiheit. Ich genieße das Tempo, dass man mal richtig schnell radeln kann und sich dann auch wieder einen Berg hochquält.“ Für den 65-Jährigen bedeutet Blindheit nicht, dass man nicht mehr aufs Fahrrad steigen kann.

Dies ermöglicht sein Vordermann auf dem Tandem, einer der 24 „PilotInnen“ – so heißt der sehende Frontmann (nicht selten eine „Frontfrau“) auf dem Rad, der bzw. die für den Verein radelt. „Manchmal versuchen wir sogar einen Radar zum Blitzen zu bringen“, so Franck Kermoal, Sekretär, Mitgründer und Pilot des Vereins. Er selbst und die drei weiteren Mitbegründer engagieren sich im Verein, um anderen zu helfen und auch weil sie Spaß am Radfahren haben und diese Freude mit anderen – besonders mit nicht sehenden Fahrradfreunden – teilen möchten.

Für Pilot und Kopilot ist die Herausforderung gleich groß, da Radfahren nicht gleich Tandemfahren bedeutet. Das Steuern eines Tandems ist kraftaufwendiger, der Kurvenradius größer und der Bremsweg länger.

Das Rad an sich ist recht schwer und dazu kommt natürlich auch noch das Gewicht der „Equipage“, das manchmal nicht ganz unerheblich ist. Um so ein Rad zu steuern, muss so manches gut eingeübt sein: „Kommandos wie zum Beispiel ‚Fuß runter‘ müssen rechtzeitig gegeben werden, und dies bedingt natürlich auch, dass Piloten und Kopiloten sehr gut aufeinander abgestimmt sind“, führt Franck Kermoal weiter aus.

Vereinsinterne Ausbildung

Um dies zu gewährleisten, müssen die Piloten eine vereinsinterne Ausbildung absolvieren. „Natürlich eignet sich nicht jeder Radfahrer als Pilot. Es geht darum, effektiv miteinander zu kommunizieren, rechtzeitig mitzuteilen, wenn man anhalten soll, eine Steigung kommt oder plötzlich ein Hindernis auftaucht. Für einen Sehenden ist es oft schwierig, sich vorzustellen, dass man nichts oder kaum etwas erkennen kann. Wer blind bzw. sehbehindert ist, braucht bei manchen Dingen Hilfe. Das kann auch spaßig sein“, erklärt Lex Schroeder, Vizepräsident des Vereins. Dafür bekomme er eine Menge zurück. „Halbwegs gesunde Menschen jammern, während Blinde eine unheimliche Lebensfreude ausstrahlen“, führt er weiter aus.

Die Touren sind an sich eine aufwendige Angelegenheit. Jede Ausfahrt muss sorgfältig vorbereitet werden. Nicht nur die Tandemfahrer sind dabei, sondern auch ein Begleittross aus mehreren Radlern, die vorfahren, den Weg auskundschaften, mögliche Hindernisse rechtzeitig melden, Straßenüberquerungen sichern usw.

160 Mitglieder und 24 Piloten zählt der Verein mittlerweile. Finanziert wird er über Spenden und Mitgliederbeiträge. Der Fuhrpark besteht zurzeit aus neun Tandems. Diese müssen natürlich auch regelmäßig gewartet werden, um die Touren durchzuhalten. Dies geschieht derzeit in einer angemieteten Garage in Bettemburg. Leider konnte bis heute keine Gemeinde im Land gefunden werden, die passende Räumlichkeiten zur Verfügung stellen würde, um auch in Winterzeiten trainieren zu können.

Infos

www.lestandemsdelavue.lu
E-Mail: [email protected]