Fluglotsen: Viel Arbeit, wenig Anerkennung

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Beim Landeanflug auf Findel streifte Ende Januar eine Boeing 747 der Cargolux einen zu Wartungszwecken auf der Landepiste stationierten Lieferwagen. Technisches oder menschliches Versagen? Gleich drei Untersuchungen wurden nach dem Zwischenfall eingeleitet. Und die Diskussion über einen Bodenradar neu lanciert.

Ohne sie läuft gar nichts: Fluglotsen sind das Herz eines jeden Flughafens. Und deshalb genießen sie hohes Ansehen und oft ein besonderes Entgegenkommen der Politik, die in diesem sensiblen Bereich soziale Konflikte möglichst vermeiden möchte.

„Bienheureux aiguilleurs du ciel“ titelte am 10. Februar die Tageszeitung Le Monde mit Verweis auf eine Vielzahl von Privilegien der französischen Fluglotsen. Von einer solchen Sonderstellung können ihre luxemburgischen Berufskollegen nur träumen.

„Ja, ich liebe auch nach 20 Jahren meinen Beruf noch immer“, erklärt Carlo Komes, Sekretär der Gilde der luxemburgischen Fluglotsen. Von Privilegien könne aber keine Rede sein. Trotz der umfangreichen Spezialausbildung und der strengen Auswahlkriterien gebe es nicht einmal eine spezielle Laufbahn innerhalb des öffentlichen Dienstes, klagt er. Die Fluglotsen sind derzeit in der Redakteur-Laufbahn eingestuft.

EU-Direktive nicht umgesetzt

Und die spezifischen Anforderungen an den Beruf werden weiter steigen. Luxemburg ist eines der letzten Länder, in denen eine EU-Direktive von April 2006 über die Schaffung einer Fluglotsenlizenz noch immer nicht umgesetzt ist.

Der entsprechende Gesetzentwurf wurde im Dezember 2009 vom Staatsrat mit einer formellen Opposition belegt. Inzwischen hat die Kommission ein Verfahren wegen Nichtumsetzung eingeleitet.

Über die Fluglotsenlizenz werden nicht nur die Ausbildungsstandards verschärft, damit wird auch eine verbindliche Weiterbildung vorgeschrieben. Die drei- bis viermonatige Grundausbildung der Fluglotsen erfolgt in der Fachschule von Eurocontrol auf Kirchberg.

Die Selektionsstandards sind extrem hoch. Gefordert wird ein Durchschnitt von 70 Prozent. Auch der Stress und die unregelmäßigen Arbeitszeiten sind nicht jedermanns Sache. Fluglotsen arbeiten im Vier-Schicht-Dienst (6.45 bis 14.15 Uhr, 13.45 bis 21.15 Uhr, 20.45 bis 7.15 Uhr und 9.00 bis 19.00 Uhr), und das sieben Tage die Woche.

Über die Hälfte der Anwärter geben während des anschließenden zweijährigen Praktikums auf. Sechs Neuzugänge pro Jahr sind da schon ein Glücksfall.
Die Flugsicherheit gilt als Bereich, der die nationale Souveränität betrifft.

Er bleibt damit auch nach der rezenten Öffnung des öffentlichen Dienstes für EU-Bürger weiterhin für diese tabu, was die Rekrutierung nicht gerade vereinfacht.
Derzeit sind 46 Fluglotsen auf Findel im Einsatz. Seit 1986 muss regelmäßig auf die Hilfe ausländischer Fluglotsen zurückgegriffen werden. Zeitweise arbeiteten bis zu neun „Ausländer“ in der luxemburgischen Flugkontrolle, derzeit sind es „nur“ deren zwei.

Die Regelbesetzung pro Schicht sind vier Personen, davon zwei in der „Unité TWR“ (Radaranflugkontrolle) und zwei in der „Unité APP“ (Flughafenkontrolle, zuständig für die Bodenbewegungen auf dem Rollfeld und den direkten Landeanflug).

Was genau bei dem Zusammenstoß der Boeing 747 mit dem Lieferwagen Ende Januar auf der Landepiste schiefging, werden die eingeleiteten Untersuchungen ergeben müssen.
Léon Marx

Den gesamten Beitrag finden Sie in der Dienstagsausgabe des Tageblatt