„Eine 2CV zum Preis eines Maybach“

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Die „Patientevertriedung“ lässt nicht locker im Dossier des Pflegeheims in Hamm. Bereits Anfang 2011 hatte das Tageblatt in einer Artikelserie auf Probleme in den hauptstädtischen "Hospices civils" Pfaffenthal und Hamm hingewiesen.

Mit dem Ende 2011 durchgeführten Umzug in die neuen Gebäudeflügel wurden jetzt auch noch die Pensionspreise kräftig angehoben.

Am Verwaltungsrat und der Direktion des „Hospice civil“ Hamm prallt jedwede Kritik der Bewohner und der Familienangehörigen ab. Und die hauptstädtische Sozialschöffin Viviane Loschetter („déi gréng“) verweist auf das Statut des Hauses als „Etablissement public“. „Der Schöffenrat der Stadt ist zwar im Verwaltungsrat des Zivilhospizes vertreten, einen direkten Einfluss auf die Politik des Hauses haben wir aber nicht“, erklärt sie seit Monaten den verärgerten Bewohnern des Pflegeheims und deren Familien, der „Patientevertriedung“ und dem Konsumentenschutzverband ULC.

Gewissermaßen als „Kirsche auf dem Kuchen“ wird den nicht gerade service-verwöhnten Bewohnern zum Jahreswechsel 2011/2012 nun auch noch eine saftige Erhöhung der Pensionspreise aufgezwungen. Um bis zu 30 Prozent wurden zum 1. Januar die Preise angehoben.

Teurer Balkon

Dafür gibt es nach dem Wechsel in den Neubauflügel aber einen eigenen Balkon. Den haben viele der zum Teil pflegebedürftigen, nicht mehr mobilen Bewohner zwar nicht verlangt, er wird ihnen aber mit rund 400 Euro extra in Rechnung gestellt.

Mit 2.400 Euro bis 2.600 Euro pro Monat liege der Zimmerpreis in Hamm seit Anfang Januar auf dem gleichen Preisniveau wie in der „Fondation Pescatore“, bemerkt Michèle Wennmacher von der „Patientevertriedung“. Dabei sei „der Service im Pescatore zehnmal besser“. Hamm, das sei „eine 2CV zum Preis einer Maybach-Edelkarosse“, ergänzt Steve Ehmann.

Frustration

Die Frustration ist den Vertretern der „Patientevertriedung“ auch noch Tage nach dem Meinungsaustausch am vergangenen Freitag anzumerken. „Schlüssige Argumente für die Anhebung der Preise konnte uns niemand liefern“, erklärt Michèle Wennmache. Im Gegenteil, es sei immer wieder erklärt worden, man habe keine Schulden und auch die Finanzgestion sei in Ordnung.

So richtig überzeugt von diesen Argumenten ist man bei der „Patientevertriedung“ aber nicht. Dem Vernehmen nach habe der Betriebsprüfer bereits vor zwei Jahren die Finanzgestion kritisiert. Und Sozialschöffin Viviane Loschetter habe kürzlich die Idee eines externen „Guide de gestion“ in die Diskussion gebracht.

Kein Einzelfall

Für die „Patientevertriedung“ gibt es derzeit noch zu viele offene Fragen. Zumal in dem neuen Pensionspreis auch noch eine ganze Reihe von Leistungen fehlen, die bislang inklusive waren. „Wir empfehlen den Pensionären, die das noch nicht getan haben, den neuen Vertrag, der ihnen von dem „Hospice civil“ vorgelegt wird, nicht zu unterschreiben“, erklärt Steve Ehmann.

Die Verhältnisse im Pflegeheim Hamm sind leider nur die Spitze des Eisbergs, weiß man bei der „Patientevertretung“. Die Betreuung und die Preisgestaltung seien in vielen Häusern unbefriedigend bzw. wenig transparent. In Hamm aber habe es erstmals Bewohner gegeben, die den Mut gehabt hätten, sich öffentlich und mit vollem Namen zu beklagen.

Angst

„Die meisten Bewohner und ihre Familien haben Angst, sich zu äußern, weil sie fürchten, danach im Haus erst recht schlecht behandelt zu werden“.

Die meisten der Bewohner in den Pflegeheimen sind in der Tat den Betreibern mehr oder weniger ausgeliefert. Wer sich beklagt, der muss damit rechnen, dass ihm mit einem Rauswurf gedroht wird.