Kein Architekt erhielt einen ersten Preis

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Gestern wurden im Pavillon „Skip“ in Raemerich die Resultate des Architekten-Wettbewerbs für das Unigebäude auf Belval, das die mathematische und informatische Fakultät beheimaten wird, vorgestellt. Zur großen Überraschung wurde kein erster Platz vergeben. Gebaut wird der zweitplatzierte Entwurf der Architekten Witry&Witry. Simone Heiderscheid

Esch – Es war bereits das dritte Mal innerhalb von 14 Monaten, dass Kulturminister François Biltgen und Bautenminister Claude Wiseler das Resultat eines Architekturwettbewerbs für ein Universitätgebäude auf Belval vorstellten.
Angesichts dessen brauche er die, wie er sich ausdrückte, „déi wichteg Leit, déi hei sëtzen“ nicht mehr vorzustellen, meinte der Präsident des „Fonds Belval“, Germain Dondelinger, gestern bei seiner Begrüßung zur offiziellen Bekanntmachung der Wettbewerbsgewinner.
Nach dem Unihauptgebäude („Maison du savoir“) und dem Gebäude für die geisteswissenschaftlichen Fakultäten („Maison des sciences humaines“) liegt nun der Entwurf für die „Maison du nombre“ und die „Maison des arts et des étudiants“ vor. Minister Biltgen erklärte, dass das Haus der Zahlen die „mathematischen Wissenschaften und andere“ beheimaten wird, während der zweite Gebäudeflügel hauptsächlich den soziokulturellen Belangen der Studierenden dienen soll. Die Innenraumgestaltung der „Maison des arts et de l’étudiant“ würde zurzeit mit Studenten diskutiert.
Acht Projekte wurden eingereicht und die Architekten waren vor eine nicht ganz einfache Aufgabe gestellt. Wie auch bei der „Maison des sciences humaines“ mussten die Entwürfe sich der Architektur der „Maison du savoir“ unterordnen, andererseits mussten die geforderten 25.000 Quadratmeter des Gebäudes auf einer begrenzten Grundfläche verteilt werden.

Ein Signal an die Architekten

Vorgeschrieben war auch, dass das Dopplegebäude ein mineralisches Erscheinungsbild aufweise. Die Idee dahinter ist, dass das Bankgebäude der RBC Dexia und die „Maison du savoir“ eine Fassade haben, deren dominierendes Element Metall ist und zusammen mit den Hochöfen die einzigen Bauten bleiben sollen, deren Äußeres durch dieses Element bestimmt wird.
Vielleicht ist es der fehlende Spielraum, der dazu führte, dass die eingereichten Projekte die Vorgaben auf die eine oder andere Weise nicht erfüllten. Zum Beispiel wurde bei den Nachrechnungen der Jury festgestellt, dass einige Projekte nicht die im Programm geforderten Quadratmeterzahlen aufwiesen. Anderen Projekten war anzusehen, dass die Architekten sich mit der Vorgabe der Unterordnung eher unwohl fühlten. Aufgrund dessen entschied die Wettbewerbsjury, ein Signal an die Architekten zu senden und keinen ersten Preis zu vergeben. Das Gewimmerprojekt hat also nun einen symbolischen zweiten Preis und stammt aus dem Büro „Witry&Witry“. Die Tochter der beiden Architekten nahm den Preis in Vertretung ihrer in Ferien weilenden Eltern entgegen. Die beiden drittplatzierten Projekte waren der Entwurf des Architekturbüros „Von Ballmoos Krucker Architekten“ und die Gemeinschaftsarbeit von „A+ Production“ und „Moreno Architecture et Associés“.
Aus dem nächsten Architekturwettbewerb für die Universität Luxemburg wird der Entwurf für die „Maison de l’ingénieur“ hervorgehen.
Die Modelle der acht
eingereichten Entwürfe sind noch bis zum 29. Juli täglich zwischen 12.00 und 19.00 Uhr im Pavillon „Skip“ am Kreisverkehr Raemerich zu sehen.


KOMMENTAR/ Unterordnung
Für jedes Gebäude der zukünftigen „Cité des sciences“ wird ein eigener Architekturwettbewerb ausgelobt, was u.a. der budgetären Übersichtlichkeit dienen soll. Bei der Bekanntgabe des Gewinners für die „Maison du nombre“ und die „Maison des arts et de l’étudiant“ freute sich die Escher Bürgermeisterin Lydia Mutsch, dass die Wettbewerbe eine architektonische Vielfalt garantierten. Doch genau das scheint hier nicht der Fall zu sein.
Mehrmals wurde betont, dass alle Unigebäude sich der Architektur der „Maison du savoir“ unterzuordnen hätten. Dass am Ende ein harmonisches Ganzes dastehen soll, liegt auf der Hand, doch Harmonie ist nicht mit gestalterischer Gleichschaltung zu verwechseln. Dassdiese Gefahr gegeben ist, war bei der gestrigen Vorstellung des zweiten „untergeordneten“ Entwurfs schon erkennbar.
Im Übrigen passt der Begriff Unterordnung nicht in einen universitären Zusammenhang, sondern scheint eher einem altbacken-schulischen Geist zu entspringen. Vielleicht heißt auch deswegen das Unihauptgebäude „Haus des Wissens“ und nicht „Haus der Erkenntnis“.

 

sheiderscheid@tageblatt.lu