NahostUN-Organisationen schlagen Alarm wegen Lage der Kinder im Gazastreifen

Nahost / UN-Organisationen schlagen Alarm wegen Lage der Kinder im Gazastreifen
Ein palästinensisches Kind geht durch zertrümmerte Gebäude nach einem Luftangriff auf Rafah Foto: AFP

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Inmitten der Bemühungen um eine humanitäre Feuerpause hat die israelische Armee ihren Einsatz im Gazastreifen fortgesetzt. Dort war die Lage am Dienstag nach wie vor katastrophal: Mehrere UN-Organisationen schlugen wegen der Lage der palästinensischen Kinder in dem Küstenstreifen Alarm. Das Welternährungsprogramm (WFP) erklärte, Hilfslieferungen in den Norden des Gazastreifens erneut unterbrochen zu haben. Im UN-Sicherheitsrat sollte über die Forderung nach einer sofortigen Feuerpause abgestimmt werden.

Mehr als hundert Menschen seien in der Nacht zum Dienstag im Gazastreifen getötet worden, erklärte das von der radikalislamischen Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium. Die Angriffe richteten sich besonders gegen Chan Junis, wie ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Die israelische Armee ist in der Stadt im Süden des Gazastreifens im Einsatz, um Hamas-Kämpfer aufzuspüren. Das israelische Militär teilte mit, dort seien am Montag „Dutzende Terroristen“ getötet und ein großes Waffenlager zerstört worden.

Das WFP teilte derweil mit, Hilfslieferungen in den Norden des Gazastreifens nach Schüssen und Plünderungen erneut unterbrochen zu haben – trotz des weit verbreiteten Hungers. Ein WFP-Konvoi sei „aufgrund des Zusammenbruchs der zivilen Ordnung mit völligem Chaos und Gewalt konfrontiert“. Die Teams hätten von einem „beispiellosen Ausmaß an Verzweiflung“ berichtet. Das WFP hatte die Lieferungen erst am Sonntag nach einer dreiwöchigen Unterbrechung wieder aufgenommen.

Mehrere UN-Organisationen schlugen zudem wegen der Lage der Kinder im Gazastreifen Alarm. Der Mangel an Lebensmitteln, die zunehmende Unterernährung und die rasche Ausbreitung von Krankheiten könnten zu einem massiven Anstieg der Todesfälle führen, teilten die Weltgesundheitsorganisation (WHO), das UN-Kinderhilfswerk Unicef und das WFP mit.

„Tödliche Kombination“

„Der Gazastreifen steht kurz vor einer Explosion vermeidbarer Todesfälle bei Kindern, die das ohnehin schon unerträgliche Ausmaß der Kindersterblichkeit im Gazastreifen noch verschlimmern würde“, erklärte Unicef-Vertreter Ted Chaiban. Lebensmittel und sauberes Wasser seien in dem Palästinensergebiet „unglaublich knapp“ geworden, erklärten die UN-Organisationen. Mindestens 90 Prozent der Kinder unter fünf Jahren litten an einer oder mehreren Infektionskrankheiten. WHO-Nothilfekoordinator Mike Ryan bezeichnete Hunger und Krankheit als eine „tödliche Kombination“.

Am 7. Oktober waren Kämpfer der von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Hamas nach Israel eingedrungen und hatten dort Gräueltaten überwiegend an Zivilisten verübt. Israelischen Angaben zufolge wurden dabei etwa 1.160 Menschen getötet und rund 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Israel hat als Reaktion auf den Angriff der Hamas deren Vernichtung als Ziel ausgegeben. Bei dem massiven Militäreinsatz im Gazastreifen wurden nach jüngsten Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, mehr als 29.100 Menschen getötet.

Der UN-Sicherheitsrat wollte sich am Dienstag erneut mit der Lage im Gazastreifen befassen. Geplant war eine Abstimmung über einen von Algerien vorbereiteten Text, in dem eine „sofortige humanitäre Feuerpause“ vorgesehen ist, „die von allen Parteien respektiert werden muss“. Zudem wird unter anderem auch die „bedingungslose Freilassung aller Geiseln“ gefordert.

Eine Annahme der Resolution ist angesichts eines möglichen Vetos von Israels Verbündetem USA ungewiss. Washington fürchtet, der algerische Text könnte die Verhandlungen über eine Feuerpause, die auch weitere Geiselfreilassungen vorsehen, gefährden. Die USA haben einen eigenen Entwurf vorgelegt, der unter anderem eine „temporäre Feuerpause“ im Gazastreifen vorsieht, „sobald dies machbar ist“. Aus Diplomatenkreisen hieß es jedoch, der Text habe keine Chance, in seiner jetzigen Form angenommen zu werden – insbesondere wegen des Risikos eines russischen Vetos.

Der Sicherheitsrat ist im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern seit Jahren gespalten. Seit dem 7. Oktober hat er nur zwei Resolutionen verabschiedet, die vor allem humanitärer Natur waren. Am Montag hatten alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit Ausnahme Ungarns eine „sofortige humanitäre Pause“ im Krieg zwischen Israel und der Hamas gefordert. Unterdessen traf Hamas-Chef Ismail Hanija in Ägypten ein, wie die islamistische Palästinenserorganisation mitteilte. Er sollte demnach in Kairo mit Vertretern Ägyptens zusammenkommen. Ägypten ist ein wichtiges Vermittler-Land im Krieg zwischen Israel und der Hamas.