Porträt: Oleksandr SyrskyjWeniger populär, aber erfolgreich an der Front

Porträt: Oleksandr Syrskyj / Weniger populär, aber erfolgreich an der Front
Der neue ukrainische Armeechef Oleksandr Syrskyj und der Chef des militärischen Geheimdienstes, Kyrylo Budanov Foto: Handout/Ukrainian Presidential Press Service/AFP

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Nach wochenlangen Spekulationen hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seinen Armeechef Walerij Saluschnyj abgesetzt und den 58-jährigen Oleksandr Syrskyj zu dessen Nachfolger ernannt. Dieser ist zwar nicht annähernd so charismatisch wie sein Vorgänger und gilt als eher trocken, er spielte seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges jedoch mehrfach eine Schlüsselrolle.

Zu Beginn der Invasion vor knapp zwei Jahren verteidigte Syrskyj erfolgreich die Hauptstadt Kiew, zudem war er daran beteiligt, Moskaus Plan einer schnellen Einnahme der Ukraine zu vereiteln. Nur Tage nach dem Rückzug der russischen Truppen aus der Region um Kiew im April 2022 verlieh Selenskyj dem wenig bekannten General den Titel „Held der Ukraine“ und damit die höchste Auszeichnung des Landes. Der Staatschef lobte Syrskyjs „persönlichen Mut“ und seinen „bedeutenden Beitrag zur Verteidigung der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine“.

Diesen Mut stellte Syrskyj nur sechs Monate später erneut unter Beweis, als die ukrainische Armee Moskaus Truppen in der nordöstlichen Region Charkiw eine empfindliche Niederlage zufügten und diese zum Rückzug zwangen.

Trotz der Erfolge wurde der General jedoch nicht so populär wie sein Vorgänger Saluschnyj, der Titelblätter zierte, von der Bevölkerung bewundert und den Soldaten verehrt wurde. In einer im Dezember 2023 veröffentlichten Umfrage gaben 48 Prozent der Befragten an, noch nie von Syrskyj gehört zu haben.

Seinen Mitarbeitern zufolge ist der General jedoch keinesfalls ein Schreibtischtäter. Vielmehr ist er „einer der wenigen hochrangigen Befehlshaber“, die regelmäßig die Front besuchen, wie Armeesprecher Ilja Jewlasch sagte. Mehrfach veröffentlichte die Armee Bilder, die Syrskyj bewaffnet und mit Helm im Schützengraben oder händeschüttelnd mit Soldaten zeigen.

In einer Kolumne beschrieb die einflussreiche Nachrichtenseite Ukrainska Prawda den 58-Jährigen als einen Mann, der bei der Verfolgung seiner strategischen Ziele nur wenig Rücksicht auf Verluste nimmt. Er habe sich „den Ruf eines Mannes erarbeitet, dem die Erfüllung von Aufgaben wichtiger als die Anzahl der Leben ist, die er dafür opfert“, hieß es in dem Beitrag.

Syrskyj selbst mahnte bereits in seiner ersten öffentlichen Äußerung als neuer Armeechef Veränderungen in der Kriegsführung seines Landes an. „Nur durch Veränderungen und eine kontinuierliche Verbesserung der Mittel und Methoden der Kriegsführung werden wir erfolgreich sein“, schrieb er im Onlinedienst Telegram.

Befehlshaber der Operationen im Osten des Landes

Wie die meisten hochrangigen Militärs seiner Generation wurde Syrskyj 1965 im ehemaligen Sowjetrussland geboren und studierte an einer Akademie der Roten Armee in Moskau. In den 1980er Jahren wurde er in der Ukraine eingesetzt, die damals Teil der Sowjetunion war. Dort blieb er auch nach dem Zerfall der Sowjetunion und trat nach einem Studium an der Nationalen Verteidigungsuniversität in Kiew in die ukrainische Armee ein.

Im Jahr 2009 wurde er zum General ernannt, später war er als Teil des ukrainischen Militärkommandos an der Entwicklung der Zusammenarbeit mit der Nato beteiligt. Als Russland 2014 die Halbinsel Krim annektierte und der Konflikt in der Ostukraine begann, wurde Syrskyj zu einem der obersten Befehlshaber in der Hauptstadt Kiew.

Zwei Jahre später wurde Syrskyj zum Befehlshaber über alle Operationen im Osten des Landes befördert, wo die Frontlinie bis zum Beginn der russischen Invasion am 24. Februar 2022 weitgehend unbeweglich blieb.

Russland reagierte verhalten auf die Neubesetzung an der Spitze der ukrainischen Armee. Diese werde im Verlauf des Konflikts zwischen Moskau und Kiew keine Veränderungen nach sich ziehen, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.

Hinsichtlich seines Privatlebens ist der neue Armeechef sehr diskret. Laut einem Militärsprecher ist Syrskyj verheiratet und hat zwei Söhne. (AFP)