Claude Molinaro
Die drei Länder haben eins gemeinsam: Sie sind alle drei, wenn auch in unterschiedlichem Maße, Einwanderungsländer. Wenn auch die Probleme und Herausforderungen, die dies mit sich bringt, wie z.B. die Zuwanderer zu integrieren, gleich sind, so sind doch die Ursachen der Immigration in den jeweiligen Ländern sehr verschieden.
Alexis Spire, ein französischer Politikwissenschaftler der Universität von Lille, hat sich intensiv mit der Immigration in Frankreich seit den fünfziger und sechziger Jahren auseinandergesetzt. In Frankreich ist die Geschichte der Immigration eng verbunden mit der Entkolonialisierung. Die Einwanderer aus den früheren Kolonien waren lange gesonderten Regeln unterworfen als Immigranten aus anderen Ländern, Regeln, die oft zu ihren Gunsten waren.
Selektive Einwanderung
Schon sehr früh gab es in Frankreich eine selektive Einwanderungspolitik. Zu einem Zeitpunkt, als viele Arbeitskräfte gebraucht wurden, griff man in zahlreichen Unternehmen auf Beamte aus den früheren Kolonien zurück, um sich eingewanderte Arbeiter auszusuchen. Was die Integration von Ausländern angehe, so meinte Alexis Spire, dass das Konzept der Integration von einem Unterschied ausgehe, den es auszugleichen gelte. Als Richtlinie dabei diene die nationale Identität. Das Problem dabei sei allerdings, dass diese nationale Identität je nach politischer Lage wechseln könne; sie sei keine feste, unveränderliche Größe.
Bei der heutigen Diskussion gehe man oft von einer Zeit aus, wo die Integration besser vonstattenging, so etwa die Integration der Italiener und Polen in den zwanziger und dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Dabei werde aber oft vergessen, dass auch diese Gruppen Diskriminierungen ausgesetzt wurden.
Es werde viel über das Thema Integration diskutiert, laut Spire sei sie aber gerade dann gelungen, wenn nicht mehr darüber gesprochen wird.
Dass die Integrationspolitiken immer bestimmte Gruppen im Visier haben, diese Meinung vertrat auch der Deutsche Jan Werquet. In Deutschland fokussiere man sich stark auf das Erlernen der deutschen Sprache. Das Problem sei jedoch, inwieweit die Mehrheitsgruppe einer Gesellschaft bereit sei, andere Kulturen, die sich nicht an der abendländischen Kultur orientieren, aufzunehmen.
Ein lange Zeit ignoriertes Thema
In Luxemburg habe man das Thema lange ignoriert, sagte Nicolas Schmit, zuständiger Minister für Immigrationsfragen. Obwohl es hierzulande eine Immigration bereits seit dem Ende des 19. Jahrhunderts gab, also zum Beginn der Industrialisierung unseres Landes, habe sich Luxemburg sehr lange nicht als Einwanderungsland wahrgenommen. Einer der Gründe sei sicherlich gewesen, dass viele der Gastarbeiter nicht dauerhaft hier blieben. Sehr oft kamen sie auch ohne Familien. In Luxemburg kommt die Eigenart hinzu, dass die Immigration hier vor allem europäischer Natur war. Diese Immigration wandelte sich mit den Römischen Verträgen zum „freien Personenverkehr“.
Was nun die selektive Einwanderung betrifft, so habe man diese auch in Luxemburg praktiziert. Als die Italiener in Folge des Wirtschaftswunders in ihrem Land nicht mehr auszuwandern brauchten, habe man sich gezielt die Portugiesen als neue Arbeitskräfte ausgesucht.
Immigrationspolitik war in jenen Jahren per Polizeigesetz geregelt. Es galt, die Einwanderer zu überwachen und gegebenenfalls auch zurückzuschicken. Die Römischen Verträge haben dies geändert. 1992 wurde die Integrationspolitik erstmals klar umschrieben. Das Gesetz wurde 2008 umgeändert.
Nach der portugiesischen Immigration kam auch eine außer-europäische Einwanderung nach Luxemburg, nämlich die kapverdische.
Durch die Globalisierung der Wirtschaft gebe es nun auch eine Gruppe von Einwanderern mit einem sehr hohen Bildungsgrad, bei welcher die Probleme ganz andere seien. Nicolas Schmit wies ebenfalls auf die Tatsache hin, das die Religion bei der Integration eine immer größere Rolle spiele.
Geschichte der Immigranten
Am Anschluss an die Diskussion präsentierte der Fotograf Paulo Lobo einen Internet-Blog, wo Fotos und Geschichten von Immigranten zu sehen und nachzulesen sind. Für die Mitarbeiter des Blogs sei es wichtig, so Lobe, nicht nur Bilder zu zeigen, sondern auch die Geschichten und Träume, die sich hinter jedem Immigranten verbergen, sichtbar zu machen. Das Projekt soll dem Betrachter dabei helfen, sich in die Haut des anderen zu versetzen, um so zu lernen, diesen besser verstehen.
Migration sei vielfältig und sorge auch für Vielfalt, lautete Lobos Schlussfolgerung. So wie diese Vielfalt der Kulturen ein Fest für den Fotografen sein kann, bei Volksfesten etwa, so könne sie eine Bereicherung für die Gesellschaft sein.
De Maart
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können