Zu Beginn der Sitzung wurde ein vom Anwalt des kommunalen Sicherheitsbeauftragten reichlich spät in die Prozedur eingebrachte „Filmchen“ von genau 1,32 Minuten, auf dem nicht nur zu sehen war, dass die Schränke am 1. September, also dem Freitag vor der Eröffnung am darauf folgenden Montag, noch gegen der Wand standen, aber auch, dass sich die Räumlichkeiten in der Steinseler „Maison relais“ noch in einem enormen Chaos befanden. Der kleine Luca sollte am 2. Oktober 2006 in der „Maison relais“ von einem frei im Raum stehenden Schrank erschlagen werden.
Bei der Befragung nach der Visionierung durch den Präsidenten und Generalstaatsanwalt Robert Biever kam der kommunale Sicherheitsbeauftragte Jean-Marie W. arg ins Schwitzen. Es stellte sich nämlich heraus, dass die Schränke nicht an der Wand standen, sondern vor einer Nische, in der sich ein Kind hätte verstecken und die Schränke kippen können. Auf die Frage, ob er sich als Sicherheitsbeauftragter dieser Gefahr bewusst war, hatte der Beschuldigte logischerweise keine Antwort parat.
Ob er sich bei diesem auf den Bildern gesehenen Chaos denn einer Eröffnung hätte widersetzen können, antwortete Jean-Marie W. lediglich, dass er die Entscheidung, die „Maison relais“ zu eröffnen, ja nicht genommen hatte. Jedenfalls konnte auch am Mittwoch nicht mit letzter Sicherheit festgestellt werden, wann denn nun die Schränke an den Platz gerückt wurden, wo sie zur Zeit des tragischen Unfalls standen, und wer sie dorthin befördert hatte.
„Verwaltungen tragen Schuld!“
Es war denn auch Me Gaston Vogel, der die Direktionsbeauftragte Emilie K. vertrat, der von einem getürkten Prozess sprach, bei dem die seiner Meinung nach Verantwortlichen, die Gemeinde, und hier besonders ihr Bürgermeister, sowie das Familienministerium, das erst am 15. September 2006 ohne Kontrolle vor Ort die Genehmigung ausstellte, die Existenz der Schränke einfach tabuisieren.
Er riet dem Gericht, die Fakten in ihrer Globalität zu betrachten. Laut Gesetz ist der Betreiber, also die Gemeinde für einen „hohen“ Sicherheitsstandard in den „Maison relais“ verantwortlich. Auch habe der inkriminierte Schrank der Gemeinde gehört, laut deren Kriterien er beim Kauf auch ausgewählt wurde. Auch hätten die Gemeindearbeiter seiner Mandantin bestätigt, dass keine Gefahr von den Schränken ausging. Er forderte deshalb für seine Klientin einen Freispruch auf der ganzen Linie.
Freispruch gefordert
Es war dann Me Rollinger für den Erzieher Paul Z., der ebenfalls bemerkte, dass der Gemeindearbeiter Romain E. seinem Mandanten nach einem Test die Standhaftigkeit der Schränke bestätigt hatte. Er forderte für seinen Mandanten ebenfalls den Freispruch.
Es war dann Me David-Schlanger, die im Namen des in erster Instanz sichtlich traumatisierten Erziehers Jérôme M. erklärte, dass ihm die behandelnde Psychologin von einer Berufung mit der Diagnose abgeraten habe, er sei schon bestraft genug. Sie forderte ebenfalls einen Freispruch und subsidiarisch eine fünfjährige Aussetzung des Urteils, wie es auch in der Affäre des Unfalltodes eines Kindes in einer belgischen Ferienkolonie ergangen war. Diesem Wunsch schloss sich Me Philippe Penning an, der für seinen Mandanten Romain E. als letztes Glied in der Entscheidungskette primär einen Freispruch einfordert.
Der Prozess wird am Montag, den 16. Mai mit dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft abgeschlossen.
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