„Belgien muss sich entschuldigen“, sagte die Prinzessin im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP. Das sei wichtig, um heute eine „ausgeglichene“ zwischenstaatliche Beziehung zu haben. Der Kongo stand von 1885 an unter unmittelbarer Verfügungsgewalt des belgischen Königs. Leopold II., ein Vorfahre Esméraldas, beutete Land und Bewohner unter Einsatz von Zwangsarbeit in der Gummigewinnung brutal aus. Gräuel wie das Abschneiden der Hände von nach Ansicht der Kolonialherren nicht ausreichend produktiven Arbeitern sind gut dokumentiert.
König Philippe, der seit 2013 an der Spitze des belgischen Königshauses steht, hatte im Juni 2020 vor dem Hintergrund der „Black Lives Matter“-Bewegung gegen Rassismus und Polizeigewalt erstmals sein „tiefstes Bedauern“ über diese und weitere Verbrechen während der belgischen Kolonialherrschaft ausgedrückt. Prinzessin Esméralda sprach sich schon damals für weitere Schritte aus.
Bei den Anti-Rassimus-Protesten hatten Demonstranten wiederholt Denkmäler von Leopold II. beschädigt. Die 65-jährige Prinzessin äußerte Verständnis für diese „Ausdrücke der Wut“ gegen die Symbole der Kolonialzeit und forderte einen Abbau der Denkmäler und eine Verlegung in Museen. Für ihren Standpunkt habe sie viel Kritik einstecken müssen, sagte Marie-Esméralda nun. „Aber ich habe meine Familie damit nicht angegriffen. Wir sind nicht für unsere Vorfahren verantwortlich.“ Sie sehe sich aber sehr wohl in der Verantwortung, „darüber zu sprechen“.
Politisch engagiert
Diese Woche hatte das Königshaus bekanntgegeben, dass König Philippe im März erstmals in die Demokratische Republik Kongo reisen wird. Zuletzt hatte Philippes Vater, König Albert II., im Jahr 2010 die ehemalige belgische Kolonie besucht.
Esméralda, jüngste Tochter von König Leopold III., ist schon länger für ihr politisches Engagement bei heiklen Themen bekannt. 16 Jahre lang arbeitete sie unter einem Pseudonym als Journalistin in Paris, bevor sie wieder unter ihrem Titel in Erscheinung trat, um ihren Anliegen „zusätzliches Gewicht“ zu verleihen, wie sie sagt. Ihre Themen: Frauenrechte, Rechte indigener Völker und industrielle Umweltverschmutzung. „Ich wollte mehr tun, als nur über die Fakten zu berichten“, sagte sie.
2019 wurde sie bei einer Klimaschutz-Demonstration in London festgenommen, weil sie sich einer Räumungsanordnung der Polizei widersetzt hatte. „Ich dachte, es würde der Sache ein wenig helfen, weil die Medien darüber berichten würden, deshalb habe ich mich dafür entschieden“, sagt sie rückblickend. (AFP)
De Maart
Auch die lux. MandatsträgerInnen sind nicht für Handlungen ihrer VorgängerInnen verantwortlich. Sie sind aber sehr wohl für historische Transparenz verantwortlich. Darauf weise ich aus Schuld, Scham und Pflicht seit 1995 hin. Äußere Kolonialisierung korreliert mit innerer Kolonialisierung.
Der Versuch, das Schweigen in der Bundesrepublik zu brechen (31.10.1979)
"Holocaust und die Psychiatrie" nennt die "Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie" ihre Denkschrift zum 40. Jahrestag Hitlers Ermächtigung, psychisch Kranke zu töten
Worum geht es?
Am 1. September 1979 jährte sich zum 40. Mal der Tag, an dem NS-Deutschland mit dem Überfall auf Polen seinen Vernichtungskrieg nach aussen begann. Am 1. September 1979 jährte sich gleichzeitig aber auch zum 40. Mal der Tag, an dem mit dem Erlass Hitlers NS-Deutschland seinen Vernichtungskrieg nach innen begann. Der Erlass lautet: "Reichsleiter Bouhler und Dr.med. Brandt sind unter Verantwortung beauftragt, die Befugnisse namentlich zu bestimmender Ärzte so zu erweitern, dass nach menschlichem Ermessen unheilbar Kranken bei kritischster Beurteilung ihres Krankheitszustandes der Gnadentod gewährt werden kann." Damit begann das Programm der "Vernichtung lebensunwerten Lebens", der Ermordung all solcher Menschen, die – gemessen am NS-Gesundheitsideal – unwert, unproduktiv, andersartig waren. Geplant war also der "Endsieg", die "Endlösung" gleichzeitig nach aussen und innen. Diesem Programm fielen ungefähr 120.000 psychisch Kranke, geistig-körperlich Behinderte, aber auch andere "Andersartige" wie homosexuelle oder kommunistische Bürger zumOpfer. Und zwar auch dann noch, als das Programm wegen des Widerstandes aus der Bevölkerung, namentlich aus den Kirchen, am 24.08.1941 offiziell bis zum Kriegsende ausgesetzt wurde. Die sechs grössten Tötungsanstalten waren: Grafeneck/Württemberg, Hadamar/Hessen, Brandenburg/Havel, Sonnenstein/Pirma, Bernburg/Sachsen-Anhalt und Hartheim/Linz. Die Tötungsmethoden waren: Vergasen, tödliche Spritzen und Verhungernlassen. Für die letztere Methode lieferte ab 1941 der "Halbierungserlass", das heisst, die Halbierung der Pflegesätze, eine systematische Grundlage. Die Vergasungsanlagen hingegen wurden nach dem offiziellen Stopp 1941 in die Vernichtungs-KZ's des Ostens verlagert, zum Teil mit den eingearbeiteten Bedienungsmannschaften: nichts zeigt deutlicher als dies den inneren Zusammenhang der Ermordung der psychisch Kranken mit der Ermordung der Juden, Zigeuner, Polen und Russen.
