Immer wieder tauchen neue pikante Details der Organvergabe an den Kliniken in Göttingen und Regensburg auf. Wie ist die Situation in Luxemburg? Wäre hier so etwas ebenfalls möglich?
Auf den Skandal in Deutschland angesprochen, schnaubt der luxemburgische Gesundheitsminister Mars di Bartolomeo. Laut und vernehmlich. „Skandalös“ und „das sind Ärzte, die nicht entsprechend ihrer Ethik gehandelt haben“, sind Aussagen, die sofort und mit Nachdruck kommen. „Die Verantwortlichen können gar nicht hart genug bestraft werden“, da sie eine moderne Errungenschaft der Medizin nachhaltig beschädigt hätten, so Di Bartolomeo.
Nach Angaben seiner Behörde werden seit etwas mehr als einem Jahr in Luxemburg selbst keine Transplantationen mehr durchgeführt. Der Eingriff bezog sich ausschließlich auf das Verpflanzen von Nieren. Die Stiftung „Eurotransplant“ mit Sitz im holländischen Leiden ist die Instanz, die die Zuteilung von Spenderorganen in Deutschland, Belgien, Kroatien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich und Slowenien regelt.
Wartelisten
Sie trägt die Anfragen nach Organen mit denen, die über Spender zur Verfügung stehen zusammen, und erstellt Wartelisten. Dringlichkeit und Erfolg der Operation entscheiden über einen Platz weit oben. Oftmals müssen Patienten Jahre warten. Zusätzliche Kontrollen erfolgen über die behandelnden Fachärzte und die Koordinatoren der holländischen Stiftung. „Ich glaube an das System“, sagt Di Bartolomeo, „ich glaube auch daran, dass die luxemburgischen Ärzte ihre Arbeit richtig machen“.
Als eines der ersten Länder, in denen die Organspende gesetzlich geregelt ist, ist Luxemburg das einzige, welches sich bereits 1982 für die Widerspruchslösung entschieden hat. Im Gegensatz zu Deutschland, Belgien und den Niederlanden ist hier jeder, der dem nicht ausdrücklich widerspricht, Organspender. „Das ist die Theorie“, bestätigt Di Bartholomeo, „in der Praxis wird jedoch geschaut, ob der Patient zuvor Entsprechendes verfügt hat und es wird der Wille der Familie respektiert“. In Deutschland, Belgien und den Niederlanden gilt das sogenannte „Zustimmungsrecht“, wonach jeder seine ausdrückliche Zustimmung zur Organspende geben muss.
In Luxemburg ist die Situation anders
Ein Herz muss innerhalb von vier Stunden transplantiert werden, andere Organe wie z. B. die Niere können innerhalb von 24 Stunden transplantiert werden. Es gibt keine Altersgrenze für Organspender, wichtig ist der Zustand der Organe.
Gerade diesen Fakt hatten deutsche Ärzte an den Kliniken in Göttingen und Regensburg, die sich im übrigen untereinander kannten, für einen regelrechten „Organbasar“ und eine Steigerung der Transplantationszahlen an ihren Einrichtungen genutzt.
Eine Möglichkeit, die Listen von „Eurotransplant“ zu umgehen, ist in Deutschland das „beschleunigte Vergabeverfahren“. Es betrifft vor allem Organe älterer Menschen und von Spendern, die an einer Tumor- oder Viruserkrankung leiden. Weisen drei Kliniken ein aus diesem Spenderkreis angebotenes Organ zurück, kann die transplantierende Klinik selbst Spender und Patient zusammenführen, ohne „Eurotransplant“ einschalten zu müssen. Das wurde an den betroffenen deutschen Kliniken ausgenutzt und betraf vor allem die Transplantation von Lebern.
Unter Druck
Wie hoch die Wellen schlagen und wie sehr die beteiligten Institutionen unter Druck geraten sind, belegt eine Anfrage des Tageblatt bei „Eurotransplant“. „Aufgrund der zahlreichen Anfragen ist eine individuelle zeitnahe Beantwortung einer jeden Anfrage zurzeit leider nicht möglich“, hieß es am Donnerstag aus den Niederlanden.
Auch Jorge de Sousa, der leitende Koordinator bei „Transplant-Luxembourg“ kann sich über mangelnde Presseanfragen nicht beschweren. „Ich sage das schon seit mehreren Tagen: So etwas wie in Deutschland ist bei uns nicht möglich“, meint er.
Die vom Gesundheitsministerium anerkannte Organisation übernimmt nach eigenen Angaben hier nur die Übermittlung der Daten von Spendern an „Eurotransplant“. Ein Fall könnte so aussehen: Es geschieht ein schwerer Autounfall. Nachdem der Wille des Opfers und der der Familie abgeklärt und der Patient als potenzieller Spender erkannt ist, erfolgt ein Anruf bei „Luxembourg Transplant“. „Dann übermitteln wir die Daten nach Holland“, sagt De Sousa. Mit den Patienten, die ein Organ brauchen, hat die Organisation nichts zu tun. „In Luxemburg werden alle, die ein neues Organ brauchen, erst zu Spezialisten hier und von denen dann ins Ausland überwiesen“, sagt der Koordinator. Erst der ausländische behandelnde Spezialist übermittelt die Patientendaten an „Eurotransplant“. Und darauf haben die luxemburgischen Ärzte keinen Einfluss mehr.
(Wiebke Trapp/Roger Infalt/Tageblatt.lu)
De Maart
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