Die 1920 als Werksmusik gegründete „Biergaarbechtermusek“ begeht am Montag feierlich den Tag der Schutzpatronin der Bergleute, den „Bäerbelendag“. Dies im Gedenken an alle Minenarbeiter, die durch ihre harte Arbeit in den Erzgruben den Grundstein zum Wohlstand Luxemburgs gelegt haben. Anlass für das Tageblatt, die Kapelle, ein Symbol der industriellen Vergangenheit der Stadt Esch, näher vorzustellen.
Von Christiane Wagner
Als wir in der „Dellhéicht“-Schule die Treppen zum Probesaal der „Harmonie des mineurs“ hinabsteigen, schallen uns die von Léon Schäler komponierten einleitenden Klänge des Escher Bergmannslieds entgegen. Vor den 17 anwesenden Musikern liegen die Partituren des musikalischen Programms zum „Bäerbelendag“. Jovial empfängt uns Präsident Jean Hansen. „Die Bergarbeitermusik wurde 1920 von zwölf Idealisten gegründet. Diese hatten erkannt, dass harte Arbeit allein den Menschen nicht erfüllt. Mit der Gründung des Musikvereins wollten sie den Schwerstschaffenden eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung anbieten, ihnen die Möglichkeit geben, Kameradschaften zu pflegen sowie am sozialen und kulturellen Leben der Minettemetropole teilzunehmen. Dieser Ausrichtung fühlen wir uns heute noch verpflichtet“, erklärt der Präsident.
Die jetzt fast 100-jährige „Biergaarbechtermusek“ kann dann auch auf eine wechselvolle Geschichte zurückblicken. Diese ist geprägt von der Aufgabe der Bergbauaktivitäten, dem Aussterben des Berufs des Bergarbeiters sowie den gesellschaftlichen Gepflogenheiten der Industriestadt und ihrer Entwicklung. Bereits im ersten Jahr ihres Bestehens rief die Musik den zur Tradition gewordenen Umzug am „Bäerbelendag“ ins Leben.
Die 1930er Jahre waren goldene Jahre. Zeitweise zählte die Kapelle 40 Musiker und 20 Schüler. Nach einer Unterbrechung während des Zweiten Weltkriegs nahm die Kapelle nach Kriegsende ihre Aktivitäten mit unvermindertem Einsatz wieder auf. Auch die Nachkriegsjahre und die späteren Jahrzehnte waren positiv. Die Musikformation wagte sich aufs internationale Parkett und heimste hierzulande zahlreiche UGDA-Preise ein.
Teil des Lokalkolorits
Und heute sind die Musiker mit der charakteristischen Uniform aus dem Escher Stadtbild nicht mehr wegzudenken. In der Tat bewältigt die Kapelle Jahr für Jahr ein stolzes Programm. „Die ‚Biergaarbechtermusek‘ spielt zu fast allen lokalen Veranstaltungen auf wie etwa anlässlich der Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag, animiert die Zuschauer beim Karnevalsumzug, führt Kommunions- und Oktavzüge an und gibt regelmäßig Konzerte. Zu Ostern hält die Kapelle einen alten Brauch hoch und zieht den „Hämmelsmarsch“ spielend durch verschiedene Viertel der Stadt“, erläutert Sekretär Jean-Marie Schumann. Hierbei werde sie von den „Uelzecht-Majoretten“ unterstützt.
Und doch stand die emsige „Biergaarbechtermusek“ im Jahr 2013 vor dem Aus. Dass die historische Musikformation nicht aus der gesellschaftlichen Landschaft verschwinden dürfe, stand für Jean Hansen fest, als er auf Wunsch motivierter Musiker und durch Vermittlung des Ehrenpräsidenten Robert Mayer, der dem Verein 30 Jahre vorgestanden hatte, die Präsidentschaft übernahm. „Es galt, ein kulturelles Erbe hochzuhalten und der Kapelle neues Leben einzuhauchen. Mein Ziel war es daher, die BAM neu aufzustellen und die Motivation wieder anzufachen. Statuten, die ein modernes Funktionieren ermöglichten, wurden ausgearbeitet.
Modernes Image für die Harmonie
Nachdem Jean Steichen die Musik während der Suche nach einem neuen Dirigenten bis März 2015 als Interimsdirigent geführt hatte, stieß Luigi Ascani 2015 mit innovativen Ideen als Dirigent zur Truppe. Auch war es mir wichtig, der ‚Harmonie des mineurs‘ ein modernes Image zu verleihen und sie auch für junge Leute attraktiv zu machen. Vor allem aber sollte die Freude an der Musik und die Geselligkeit im Verein wieder großgeschrieben werden“, so Jean Hansen. Dies sei gelungen, man verstehe sich prächtig, die Musik arbeite weiter an ihrem Erscheinungsbild und wolle verstärkt auf aktuelle Musiktrends setzen. Kurz: die „Biergaarbechtermusek“ strebe an, als zeitgemäßes Blasorchester aufzutreten. Dabei werde selbstverständlich auch auf ein ansprechendes musikalisches Niveau geachtet.
„Damit wir unserer historischen Rolle im Escher Gesellschaftsleben gerecht werden können, unternehmen wir zahlreiche Anstrengungen, neue Musiker, insbesondere junge Leute, für unser Orchester zu gewinnen. Wenn neue potenzielle Musiker Interesse zeigen, bekommen sie ihr Instrument gestellt und werden in der Musikschule angemeldet. Auch haben wir unsere Präsenz im Internet und den sozialen Medien ausgebaut“, erklärt Sekretär Schumann weiter.
17 Musiker und 150 Ehrenmitglieder
Die „Biergaarbechtermusek“ zähle heute 17 Musiker sowie an die 150 Ehrenmitglieder und Unterstützer. Sie bilde eine harmonische Gruppe, die miteinander musiziert, lacht, diskutiert und feiert. „Apropos zeitgemäß: Die dunkle Uniform, die wir bei hochoffiziellen Gelegenheiten tragen, ist sehr symbolträchtig“, fügt Vizepräsident Louis Cornaro hinzu. „Unbedingt dazu gehört der Helm, der an die gefährliche Arbeit der Bergleute erinnern soll. Als Zeichen der Zugehörigkeit zum Bergbau befindet sich auf Knöpfen und Reverskragen eine stilisierte Abbildung der ehemaligen Arbeitsgeräte Schlägel und Eisen der Bergleute. Doch auch in Sachen Bekleidung haben wir uns der Zeit angepasst. Bei ganz normalen Konzerten oder anderen Auftritten tragen wir schwarze Jeanshosen, ein schwarzes T-Shirt und eventuell eine Kappe“.
Während die Musiker fleißig für den „Bäerbelendag“ mit Kranzniederlegung, Umzug und großem Konzert im „Ellergronn“ üben, bilanziert Präsident Jean Hansen: „Wir haben in den letzten Jahren viel erreicht. Die BAM ist auf bestem Wege, Schritt für Schritt zu alter Stärke zurückzufinden. Wir werden das historische und kulturelle Erbe hochhalten. So sehen wir mit Zuversicht in die Zukunft und gehen sie mit viel Schwung an. Wir werden eine sehr rüstige Hundertjährige sein.“
De Maart
Liebe Musikanten, habt ihr euch schon klug gemacht ob ihr die Uniform tragen dürft?