Mittwoch5. November 2025

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Gemeinden fühlen sich überrumpelt

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Die Gemeinden fühlen sich von der Regierung überrumpelt und betrogen. Über die Medien habe man über die geplanten Einschnitte bei den Subventionen erfahren, klagt das Syvicol.

Léon Marx
   

Schockiert zeigen sich die Verantwortlichen des Gemeindeverbands Syvicol. Die Gemeinden, die selbst nicht in der Tripartite vertreten sind und keinerlei Möglichkeit hatten, in irgendeiner Form ihren Standpunkt in die ganze Diskussion über ein Sparpaket einzubringen, seien über die Medien informiert worden, dass der Staat eine Reihe von Subventionen an die Gemeinden kürzen wolle.

Das Syvicol bedauert diese Vorgehensweise der Regierung. Zumindest hätte man sich einen Dialog auf der Ebene des „Conseil supérieur des finances communales“ erwartet, dem Gremium, das für Fragen im Zusammenhang mit der Gemeindenfinanzierung zuständig sei.
Das Syvicol erinnert daran, dass über diese Subventionen an die Gemeinden der Staat stark in die Finanzierung von sozialen Einrichtungen (Schulen, Kinderbetreuung …) eingebunden ist.

Noch bei der Aufstellung des Krisenpakets im vergangenen Jahr wurde auf die wichtige Rolle der Gemeinden als öffentliche Auftraggeber für das Handwerk und die Betriebe hingewiesen, erinnert das Syvicol.
Wenn die Regierung jetzt eine diametral entgegengesetzte Position einnehme und die Gemeinden in eine Finanzsituation dränge, in der sie die Auftragsbücher der Betriebe nicht mehr auffüllen können, dann werde das einen deutlich negativen Einfluss auf die gesamte wirtschaftliche Entwicklung des Landes haben.

Ablehnung auf breiter Front

Nach den ablehnenden Reaktionen der drei Gewerkschaften OGB-L, CGFP und LCGB, welche direkt in die Tripartite-Verhandlungen eingebunden sind, kam es gestern zu weiteren Reaktionen.
Der Landesverband spricht von einem massiven Sozialabbau, der da von den Beschäftigten verlangt werde. Im öffentlichen Dienst sei zudem ein vierjähriger Lohnstopp vorgesehen. Es sei dies gewissermaßen die Krönung des Papiers, das die Regierung bereits im Hinblick auf die Gehälterreform vorgelegt habe und das es in sich habe.
Der Landesverband hat für den 20. April eine außerordentliche Vorständekonferenz einberufen.

Die Professorengewerkschaft Apess spricht von einem einseitigen Angriff der Regierung auf den sozialen Besitzstand der Beschäftigen. Von den rund 500 Millionen, die eingespart werden sollen, würden 310 zu Lasten der physischen Personen gehen. Die 200 Millionen an zusätzlichen Einnahmen beschaffe sich der Staat ebenfalls zum größten Teil bei den Privathaushalten. Mit gerade mal 35 Millionen sei der Beitrag der Unternehmen mehr als bescheiden.

Vernichtend fällt auch die Analyse der UNEL („Union nationale des étudiants du Luxembourg“) aus. Die Studentenorganisation spricht ebenfalls von erheblichen sozialen Einschnitten. Mit der Streichung des Kindergelds ab 21 Jahren werde zudem eine völlig falsche Weichenstellung für die künftige Entwicklung des Landers gestellt. Diese Entscheidung passe so gar nicht zu dem Diskurs über die künftige Wissensgesellschaft. Für viele sei das Kindergeld ein notwendiger Bestandteil der Studienfinanzierung. Hier zu sparen sei ein schwerer Fehler, der letztlich die wirtschaftliche Situation des Landes noch schwieriger gestalten werde. Die UNEL spricht von einer reinen Buchhaltermentalität der Regierung. Der Schaden, der durch Spekulanten an den Finanzmärkten entstanden sei, könne nicht einfach so auf die Schultern anderer verteilt werden. Zudem sei das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts bis 2014 rein willkürlich festgelegt. Mit einer derart forcierten Budgetsanierung werde die Wirtschaftskrise nicht gelöst, sondern am Ende noch verschlimmert.

Eine politische Reaktion kam gestern von den Grünen, die von Flickwerk und einer fehlenden Strategie sprechen. Die aktuelle Schieflage der Staatsfinanzen ist in ihren Augen nicht nur die Folge der Wirtschaftskrise, sondern auch das Ergebnis einer verfehlten Politik der letzten Jahrzehnte. Als Grüne habe man immer auf die Risiken der Steuerpolitik in den Boomjahren 1990-2005 hingewiesen. Mit den damaligen „Steuergeschenken“ habe der Staat seine finanziellen Handlungsmöglichkeiten auf unverantwortliche Weise eingeschränkt.
Aber nicht nur, dass es dem Staat jetzt an Handlungsmöglichkeiten fehle, das vorgelegte Maßnahmenpaket sei auch unausgewogen und sozial ungerecht. Insbesondere weil die eigentlichen Verursacher der Krise, die Banken, kaum belastet würden.