40 Jahre Schweigen
Während - mit Recht - Bibliotheken voll Bücher und anderer Schriften hilflos bemüht sind, dem unfassbaren Schicksal der ermordeten jüdischen Bürger gerecht zu werden, ist es bis heute - auch mit Recht? - um das Schicksal der ermordeten psychisch kranken Bürger still geblieben. Gewiss, es gibt ein paar Ausnahmen. So Alexander Mitscherlich und F. Mielke "Medizin ohne Menschlichkeit", Frankfurt, Fischer, 1960, oder H. Ehrhardt "Euthanasie und Vernichtung 'lebensunwerten' Lebens", Stuttgart, Enke, 1965. Aber all das bleibt im wesentlichen bei der Dokumentation stehen. Spätestens jedoch die TV-Serie "Holocaust" hat gezeigt, dass Information und Dokumentation gar nichts ist, wenn ihr nicht die innere Auseinandersetzung folgt. Von ihr aber kann bisher kaum die Rede sein. (...)
Wer hat derjenigen Pfleger, Schwestern und Ärzte gedacht, die damals im Einzelfall oder darüber hinaus Widerstand geleistet haben? Wer hat sich mit denjenigen Pflegern, Schwestern und Ärzten beschäftigt, die damals Täter waren, die das Tötungsprogramm gläubig und bestens Willens gefördert haben oder die zumindest mitgemacht und damit das gute Funktionieren des Systems garantiert haben? Und wer von uns hat sich schon überlegt, was in dem psychiatrischen Versorgungssystem selbst schon enthalten gewesen sein muss, das das reibungslose Funktionieren des Tötungsprogramms ermöglichte?
Aber wir wollen mit dieser Denkschrift nicht lamentieren: wenn wir alle 40 Jahre geschwiegen haben, dann war eine so lange Zeit wohl unvermeidlich, dann waren Angst und Schuldgefühle wohl so gross, dass wir sie durch Anklagen und hektischen Wiederaufbau abwehren mussten, statt uns erst mal die Zeit zum Trauern zu lassen, um das Grauenhafte ansehen und annehmen zu können, um uns für unser Handeln wieder frei zu machen. Gerade weil aber eine so lange Zeit des Schweigens und der Angstabwehr hinter uns liegt, glauben wir - wenn auch zaghaft - , dass jetzt die Zeit für das Trauern, für die innere Auseinandersetzung, für die Annäherung an die Wahrheit reif ist, dass wir jetzt hinsehen, statt wegsehen können, dass wir jetzt das herausfinden können, was das Schweigen ersetzt. Denn das 40jährige Schweigen spricht inzwischen selbst so laut, dass niemand es noch überhören kann. Es macht sich selbst zur Gegenwart, ob uns das lieb ist oder nicht. (...)
Das Schweigen zeigt, dass wir uns auf diese Weise nicht selbst entlasten, freimachen konnten. Dazu müssen wir vielmehr zunächst den Finger auch auf uns selbst richten. Wer eine Hypothek abarbeiten will, muss sie zunächst als die seine anerkennen. Wir stehen in derselben Tradition. Wir sind wie sie, sie sind wie wir. Sie haben – wie wir – geglaubt, Gutes zu tun. Sie haben an den Gnadentod, die Euthanasie geglaubt. Wir üben – wie sie – schwer kontrollierbare Macht und Gewalt aus mit geschlossenen Stationen, Psychopharmaka und Psychotherapie. Wir verstehen uns – wie sie – als im Dienste der Gesellschaft stehend, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu garantieren, um die Produktivkraft zu erhöhen und um die Gesellschaft, die Gemeinden und Familien zu beglücken. Dies tun wir - wie sie - , indem wir die "harmlosen" von den "gemeingefährlichen", die "hoffnungsvollen" von den "hoffnungslosen" und "unproduktiven" Bürgern aussondern, indem wir mit den Grosskrankenhäusern "innere Kolonien" zur Konzentration menschlichen Elends betreiben und indem wir der Gesellschaft, den Gemeinden und Familien das Leiden wegnehmen. (...)
Als der Dichter Friedrich Hölderlin psychisch krank wurde, etablierte sich in Deutschland gerade die Psychiatrie. Hölderlin geriet an den Tübinger Arzt Autenrieth, der die damals beginnende Mode der Konzentrierung der "Irren" in grossen Anstalten verwarf, da so etwas diese noch kränker mache, und statt dessen forderte: "Laut fordert also die Menschlichkeit, die Irren vertheilt zu lassen". Entsprechend gab er Hölderlin 1818 dem Schreinermeister Ernst Zimmer in Pflege und ersparte dem Dichter so das Dasein eines Anstaltartefakts. (...)
(Für den Vorstand der DGSP, Deutsche Gesellschaft für Sozialpsychiatrie, Prof. Dr. Dr. med. Klaus Dörner, Psychiater, in: Der Versuch, das Schweigen in der Bundesrepublik zu brechen, Denkschrift der DGSP, Frankfurter Rundschau, 31.10.1979)
MfG
Robert Hottua
Respekt Prinzessin Esmeralda. Sie können gleich auch bei allen anderen Imperialistenstaaten anklopfen und auch beim Vatikan.Alle haben sie in Afrika massakriert und ausgebeutet. Aber dafür braucht es keine Könige,es geht auch mit Regimen wie China(Kobalt im Kongo) usw. Es genügt die Menschen dumm und arm zu halten,dann machen die jede Drecksarbeit.
Ausbeutung und Massaker gehen Hand in Hand mit der Gier.