Jean-Claude Juncker wehrt sich gegen Vorwürfe aus Deutschland

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Premierminister Jean-Claude Juncker hat sich massiv gegen die Verurteilung seines Landes als Steueroase gewehrt und der deutschen Bundesregierung doppelte Massstäbe vorgeworfen.

Martialische Angriffe wie die von Finanzminister Peer Steinbrück oder von SPD-Chef Franz Müntefering seien alles andere als witzig, sagte Juncker in einem am Samstag vorab verbreiteten Interview mit dem „Spiegel“. „Wir finden das nicht komisch. Wir waren schon mal besetzt, wir haben unter deutscher Besatzung gelitten.“ Müntefering war im Streit um Steuerparadiese mit den Worten zitiert worden, „früher hätte man dort Soldaten hingeschickt“ und Steinbrück hatte Steueroasen mit Indianer-Gebieten verglichen, gegen die die Kavallerie in Stellung gebracht werde. Luxemburg war während des deutschen Faschismus besetzt worden und dem „Moselgau“ zugeschlagen worden. Juncker betonte: „So reden wir nicht über die Deutschen. Und die Deutschen haben kein Recht, so über die Luxemburger zu reden.“ Dies gelte, zumal die Bundesrepublik bis Juli 2005 selbst das größte Steuerparadies Europas gewesen sei. Kein nichtansässiger Ausländer habe bis dahin Steuern auf Zinseinkünfte in Deutschland zahlen müssen.

Kritik an den Briten

Heute locke die britische Regierung „die größten Vermögen der Welt zielstrebig nach London“, wo sie nur minimal besteuert würden. „Da kommt aus Berlin oder Paris kein Wort und aus Brüssel sowieso nicht“, sagte Juncker. Nach dem Steuerstreit rechnet sich Juncker nur noch wenig Chancen für höhere EU-Ämter aus, für die er seit längerem im Gespräch ist. Dafür gebe es nun bei einigen seiner EU-Kollegen keine „überschäumende Begeisterung“ mehr. Zuletzt hatte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel inhaltlich hinter Steinbrück gestellt, zugleich aber angekündigt, entstandene Irritationen ausräumen zu wollen. Mit Juncker hatte sie bereits telefoniert. Auch Steinbrück zeigte sich zuletzt bemüht, die Gemüter zu besänftigen.