Samstag18. Oktober 2025

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Brechen dem Staat die Einnahmen weg?

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55 Feststellungen und Empfehlungen hat der CSV-Abgeordnete Gilles Roth in seinem Bericht zum Haushaltsentwurf 2012 formuliert. Am Dienstag stellte er sein Gutachten dem Parlament vor.

Die öffentlichen Finanzen Luxemburgs stehen scheinbar auf wackligen Füßen. So offen will es der Berichterstatter zum Etatentwurf 2012, Gilles Roth, nicht sagen, doch die Bemerkungen und Feststellungen in seinem Bericht lassen keine Zweifel an dieser Einschätzung aufkommen. Und diese Meinung dürfte weitgehend von den Mitgliedern des parlamentarischen Finanzausschusses geteilt werden, in deren Namen der CSV-Abgeordnete am Dienstag den Bericht im Parlamentsplenum vorlegen wird.

Die öffentliche Schuld des Landes beläuft sich Ende 2011 auf 7,778 Milliarden Euro, was 18 Prozent des Bruttosozialprodukts entspricht. Einbezogen in diesem Betrag ist die Zwei-Milliarden Euro Anleihe, die zur Stabilisierung des Finanzsektors begangen wurde, sowie 989 Millionen Euro Anleihen im Kommunalsektor. Zwar hält der Staat, sozusagen als Gegengewicht zur Staatsschuld, Beteiligungen an Privatunternehmen und Finanzeinrichtungen, doch deren Börsenwert ging wegen der Finanzkrise in den letzten zwölf Monaten um 32 Prozent zurück. Hinzu kommen neue Garantien des Staates für die Dexia und den Europäischen Rettungsschirm. Alles zusammen 5,6 Milliarden Euro, so Roth in seinem Bericht. Das entspricht 13,11 Prozent des BIP. Und Roth zitiert den Rechnungshof, der diplomatisch meint: Sollten diese Garantien in Anspruch genommen werden, könnte das die Finanzsituation des Staates stark beeinflussen.

Körperschaftssteuer reduzieren

Keine Änderungen wünscht sich Roth bei der Besteuerung der Privathaushalte. Der Steuerdruck sei vernünftig, heißt es. Die angewandten Steuertarife seien der Beitragsfähigkeit der Steuerzahler angepasst. Anders hingegen bei der Betriebsbesteuerung. Etwa zwei Drittel der Körperschaftssteuer, über eine Milliarde Euro, werden derzeit vom Finanz- und Versicherungssektor entrichtet. Ob man da nicht mittelfristig eine Senkung der Körperschaftssteuer und eine Ausweitung der Besteuerungsbasis in Betracht ziehen müsste?, so Roth, um die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes zu erhalten. Luxemburg müsse ein attraktives Steuerregime anbieten, um neue Finanzeinrichtungen anlocken zu können. Die Betriebssteuer beläuft sich derzeit auf 28,80 Prozent. Davon entfallen 22,05 Prozent auf die Körperschaftssteuer.

Ein Umdenken regt Roth auch bei den zahlreichen Steuererleichterungen an. Die Spezialausgaben, welche die Privathaushalte von der Steuer absetzen können, verursachen beim Staat einen Steuerverlust von 275 Millionen Euro pro Jahr. Darunter fallen etwa Ausgaben für Versicherungsprämien, Rentenzahlungen bei einer Scheidung, Zinszahlungen. Auch stellt Roth mehrere Formen der Steuerermäßigung in Frage. Muss denn die Haftpflicht für Jäger steuerlich absetzbar sein, oder die Autohaftpflicht, wo doch derlei Versicherung in Luxemburg obligatorisch ist?

TVA-Szenario

Einen Steuereinbruch befürchtet Roth bei der Mehrwertsteuer ab 2015. Dann muss die Besteuerung für elektronischen Handel auf EU-Anweisung abgeändert werden. Der E-Handel bestreitet rund 19 Prozent der Mehrwertsteuereinahmen. 2012 sind das rund 572 Millionen Euro. Um diese Einnahmen zu kompensieren, müsste der TVA-Steuersatz von 15 auf 18 Prozent angehoben, der Zwischensteuersatz von 12 Prozent abgeschafft und der Super-Steuersatz für den Bausektor von derzeit 3 auf 6 Prozent angehoben werden. Ein Szenario, das die Steuerverwaltung schon mal durchgespielt hat.

Kann der E-Handel erst in vier Jahren ein Haushaltsloch reißen, so tun es Pleitebetriebe bereits heute. Rund eine Milliarde Euro an Mehrwertsteuer stehen noch aus, schreibt Roth in seinem Bericht. 687 Millionen Euro werden wohl für immer verloren sein. Roth mahnt eine Anpassung der Konkursgesetzgebung an, wobei die persönliche Verantwortung der Unternehmensführer im Konkursfall erweitert werden müsste.

Tanktourismus

Einnahmeeinbußen könnte auch der Tanktourismus provozieren. Dann, wenn die Besteuerung auf Diesel ab 2012 angehoben werden muss. Laut EU-Beschluss gilt ab 1. Januar kommenden Jahres eine einheitliche Steuer von mindestens 330 Euro auf 1000 Liter Diesel. Diese Anpassungen werden den Preisvorteil an der Tankstelle reduzieren und mittelfristig zu Mindereinnahmen für den Staat führen, befürchtet Roth. Derzeit verdient der Staat durch den Tanktourismus rund 915 Millionen Euro. Hinzu kommen 300 Millionen Euro Mehrwertsteuer.

Um in Zukunft vor schlechten Überraschungen gewappnet zu sein, regt der CSV-Abgeordnete an, die Einnahmen aus dem Diesel-Verkauf für Infrastrukturprojekte zu verwenden oder in einen staatlichen Spezialfonds zu stecken, um Krisenfolgen abzumildern. Schließlich müsste laut Roth auch der Steuerbetrug verstärkt bekämpft. Und Roth erinnert an einen fast 15 Jahre alten Bericht und den darin enthaltenen Empfehlungen gegen Steuerbetrug. Der Bericht stammt aus dem Jahr 1997 und wurde vom damaligen LSAP-Abgeordneten Jeannot Krecké verfasst.