Donnerstag23. Oktober 2025

Demaart De Maart

AfrikaNach dem Rücktritt des Reformers Hamdok ist die zivile Zukunft Sudans in der Schwebe

Afrika / Nach dem Rücktritt des Reformers Hamdok ist die zivile Zukunft Sudans in der Schwebe
Der ehemalige Hoffnungsträger Abdullah Hamdok hat das Handtuch geworfen Foto: AFP/Ebrahim Hamid

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Neue Regierungskrise im Sudan: Der ehemalige Hoffnungsträger Abdullah Hamdok hat das Handtuch geworfen. Wer nun eine Brücke zwischen der Demokratiebewegung und dem Militär schlagen kann, ist noch unklar.

Im Sudan ist das Militär wieder an der Macht. Doch diesmal nicht durch einen Putsch, wie es schon so oft seit der Unabhängigkeit des Landes 1956 der Fall war. Nach wochenlangen Protesten verkündete Ministerpräsident Abdullah Hamdok, der seit 2019 das zivile Gesicht der Übergangsregierung in Khartum war, am Sonntagabend im Staatsfernsehen seinen Rücktritt.

Der Ökonom, der nach 30 Jahren brutaler Diktatur die Regierungsführung übernommen hatte und auf dem internationalen Parkett für seine Reformen gefeiert wurde, reagierte damit auf wochenlange Demonstrationen, die seinen Rücktritt forderten.

Das Militär hatte sich Ende Oktober an die Macht geputscht und Hamdok gestürzt. Erst nach Druck aus dem In- und Ausland war er wieder als Regierungschef eingesetzt worden. Dazu hatte er mit dem Militärmachthaber General Abdel Fattah al-Burhan eine Vereinbarung für eine neue Übergangsregierung unterzeichnet. Doch die Demonstranten forderten einen vollständigen Rückzug des Militärs aus der Regierung und warfen Hamdok Verrat vor.

Hamdok hatte gehofft, den Konflikt zwischen den Protestierenden und den Sicherheitskräften zu entschärfen. Stattdessen wurde er durch seine Zusammenarbeit mit dem Militär für die Protestbewegung zum Symbol der Stagnation. „Er hatte eigentlich keine Wahl mehr“, sagt Christine-Felice Röhrs, die Büroleiterin der Friedrich-Ebert-Stiftung im Sudan. „Er hat einfach zu viel von dem, was er erreichen wollte, nicht geschafft.“ So sei es Hamdok nicht gelungen, das Blutvergießen auf der Straße zu verhindern, sagt Röhrs. Nach Angaben des Zentralkomitees der sudanesischen Ärzte sind seit dem Putsch fast 60 Zivilisten bei Protesten getötet worden – zum Teil gezielt durch Schüsse in den Kopf oder in die Brust.

Eigentlich hat Hamdok einiges für den Sudan erreicht. Nach drei Jahrzehnten Militärherrschaft waren es seine Reformen, durch die sich das verarmte Land Schritt für Schritt aus seiner jahrzehntelangen Isolation befreien konnte. Unter seiner Führung normalisierte der Sudan die Beziehungen zu Israel. Er verhandelte mit den internationalen Geldgebern einen milliardenschweren Schuldenerlass. Der Sudan habe eine „bemerkenswerte Leistung“ erbracht, sagte UN-Generalsekretär António Guterres noch im September.

Ein Job, den keiner will

Für viele Sudanesen zeigten Hamdoks Reformen nicht schnell genug Erfolg. Als eines der ärmsten Länder der Welt befindet sich der Sudan in einer tiefen Wirtschaftskrise. Seit Jahren liegt die Inflation im dreistelligen Bereich. In den letzten zwei Jahren seien die Preise für Grundnahrungsmittel in die Höhe geschossen, sagt Mahjoub Sati. Der 60-Jährige betreibt einen kleinen Lebensmittelladen im Süden Khartums. Er leide unter dem Stillstand und dem geringen Umsatz.

Einen neuen Regierungschef zu finden, der auf die Reformforderungen der Protestbewegung eingehen kann, ohne das Militär vor den Kopf zu stoßen, wird schwierig. Die Demonstranten verlangen weitreichende Reformen, die den Einfluss des Militärs auf weite Teilen des politischen und wirtschaftlichen Lebens minimieren sollen. Das Militär ist auch gegen die von vielen geforderte Aufarbeitung von Menschenrechtsverstößen.

Die Zukunft der Übergangsregierung aus militärischen und zivilen Vertretern, die seit 2019 an der Spitze des Landes steht, sei düster, sagt Jihad Mashamoun, ein politischer Analyst in Khartum. Der Druck der Demonstranten auf das Militär, sich vollständig aus der Regierung zurückzuziehen, werde mit dem Rücktritt weiter zunehmen, so Mashamoun. Dadurch drohe eine Schwächung Al-Burhans und ein Auseinanderfallen des Militärs in unterschiedliche Fraktionen. Für Januar sind mindestens sechs Demonstrationen angekündigt. Die nächste am Dienstag. (dpa)