282 Wohnungen auf verseuchtem Boden?

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Der „Bloe Bierg“, jener Hang in der rue des Hauts-Fourneaux in Richtung Beggen, wo ein bekannter Schleichweg an der russischen Botschaft vorbei in die „Kromm Längten“ führt, hat Ende der 70er Jahre ein trauriges Kapitel in der Geschichte der hausgemachten Umweltskandale des Landes geschrieben. Jetzt sollen hier 282 neue Wohnungen entstehen. Fränz Hoffmann

DOMMELDINGEN – Im Tal, auf der gegenüberliegenden Straßenseite, betrieb die Arbed-Filiale CASA eine Metall-Legierungs-Fabrik, in der u.a. auch die Schwermetalle Vanadium und Molybdän verarbeitet wurden, ohne dass jemals ein Commodo-Incommodo-Verfahren angefragt worden wäre.
Im Jahre 1978, als die Straßenbäume mitten im Frühjahr vorzeitig ihr Laub verloren, kam das ganze Ausmaß der Katastrophe ans Tageslicht. Nicht nur die Bäume entblätterten sich, auf der Weide des „Bloe Bierg“ verendeten die Kühe von Bauer Hoffmann elendig. Der Dommeldinger Landwirt sprach bei praktisch allen Instanzen vor, um sein Leid zu klagen, erntete in den meisten Fällen allerdings nur ein süffisantes Lächeln, bevor er sich in seiner Verzweiflung das Leben nahm.
Als der Unmut bei den Dommeldingern und den Beggenern auszuufern drohte, bemühte sich der damalige DP-Umweltminister Josy Barthel zur Beruhigung der Gemüter zu einigen öffentlichen Versammlungen, in denen er nichts Wesentliches kundtat, die Bürger aber mit Schuldgefühlen belasten wollte, indem er sie zu Energiesparmaßnahmen aufrief: „Et wier besser, dir sollt emol e laange Kalzong undoen …“
Die Vertuschungsmanöver des blauen Umweltministers waren umsonst. Der Skandal wurde bald zum Flächenbrand, nicht zuletzt durch eine parlamentarisch Interpellation des KPL-Abgeordneten René Urbany. Barthel schickte die CASA-Belegschaftsmitglieder ebenso wie die Einwohner aus den betroffenen Vierteln zu ärztlichen Untersuchungen, der Verzehr von Gemüse wurde untersagt.
Während Jahren waren der Boden auf dem Fabrikgelände und der „Bloe Bierg“ mit Schwermetallen kontaminiert worden, die Ausstöße aus den CASA-Kaminen hatten bei Mensch, Tier und Natur einen nachhaltigen Schaden hinterlassen.

Einmaliges Projekt

Geschlossen wurde der Betrieb allerdings nicht aus umweltpolitischen Rücksichten, sondern aus wirtschaftlichen Gründen. Und so ward es ruhig, die Gemüter beruhigten sich, den CASA-Schlamm hatte man in einem konischen „Bauwerk“, das eher einem pyramidenähnlichen Grabhügel ähnelt, an der Beggener Straße untergebuddelt und den Hügel begrast. Laut den Aussagen eines Regierungsvertreters vor einem Jahr sei der giftige Klärschlamm damals vorschriftsmäßig entseucht worden.
In der Jahreshauptversammlung des Interessenvereins Eich/Dommeldingen/Weimerskirch war dieser Tage zu erfahren, dass das Architektenbüro Mansay im Namen der Firma Future S.A. bei Bürgermeister Helminger eine Genehmigung für den Bau von 282 Wohnungen beantragt hat, mit einem herrlichen Ausblick auf das Alzette-Tal. Die Pläne des privaten Promotors sind seit rund zwei Jahren ein offenes Geheimnis, wurde doch bereits zu diesem Zeitpunkt ein Teil des Geländes planiert. Das gesamte Areal befindet sich zwischen dem letzten Wohnhaus der rue des Hauts-Fourneaux bis zur Eisenbahnbrücke auf Höhe des Eingangs zur russischen Botschaft.
Laut den ursprünglichen Plänen sollte der Laubwald vor dem Botschaftspark ratzekahl abgeholzt werden, doch der Botschafter legte sich quer und reichte einen Einspruch ein, aus Sicherheitsgründen, wie es heißt. Dem sollte dann auch stattgebenen werden, falls das russische Außenministerium am Kauf des Waldstücks interessiert sein sollte.
Im unteren Teil des Geländes, also am Ende von Dommeldingen, wurde eine nicht allzu hohe Bodenschicht abgetragen, nicht aber im oberen Teil in Richtung Beggen. So dass man annehmen darf, dass man auf die während Jahren arg verseuchte Erde bauen möchte, ohne gründliche Bodenanalysen (wie auch auf dem eigentlichen CASA-Betriebsgelände) vorgenommen zu haben. Über eine Impaktstudie des Quellengebietes im Hang und die möglichen Folgen bei einer massiven Flächenversiegelung ist ebenfalls nichts bekannt.
Bürgermeister Helminger, der „seine“ Stadt bis 2030 auf 161.000 Einwohner wachsen sehen will, dürfte kaum Einwände haben, um die Signatur unter die Genehmigungs-Anfrage zu setzen. Bautenschöffin Anne Brasseur wohl auch nicht. Und die Grünen angesichts der jüngsten politischen Kapriolen!
Alles paletti!? Jetzt dürften die Bagger ran… wenn niemand sich querlegt.