Es geht auch ohne

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Verpackungen oder gar Einkaufstüten aus Plastik gibt es bei „Ouni“ nicht. In dem kleinen Bio-Supermarkt im hauptstädtischen Bahnhofsviertel ist das Material verpönt. Das ist nicht die einzige Besonderheit. Eine Kooperative steckt hinter dem Statement gegen Konsumgewohnheiten, das gleichzeitig ein Appell an einen bewussteren Umgang mit unserem Planeten ist.

Das Problem Plastik

Plastik ist überall. Verpackungen, Einkaufstüten, Kleidung, Haushaltswaren, Möbel, die Liste lässt sich unendlich fortsetzen. Das Material verschmutzt nicht nur die Weltmeere, sondern findet sich mittlerweile auch als Mikropartikel im Fischfleisch und erreicht unsere Mägen. Die Wissenschaftsplattform „Science Direct“ hat zuletzt 2016 darauf hingewiesen.

„Ouni“ ist plastikfrei. Die Einrichtung ist aus Holz, verpackt wird in mitgebrachte Behälter der Kunden. Die Produkte sind bio und kommen aus der Region. Die Tafel im Eingangsbereich vor der kleinen Sitzecke empfängt mit den Worten „Devenir un éco-citoyen“. Die Initiative wagt den Gegenentwurf.

180.000 Euro Startkapital für die Kooperative 

Dazu passt die unmittelbare Nachbarschaft zur „Maison de la microfinance“ in der rue Glesener. Rebecca Maroko (27) kennt das Haus gut, sie hat beruflich mit den dort angesiedelten alternativen Hilfsprojekten zu tun. Sie ist Finanzberaterin bei einem Investmentfond, der gesellschaftlich nachhaltige Projekte fördert, und eine der Gründerinnen des Ladens.

„‚Ouni‘ ist ein Projekt für die Gemeinschaft“, sagt Rebecca, „ein kleines Geschäft im Viertel, wo man sich kennt und diskutiert, und ein Laden, der Abfall vermeidet.“ Gemeinschaftlich wurde der Laden auch lanciert. Ähnlich dem Crowdfunding-Prinzip haben die Initiatoren über den Verkauf von Anteilen an „Ouni“ 180.000 Euro Startkapital gesammelt. Das Interesse war groß, denn nach dreieinhalb Monaten war das Geld bereits beisammen. „Das waren keine Firmen, die mehrere Anteile gekauft haben, sondern es sind alles in Luxemburg ansässige Menschen, die sich beteiligt haben“, so Rebecca.

Handverlesene Bioprodukte

Transparenz und Vertrauen sind Begriffe, die häufig im Gespräch mit der jungen Französin fallen. Sie hat einen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften und verwaltet Gelder, die unter anderem von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) kommen und bei in Luxemburg ansässigen Banken lagern. „Wir kennen unsere Lieferanten, arbeiten mit Collabor zusammen und setzen auf regionale Herkunft“, sagt sie, „Produkte seriell produzierender Lebensmittelmultis kommen bei uns nicht in die Regale.“ Das entspricht nicht den Werten der Initiative.

Die Bilanz nach 15 Monaten ist positiv

15 Monate nach dem Start wird immer noch am Angebot gefeilt und die Produktpalette der Nachfrage angepasst. Die Bilanz ist positiv. Die Kunden kommen aus dem Viertel, der Laden ist ein Treffpunkt. Jeder kauft nur die Menge, die er wirklich braucht, und nicht die, die die Verpackungsgröße nahelegt. Es muss nichts weggeworfen werden, der Laden trägt sich bis jetzt selbst. Auch die Zulieferer werden sensibilisiert, ohne Plastikverpackung auszukommen. „Plastik wird aus Erdöl gewonnen, die Herstellung produziert viel CO2“, beginnt Rebecca die Kette der Umweltverschmutzung zu erklären, die mit dem Recycling des hier produzierten Plastikabfalls in China endet. „Selbst dort will man den Plastikmüll nicht mehr“, sagt sie, „wir alle kennen die Auswirkungen.“


Plastik in Luxemburg und in der EU

Im Jahr 2015 fielen in Luxemburg 29.537 Tonnen Plastikabfälle an, wie aus dem jährlichen Bericht des Nachhaltigkeitsministeriums an die Europäische Kommission hervorgeht. Die Zahlen schwanken. 2014 waren es rund 25.000 Tonnen, 2013 betrug die Menge ungefähr 27.000 Tonnen. Festzuhalten bleibt: Das Aufkommen steigt. Zehn Jahre zuvor, 2005, waren es nur rund 22.000 Tonnen, wie aus der gleichen Quelle ersichtlich ist.
Laut dem am 22. April von Eurostat veröffentlichten Report zum Thema werden
in der EU im Durchschnitt jährlich pro Kopf 31 Kilo Plastik pro Jahr produziert.
Das sind 15,8 Millionen Tonnen jährlich. Etwa 40 Prozent davon
werden laut Eurostat im Sinne der Kreislaufwirtschaft recycelt, wobei die höchste Quote in Slowenien (63 Prozent), die niedrigste in Finnland (24 Prozent) verzeichnet wurde.


Und die Anteilseigner? Eine Dividende erwarten sie nicht. Vielmehr beteiligen sich etwa 200 der mittlerweile laut Internetseite insgesamt rund 750 Genossenschaftler aktiv daran, dass die Idee weiterleben kann. Sie arbeiten ehrenamtlich mehrere Stunden pro Monat in dem Laden, der aber auch vier festangestellte Angestellte hat. Das Engagement ist wichtiger Teil der Initiative. „Nur zur Wahl zu gehen, genügt uns nicht“, sagt Rebecca stellvertretend für viele mit ihrem Lebensgefühl, „wir wollen etwas zum Miteinander beitragen und dabei etwas Sinnvolles tun.“ „Ouni“ ist übrigens bis jetzt der einzige Laden seiner Art in Luxemburg.

Hier geht es zu einer Anleitung für plastikfreie Zahncreme. Zum Selbermachen.