Den meisten seiner Landsleute ist Serbiens vermutlich nächster Premier Djuro Macut völlig unbekannt – und so wie es aussieht, wird das zumindest in den nächsten Tagen auch so bleiben. Mediennachfragen nach seinen Regierungsplänen wimmelt der vom allgewaltigen Staatschef Aleksandar Vucic nominierte Medizinprofessor mit Verweis auf seine in der nächsten Woche geplanten Premierenauftritt im Parlament resolut ab.
Der 62-jährige Politnovize sei eine Person, die dem krisengeschüttelten Land „neue Energie“ bringen werde, preist stattdessen der vorzeitig gescheiterte Premier Milos Vucevic seinen mutmaßlichen Nachfolger. Der parteilose Fachmann für Hormondrüsen sei „die richtige Wahl“, jubiliert das regierungsnahe Boulevardblatt Kurir: Denn der Endokrinologe könne die „Brücke des Dialogs zwischen den Studenten und den Autoritäten“ sein.
Merklich nüchterner bewertet die unabhängige Presse den bevorstehenden Karrieresprung des politisch völlig unerfahrenen Mannes des präsidialen Vertrauens. „Der Arzt wird der schwer erkrankten Gesellschaft nicht helfen“, titelt skeptisch die Zeitung Danas. Von einer „Marionettenvorstellung“ schreibt höhnisch die Zeitung Nova: Mit seinem neuen Strohmann auf der Regierungsbank werde sich der angesichts der Protestwelle gegen die Korruption zunehmend unter Druck geratene Vucic „maximal sechs Monate an Zeit kaufen“.
Spätestens bis Freitag nächster Woche muss der anvisierte Transfer des Professors von der Belgrader Universität auf die Regierungsbank vom Parlament abgesegnet sein. Andernfalls drohen dem krisengebeutelten EU-Anwärter erneut vorgezogene Parlamentswahlen. Eine klare Mehrheit scheint Macut in dem von der regierenden SNS kontrollierten Parlament allerdings gewiss. „Schade für die Endokrinologie, schade für Serbien“, kommentiert der Politologe Cvijetin Milivojevic den sich anbahnenden Jobwechsel: „Es tut mir leid, dass Macut so etwas akzeptiert hat. Denn sein Mandat wird nur von kurzer Dauer sein.“
Djuro Macut war nicht die erste Wahl
Bei einem Kurzauftritt bei der Gründungskundgebung der von Vucic und seiner regierenden SNS initiierten „Bewegung für das Volk und den Staat“ pries Macut im März bereits „die Visionen“ seines präsidialen Schutzherrn. Vucic machte derweil schon bei der Nominierung des „außerordentlich tapferen“ Macut klar, dass er sich eigentlich um einen anderen Statthalter im Kabinett bemüht hatte: Er würde sich wünschen, dass Zoran Jankovic, der serbischstämmige Bürgermeister im slowenischen Ljubljana, bei künftigen Wahlen oder bei der 2027 in Belgrad geplanten Expo-Weltausstellung eine „Hauptrolle“ spielen werde.
Der in Slowenien unter Rechtfertigungsdruck geratene Jankovic hat den von Vucic behaupteten Besitz einer serbischen Staatsbürgerschaft mittlerweile genauso dementiert wie die von diesem angeheizten Spekulationen über etwaige Wechselabsichten an die Belgrader Futtertröge: Er werde sein Bürgermeistermandat in Ljubljana ausdienen.
Offenbar wollte niemand sich an dieser heißen Kartoffel verbrennen. Denn Verbindungen zu Serbiens Regime gelten nicht mehr als gute Referenz.
Es sei offensichtlich, dass Vucic, der stark an Popularität eingebüßt hat, keinen „klangvolleren“ Namen für das Amt habe auftreiben können, kommentiert der Analyst Dejan Bursac die präsidiale Verlegenheitslösung: „Offenbar wollte niemand sich an dieser heißen Kartoffel verbrennen. Denn Verbindungen zu Serbiens Regime gelten nicht mehr als gute Referenz.“
Tatsächlich scheint fraglich, ob Strippenzieher Vucic mit Notnagel Macut die durch die 16 Todesopfer beim Einsturz des Vordachs im neu renovierten Bahnhof von Novi Sad ausgelöste Protestwelle gegen Korruption und Machtmissbrauch befrieden kann. Ausgerechnet eine Person, die noch nie eine Führungsposition oder sich jemals mit Politik oder dem Staat beschäftigt habe, müsse „nun Premier mimen“, ätzt die linksliberale SSP, von einer „weiteren Marionette in den Händen des Präsidenten“ spricht die rechtsklerikale Dveri. Mit „einer verschobenen Tombola bei einer Dorfkirmes“ vergleicht die Oppositionspartei Centar die Premierkür: „Und Aleksandar Vucic ist der Auftraggeber.“
De Maart
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