Umlageverfahren, paritätische Beitragszahlung und legales Eintrittsalter von 65 Jahren – an den Grundprinzipien der Altersversorgung soll sich auch mit der Reform des Rentensystems nichts ändern. Das hat Sozialminister Mars di Bartolomeo am Dienstagabend auf einer Informationsversammlung des OGBL in Bascharage betont. Auch die Rentenajustements soll es solange geben, wie das System es verkraftet. Sollten die aktuellen Beitragszahlungen nicht reichen, schlägt di Bartolomeo „verkraftbare“ Erhöhungen vor, wobei alle drei Beitragszahler gleich belastet würden.
Neu wird jedoch sein, dass der zunehmenden Lebenserwartung Rechnung getragen werden soll. In den letzten fünfzig Jahren legte sie im Durchschnitt um 11 Jahre zu. Fünf weitere Jahre werden es wohl in den kommenden fünfzig Jahren sein, so di Bartolomeo. Das bedeutet, dass die Menschen länger von der Rente profitieren. Für die Rentenkassen sind das enorme, zusätzliche Belastungen. Um dem Rechnung zu tragen soll in Zukunft derjenige mehr Rente bekommen, der länger arbeiten geht. Wer pünktlich in Rente geht, wenn er dazu berechtigt ist, soll etwas weniger bekommen. Wer nach Reformbeginn seine Berufslaufbahn beginnt und nach vierzig Beitragsjahren in Rente gehen wird, würde dann fünfzehn Prozent weniger Rente beziehen oder aber er müsste drei Jahre dranhängen. „Drei Jahre länger arbeiten für fünf Jahre längeres Leben – das kann man wohl nicht Sozialabbau nennen“, so di Bartolomeo am Dienstag.
Progressive Reform
Von der Reform wären demnach erst die zukünftigen Berufseinsteiger betroffen. Wer jetzt kurz vor der Rente steht oder nur noch einige Jahre zu arbeiten hat, bleibt quasi verschont. Er müsste dann vielleicht einige Wochen länger arbeiten, wenn er dies denn möchte, um in den Genuss des vollen Rentenbetrags zu kommen. Die Umsetzung erfolge progressiv, betont di Bartolomeo. Die aktuellen Rentner seien nicht von der Reform betroffen.
Nichts wird am Renteneintrittsalter geändert. Wer 40 Jahre lang Beiträge gezahlt hat, kann auch in Zukunft mit 57 in Rente gehen. Oder mit 60 Jahren, wenn etwa die Studienjahre hinzugezählt werden, damit der Versicherte auf seine 40 Versicherungsjahre kommt. Das legale Renteneintrittsalter von 65 bleibt erhalten. Es wäre unsinnig es anzuheben, da bereits heute die wenigsten noch mit 65 Jahren berufstätig sind, die meisten demnach vor 65 in Rente gehen.
Satte Einnahmen
Das Luxemburger Rentensystem ist ein denkbar einfaches. Die Berufstätigen zahlen Beiträge in die Rentenkasse, mit denen die Altersbezüge der aktuellen Rentner bezahlt werden. Derzeit funktioniert das System recht gut. Die Einnahmen übersteigen die Ausgaben um das 2,5 Fache. Das erlaubte die Anlegung ansehnlicher Reserven, die derzeit das 3,8fache der Jahresausgaben darstellen. Die Renten wären während 3,8 Jahren garantiert, auch wenn niemand mehr Beiträge zahlen würde. In Deutschland reichen die Rentenreserven gerade mal sechs Wochen.
An diesem Umlageverfahren will die Regierung auch in Zukunft festhalten. Genauso an der paritätischen Beitragserhebung. Derzeit zahlen Versicherte, Betrieb und Staat jeweils 8 Prozent des Bruttolohns in die Rentenkasse. Diese 24 Prozent reichen bei weitem, um die Renten zu zahlen. Es sind sogar drei Prozent zu viel. Doch eben diese Mehreinnahmen erlaubten das Anhäufen der erklecklichen Reserven.
Viele Beschäftigte, wenig Rentner
Gesundhalten konnte sich das System bisher, weil in den letzten Jahrzehnten die Zahl der Arbeitsstellen quasi explodierte. Allein von 1995 bis 2010 nahm die Stellenzahl in Luxemburg von 215.500 auf 357.800 zu. Die Zahl der Erwerbstätigen explodierte, die der Rentner wuchs langsam, so resümierte Sozialminister Mars di Bartolomeo diese Entwicklung. Doch diese aktive Bevölkerung wird in den kommenden Jahren in Pension gehen. Und wenn die Baby-Boomer-Generation in den kommenden zehn Jahre in Rente gehen wird, werden doppelt so viel Menschen in Pension gehen als bisher. Wollte man das laufende Pensionsregime mit seinen Leistungen in den nächsten Jahren unverändert weiterlaufen lassen, bräuchte man in Luxemburg in 30 bis 40 Jahren eine Million Beschäftigte, sagt di Bartolomeo. Woher aber 600.000 zusätzliche Jobs nehmen?
Es bleibt bei den aktuellen Regeln für den Renteneintritt, dennoch zielt die Reform klar darauf, die Menschen länger im Berufsleben zu halten. Doch was tun, wenn man in vielen Unternehmen bereits mit 45 zum alten Eisen gehört? Die Zeiten ändern sich, sagt di Bartolomeo hoffnungsvoll. Woher sollen die Betriebe das Personal hernehmen, wenn in einigen Jahren die Beschäftigten massiv in Pension gehen werden? Die Grenzregion weiter abschöpfen geht nicht. Die wird dieselben Probleme haben. Die Unternehmen werden ihre Alterspolitik überdenken müssen, wollen sie dass der Betrieb weiterläuft. Di Bartolomeo spricht von einem „Pacte emploi senior“, den man mit den Betrieben schließen müsse.
Details zur Rentenreform wird es in zwei Wochen geben. Wenn das Projekt auch vom Ministerrat abgesegnet worden ist.
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