Mittwoch29. Oktober 2025

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Den Winter mit Feuer vertreiben

Den Winter mit Feuer vertreiben
(Tageblatt/Pierre Matgé)

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Quer durch Luxemburg brannten am Wochenende die "Burgen". Mit dem alten Brauch soll der Winter vertrieben werden, doch so richtig beeindrucken lässt der sich davon noch nicht. Ganz im Gegenteil.

Auch wenn so mancher bereits Schneeglöckchen als Frühlingsboten gesehen haben will, der in diesem Jahr besonders lange Winter mit viel Schnee und Eis wehrt sich hartnäckig gegen den definitiven Abschied. Für die
beginnende Woche haben die
Wetterfrösche erneut Minustemperaturen vorausgesagt.

Daran wird auch das Abbrennen zahlreicher „Burgen“ nichts ändern, die an diesem Wochenende im ganzen Land und weltweit in Flammen aufgingen.
In Luxemburg heißt dieser Brauch Burgbrennen und hat gemeinhin nichts mit einer Festung zu tun. Der Begriff kommt aus dem lateinischen „comburere“ und bedeutet verbrennen. Einst eine heidnische Tradition, hat die katholische Kirche, die im Mittelalter reiche Erfahrungen mit Scheiterhaufen gesammelt hatte, das Abbrennen von altem Holz zur Vertreibung der bösen Wintergeister durch ein Kreuz ersetzt und machte es für sich und die Gläubigen salonfähig.

Das Burgbrennen ist in der westlichen Welt seit Jahrhunderten grenzübergreifend. In der Eifel spricht man vom Hüttenbrennen, in Schwaben und in Rumänien, wohin schwäbische und luxemburgische Aussiedler den Brauch mitnahmen, von Funkenfeuer, in Nordfriesland von Biikebrennen und in Zürich von Sechseläuten. Auswanderer aus der Region hielten die Tradition auch in verschiedenen Ortschaften des mittleren Westens der USA aufrecht, wie beispielsweise in Vermillion (Minnesota), wo man bis zur heutigen Zeit am ersten Sonntag nach der Fastnacht ein Kreuz verbrennt. In anderen Teil der Vereinigten Staaten von Amerika ist dieses Burgbrennen weniger populär, erinnert dieses Ritual doch zu stark an die brennenden Kreuze des Ku-Klux-Klans, die vor einer Menschenjagd auf dunkelhäutige Mitbürger angezündet wurden.

Der spezielle Tetinger Touch

In Tetingen hat das Burgbrennen seit sieben Jahren einen ganz besonderen Touch, denn die Rittervereinigung Historia Kayldall hat die Veranstaltung in eine mittelalterliche Show mit mediävalen Zelten und Verkaufsständen umfunktioniert. Der etwas gespenstische, unumgängliche Fackelzug bewegte sich durch die Tetinger Gassen und wurde angeführt von Rittern, hoch zu Ross oder zu Fuß, gefolgt von ihren Vasallen (in diesem Fall Bürgermeister John Lorent, Marcel Humbert und Patrick Brücher), den Mitgliedern des örtlichen Interventionszentrums und viel niederem Fußvolk, bevor man auf der Wiese, wo normalerweise Vieh weidet, die Burg in Brand steckte.

Es handelte sich dabei um einen Blockhaus-Turm, der nach anfänglichen Schwierigkeiten dennoch zündelte, bevor er zur Gaudi der Kids und der Erwachsenen riesige Wolken und Funken gen Himmel schickte, um schlussendlich erbärmlich zusammenzubrechen.

Anschließender Volksfest

Die Ritter maßen sich anschließend strikt nach ihrem codex belli in schonungslosen Schwertkämpfen, derweil ihre Gäste sich an Schweinekoteletts, Grillwürsten und Hähnchenkeulen labten, die sie genussvoll mit Gerstensaft und Schaumwein herunterspülten. Und schämten sich nicht einmal, dass sie sich damit in der Fastenzeit versündigten. Sollten sie auch nicht. Denn wie aus geschichtlich nachweisbaren Überlieferungen aus dem Mittelalter bekannt ist, hatte die katholische Kirche für ihre Würdenträger und Ordensbrüder zur Quadragesima (40 Tage Fasten) die Regeln zu ihren Gunsten zurechtgebogen. Im Mittelalter bestellten sich die Mönche Austern ins Kloster, genossen Krebse, das Fleisch des Fischotters und Mortadella und hatten die Kakaobohnen (Schokolade) sogar zur Arznei erhoben. Dazu wurde literweise Starkbier getrunken.