1.050.000 Euro für die „Casa dItalia“

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Der Escher Gemeinderat beschäftigte sich gestern in einer dreieinhalbstündigen Sitzung mit dem geplanten Erwerb der „Casa d Italia“, mit dem „Gender budgeting“-Bericht, der Situation in Sachen „Office social“ und mit zwei Editpress-PAPs. Der Rat hatte sich aber wohl zu viel vorgenommen, denn 17 der insgesamt 27 Punkte der Tagesordnung mussten wegen Zeitmangels auf die kommende...

ESCH – Unter Ausschluss der Öffentlichkeit wurde mit Xavier Poos ein Ökonom eingestellt. Sein Aufgabenbereich: „Développement urbain, urbanisme et expansion économique“.
Und im Rahmen des Projekts „Ganzdagsschoul“ wurde Romina Braojos ein unbefristeter Vertrag als „Educatrice graduée“ zugesprochen.
Am Montag soll der Kaufvertrag für die „Casa dItalia“ in der Alzettestraße, Nummer 145, unterschrieben werden. Kaufpreis: 1.050.000 .
Kulturschöffe Jean Tonnar (LSAP) erinnerte daran, dass der Escher Schöffenrat sofort Interesse am Erwerb der Immobilie gezeigt habe, als der italienische Staat vor etwa mehr als einem Jahr das sich darin befindliche Konsulat aus ökonomischen Gründen dichtmachte.
Die Verhandlungen seien ein hartes Stück Arbeit gewesen. Schlussendlich habe dann auch noch Staatspräsident Silvio Berlusconi himself sein Einverständnis für die Transaktion geben müssen.

Was soll aus dem Haus werden?

Was sicher scheint, ist, dass das Gebäude, das im Erdgeschoss einen Festsaal samt Bühne hat, nach seiner Sanierung für kulturelle Zwecke genutzt werden soll. Was aber genau dort stattfinden soll, ist noch nicht klar. Ein Probesaal für verschiedene Escher Musikgesellschaften? Ein Kulturzentrum? Ein „Lieux de rencontre des cultures“?
„Il ny a que le provisoire qui dure“, meinte Rat Frunnes Maroldt (CSV) dazu und warnte davor, kurzfristig die Vereine zufrieden stellen zu wollen, statt mit einem klaren Konzept an die Sache heranzugehen. Er erinnert an die Problematik mit der Villa Mousset in der Luxemburger Straße.
„Mär brauchen onbedingt e Centre culturel“, meinte Rat Pim Knaff (DP). Jedes Dorf habe ein solches Kulturzentrum. Allerdings hatte auch er einige Fragen zur Villa Mousset. Fragen, die allerdings unbeantwortet bleiben sollten.
Ganz positiv sah Rat Dan Codello (LSAP) den geplanten Erwerb und sprach von einem großen kulturellen Potenzial des Brill-Viertels. Er erinnerte aber auch daran, dass wegen des Kaufs der „Casa dItalia“ Investitionen in die Dellhéicht-Schule (150.000 ), in die Villa Mousset (500.000 ) und in den Sportkomplex (400.000 ) nicht getätigt werden können. Er hoffe, dass diese Posten in der Haushaltsvorlage für 2010 wiederzufinden sind.
Rat Marc Baum („déi Lénk“) bemängelte zwar das Fehlen eines klaren Konzeptes, sieht den Kauf des Hauses allerdings als Bereicherung.
Alle seine Vorredner haben den Gestehungspreis von 1.050.000 als korrekt befunden oder sich nicht darüber geäußert. Der unabhängige Rat Aly Jaerling aber findet den vereinbarten Preis viel zu hoch. Es sei eine Frechheit. „Där hätt besser gehat, mech mat der Cosa nostra verhandelen ze loossen, dann hätt der et fir en Drëttel vum Präis kritt“, so Jaerling.
Rat „Muck“ Huss („déi gréng“) war in seiner Wortmeldung zwar weniger impulsiv als Jaerling, dafür aber bedeutend konstruktiver. Die Kulturkommission werde sich Gedanken über die Nutzung der „Casa“ machen und dem Schöffenrat Vorschläge unterbreiten.
Schöffe Tonnar wunderte sich über die ganze Aufregung wegen des noch nicht ausgearbeiteten Konzepts zur Nutzung des Hauses. „Mär si mol nach net Propriétaire“, so Tonnar.
„Kultur ze ënnestëtzen, ass e choix de société“, so Tonnar weiter, der ankündigte, dass in Esch keine der Kultur zugewiesenen Posten im Haushalt gestrichen würden.
Bei der Abstimmung enthielt sich Rat Jaerling. Alle anderen stimmten für den Spezialkredit zum Kauf des Hauses.
Ein weiteres großes Thema der gestrigen Gemeinderatssitzung war die Vorstellung des „Gender budgeting“-Berichts, der in den letzten zwei Jahren ausgearbeitet wurde. Bei der Datenerfassung wurde nicht nur nach Geschlechtern unterschieden, sondern auch nach Alter und nach Nationalität.
Das Resultat sei ein neues, vernetztes Denken und Handeln in der Gemeindeverwaltung, so Sozialschöffin Vera Spautz (LSAP) in ihren Erläuterungen. Dieser Mentalitätswandel sei nicht evident gewesen, erleichtere nun aber die Arbeit und verhindere, dass es zu unnötigen Wiederholungen („double emploi“) kommt.
Die aus dem „Gender budgeting“-Bericht gewonnenen Erkenntnisse sollen in die Haushaltsvorlage für 2010 einfließen.

