Dienstag21. Oktober 2025

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„Die trinken am Morgen auch einen Schnaps“

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Das Institut Pierre Werner lud am Montag in die Abtei Neumünster ein. Anlass: die 75 Jahre der Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Russland und Luxemburg. Unter den Gästen befanden sich auch Kulturministerin Octavie Modert und ihr russischer Amtskollege Alexander Awdejew, ehemaliger Botschafter der Sowjetunion in Luxemburg.

Dhiraj Sabharwal
 

Zu Zeiten der Perestroika schickte die Sowjetunion Ende der 80er Jahre erstmals drei Bauern zu Praktikumszwecken nach Luxemburg. Die landwirtschaftlichen Methoden beider Länder hätten sich damals sehr geähnelt, so Awdejew.

„Welche Gemeinsamkeiten verbinden luxemburgische und sowjetische Bauern denn?“, hatte der ehemalige Botschafter Awdejew damals die Bauern gefragt. Die Antwort: „Die trinken am Morgen auch einen Schnaps, bevor es an die Arbeit geht.“ Mit dieser humorvollen Anekdote veranschaulichte der russische Kulturminister auf sehr menschliche Weise, dass die luxemburgische und russische Freundschaft beider Völker im „genetischen Code verankert sei“.

Die luxemburgisch-russischen Beziehungen reichen jedoch sehr viel weiter zurück. 1867 gehörte Russland zu den Unterzeichnern des Vertrages von London, der die Neutralität und ewige Unabhängigkeit des Großherzogtums unter der Dynastie von Nassau garantierte. Die direkten bilateralen Beziehungen zwischen beiden Ländern wurden offiziell 1935 wieder aufgenommen und seitdem gepflegt.

Drittgrößter Investor

Doch es ist nicht nur der Schnaps, der Luxemburg und Russland heutzutage verbindet. Das Großherzogtum ist der drittgrößte Investor der Russischen Föderation. Mit 35 Milliarden Euro liegt Luxemburg auf Platz drei hinter den Niederlanden und Zypern, so Awdejew. Neben den wirtschaftlichen Interessen verbinde beide Länder die Frage nach einer gemeinsamen Sicherheitspolitik.

„Unsere Länder sind von den gleichen Gefahren bedroht.“ Diese seien z.B. nuklearer oder chemischer Natur. Auch außereuropäische terroristische Regimes, die beiden Ländern gefährlich werden könnten, stünden auf der Liste, mahnte Awdejew.

Hinzu komme die weltweite Kluft zwischen dem reichen Norden und der armen Bevölkerung auf der südlichen Hemisphäre. „Arbeitslose und arme Menschen suchen zunehmend Schutz und Zuflucht in Europa. Je größer die Sicherheit innerhalb der EU ist, umso mehr können wir uns auf dieses Problem vorbereiten und den Menschen gemeinsam helfen“, meinte Awdejew.

Awdejew lobt die Zivilgesellschaft

Der russische Kulturminister lobte das luxemburgische Modell für seine vorbildhafte Zivilgesellschaft. „Wir lieben Ihr Land. Es hat sich durch Talent und Grips durchgesetzt. Sie haben den Finanzplatz in Europa erfunden, und jeder Künstler ist stolz darauf, in Luxemburg ausgestellt zu werden“, schmeichelte Awdejew.

Ein weiterer Punkt, der beide Länder verbinde, sei die Kultur. Russland versuche im Rahmen der Globalisierung, der russischen Sprache weiterhin Gewicht zu verleihen. „Wir wollen, genau wie die Luxemburger, unsere eigene Sprache wahren und hüten uns vor Anglizismen und der Konsumkultur, die so sehr in Mode gekommen sind“, kritisierte Awdejew.

Die junge russische Demokratie werde durch das „Projekt Kultur“ zusammengehalten. Russland könne einerseits auf eine lange kulturelle Tradition zurückblicken, andererseits habe die Russische Föderation weiterhin Probleme, die soziale Marktwirtschaft anzunehmen und zu verinnerlichen, bemerkte Awdejew.

Kultur oder das Primat der Wirtschaft?

„Ihre Liebeserklärung gefällt uns“, freute sich Kulturministerin Octavie Modert über Awdejews Worte. Dass wirtschaftliche Beziehungen stets im Vordergrund stünden, sei zu bedauern. Luxemburg habe sich immer für die russische Kultur begeistert.

„Kultur kann das Verständnis für eine fremde Welt vereinfachen. Über diesen Weg lernen sich unsere Völker kennen und lernen, Unwissenheit zu überwinden“, philosophierte Modert.