Kein Rückgang in Sicht

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(dpa-Archiv)

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LUXEMBURG - Die Zahl der Obdachlosen, die im Winter Zuflucht in den verschiedenen Einrichtungen suchen, ist dabei auf einem neuen Rekordhoch, so das Fazit der Winteraktion 2011/2012.

Insgesamt 518 Menschen und 8.146 Übernachtungen stehen für die Winteraktion 2011/2012 in den Städten Luxemburg und Esch zu Buche. Klarer können Zahlen nicht belegen, dass auch in Luxemburg immer mehr Menschen in die Armut rutschen und Schwierigkeiten haben, ein Dach über dem Kopf zu finden.

Die Winteraktion gibt es seit 2001/2002. Dabei wird, in den verschiedenen Foyers oder durch die zeitweilige Eröffnung neuer Foyers bzw. dem Anmieten von Zimmern in Hotels, die Bettenzahl erhöht, um sicherzustellen, dass in den kalten Monaten niemand auf der Straße erfrieren muss. Theoretisch dauert die Aktion von Dezember bis März, je nach Wetter kann das Ganze auch verlängert werden. Koordiniert wird die Aktion vom Familienministerium, zusammen mit den Städten Esch und Luxemburg, den NGOs Caritas, CNDS, „Stëmm vun der Strooss“ sowie Außen- und Gesundheitsministerium und der Polizei.

Wachsender Bedarf

Die Zahlen steigen dabei eigentlich fast jedes Jahr und zu den rund 8.000 Übernachtungen kommen auch noch 6.000 Mahlzeiten von der „Vollekskichen“. Die Differenz rührt daher, dass unter den Obdach-Suchenden auch Menschen sind, die den Tag über arbeiten.
Erschreckend kam in diesem Jahr zu der Rekordzahl an Übernachtungen auch die Tatsache, dass unter den Menschen, die Schutz vor der Kälte suchten (zu 91 Prozent sind es Männer), auch zehn Familien mit Kindern waren und dass die Zahl der jüngeren Obdachlosen zwischen 16-25 Jahren stetig zunimmt.

Grund zur Annahme, dass sich das bessern wird, so der Tenor am Mittwoch, bei der Familienministerin Marie-Josée Jacobs gemeinsam mit der Stadt Luxemburg die Billanz der Aktion vorstellte, gibt es derzeit keinen. Große Strukturen, die im Winter auch tagsüber mehr Leute aufnehmen können, hat man bisher vergeblich gesucht. Und weil der Aufwand für die beteiligten Instanzen und Vereinigungen immer größer wird, ist die gute Zusammenarbeit auch weiterhin eine absolute Notwendigkeit.

Lösungen finden

Allerdings ist es auch klar, dass diejenigen, die im Winter ein Obdach suchen, mit steigenden Temperaturen nicht einfach verschwinden. Zwar ist die Winteraktion eine humanitäre Aktion, „bei der es darum geht, dass keiner in Lebensgefahr gerät, aber würde die Aktion über das ganze Jahr gehen, dann wären die Betten sicher auch belegt“, so Viviane Loschetter, Sozialschöffin der Stadt Luxemburg. Die Ursachen dafür sind offenbar vielfältig. Ein höheres Armutsrisiko, Immigranten, die nach Luxemburg kommen, um hier zu arbeiten, und dann nach ein paar Tagen ohne Arbeit sind und doch irgendwo wohnen müssen. Nach der Ausbeutung auf der Arbeit folgt dann nicht selten die Ausbeutung für das Dach über dem Kopf. Viviane Loschetter erwähnt u.a. die berüchtigten „chambres meublées“. „Wir müssen denen, die Menschen in Notsituationen ausbeuten, Grenzen setzen.“

Doch es bedarf weiterer Ansätze. So fielen auch gestern Stichworte wie Dezentralisierung, denn die meisten Hilfesuchenden kommen eben nicht aus den Gemeinden Luxemburg oder Esch. Von „positiven Echos aus kleineren Gemeinden“ ging die Rede und auch das Problem des bezahlbaren Wohnens stand im Raum, ebenso wie die Tatsache, dass noch lange nicht jeder von einem „office social“ erfasst bzw. betreut wird. Sicher ist aber eben nur, dass das Problem nicht mit dem Winter verschwindet. Gilles Rod, Direktor des CNDS, berichtete, dass man im Abrigado manchmal die Schlafplätze für die Nacht verlost. In erster Linie richtet sich die Einrichtung zwar an Drogenkonsumenten, aber wenn Betten übrig bleiben, werden sie bei Bedarf auch vergeben. Und eben dieser Bedarf macht keine Anstalten, in absehbarer Zeit zu schrumpfen.