Wachsende soziale Probleme

Für das Rechnungsjahr 2010 sieht die Haushaltsvorlage des Sozialamtes Einnahmen in Höhe von 4.458.116 und Ausgaben in Höhe von 4.447.753,68 vor.
Das „Gromperegeld“, die „Allocation de vie chère“, können Bedürftige, mit dem Inkrafttreten eines neuen Reglements, bereits ab dem Alter von 18 Jahren beziehen. Bislang betrug diese untere Altersgrenze 50 Jahre.
Welches Ausmaß die sozialen Probleme in Esch angenommen haben, stellte Spautz anhand einiger Zahlen dar.
2.410 Mal habe das Sozialamt in diesem Jahr bereits einschreiten und Essensbons ausgeben müssen.
Es seien 42 Fälle registriert worden, von Menschen, die auf der Straße gelandet sind, was den Schlafhändlern in die Karten spiele.
Beträgt die Arbeitslosenrate in Luxemburg durchschnittlich sechs Prozent, so seien es in Esch schätzungsweise um die zwölf Prozent (die neusten Zahlen lagen dem Schöffenrat noch nicht vor). Die Arbeitslosigkeit bei Jugendlichen sei ein ganz großes Problem. Mehr als 15 Prozent der Jugendlichen sind arbeitslos, schätzt Spautz.
Des Weiteren sei das „Foyer de nuit“ für Obdachlose immer bis auf das letzte Bett belegt und auf der Warteliste für die Gemeindewohnung stünden um die 500 Anträge.
Und dem Sozialamt fehle es an Personal. Was die Personalaufstockung betrifft, sei man von staatlicher Seite auf später vertröstet worden.
Die „Epicerie sociale“, die unlängst von Caritas in der Dicks-Straße eröffnet wurde, stand gestern stark in der Kritik. Rat Marc Baum sprach von einer Schande und von Almosenpolitik der übelsten Sorte. Und teilte somit die Meinung der Sozialschöffin.
Caritas habe den Laden eröffnet und dann um Unterstützung bei der Gemeinde gebeten. Ein Dialog mit den Zuständigen von Caritas sei nicht möglich gewesen.
Der Schöffenrat wolle ein solidarischeres Modell, bei dem die bedürftige Kundschaft nicht gleich „ofgestempelt“ wird, so Spautz. Das Differdinger Modell, zusammen mit dem Roten Kreuz, beglückwünschte Spautz.
Caritas habe des Weiteren versucht, das Essensbon-System der Gemeinde zu unterbinden, was bei der Schöffin natürlich nicht gut ankam. „Si sëtzen nach net am Gemengerot“, so Spautz energisch.
Die beiden „Plans daménagement particulier“ von der Editpress-Gruppe für die Neunutzung der Parzelle in der Kanalstraße, auf der u.a. das Tageblatt-Gebäude steht, und für einen Neubau auf „Sommet“ neben dem Druckzentrum des Presseverlags wurden einstimmig angenommen. Bautenschöffe Henri Hinterscheid (LSAP) erläuterte die beiden Projekte kurz. Er bezeichnete sie als kohärent und sprach von einer „Plus value“ für Esch. „Ech ka nëmme félicitéieren“, meinte Rat André Zwally (CSV), der ebenfalls von einer Aufwertung sprach.sz