Jetzt kommt „Reiwa“ – so nennt Japans rechte Regierung die Ära des künftigen Kaisers

Jetzt kommt „Reiwa“ – so nennt Japans rechte Regierung die Ära des künftigen Kaisers
Yoshihide Suga, Chefkabinettssekretär von Japan, gibt den Namen des neuen Zeitalters bekannt. Foto: Yohei Kanasashi/Kyodo News/AP/dpa

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Japan steht vor einer Zeitenwende. In einem Monat wird Kronprinz Naruhito neuer Kaiser und damit eine neue Ära beginnen. Jetzt gibt die rechtskonservative Regierung schon mal den Namen der Ära bekannt – ein Vorgang, der von großer Symbolik und politischer Bedeutung ist.

Japans rechtskonservative Regierung hat der Ära des künftigen Kaisers Naruhito (59) den Namen „Reiwa“ gegeben – und damit nach Meinung eines Tenno-Experten ein Zeichen zur Rückkehr zu Nationalismus gesetzt. „Reiwa“ beginnt am 1. Mai, wenn Naruhito die Nachfolge seines Vaters, Kaiser Akihito, antritt. Der Name lässt sich nicht direkt übersetzen – das neu geschaffene Wort wird nur zur Bezeichnung der Kaiserära benutzt. Das „Rei“ kann man mit „gut“ oder „verheißungsvoll“ übersetzen, das zweite „Wa“ mit „Frieden“ oder „Harmonie“.

Der 85-jährige beliebte Tenno, dessen Regentschaft den Namen Heisei („Frieden schaffen“) trägt, dankt am 30. April aus gesundheitlichen Gründen ab. Er ist der erste Kaiser in der ältesten Erbmonarchie der Welt seit rund 200 Jahren, der zu Lebzeiten den Thron für seinen Nachfolger freimacht.

Regierungssprecher Yoshihide Suga präsentierte den künftigen Äranamen auf einer Kalligrafie mit den beiden Schriftzeichen für „Reiwa“ am Montag bei einer live im ganzen Land übertragenen Pressekonferenz. „Reiwa“ bedeute, dass eine Kultur geboren werde und wachse, wenn die Menschen auf „schöne“ Weise zusammenkommen und füreinander sorgen, erläuterte Ministerpräsident Shinzo Abe die Bedeutung der Äradevise.

Traditionsbruch

Seine rechtskonservative Regierung brach bei der Auswahl des Äranamens für den künftigen Kaiser mit der bisherigen Tradition, sich dabei auf klassische Literatur Chinas zu beziehen. Stattdessen nahm man erstmals seit 1.300 Jahren einen japanischen Klassiker als Referenz, die Gedichtanthologie „Manyoshu“ aus dem 8. Jahrhundert.

Japans 248. Äraname sei symbolisch für Japans reiche Kultur und lange Tradition, erklärte Abe, der gegenüber dem wirtschaftlich und militärisch erstarkenden Nachbarstaat China oft einen harten außenpolitischen Kurs fährt und das heutige Japan in ein nach eigenen Worten „schönes Land“ verwandeln will. Dazu gehört eine Stärkung des Patriotismus. Zudem baut Abe die Rolle des japanischen Militärs aus.

Der neue Äraname sei Ausdruck einer „Rückkehr zum Nationalismus“, sagte der Tenno-Experte Ernst Lokowandt der dpa in Tokio. Die Namensauswahl unter Bezugnahme auf japanische und nicht mehr chinesische klassische Literatur sei „ein Zeichen der Regierung, nicht des Kaisers“, so Lokowandt, der Bücher über den Tenno schrieb.

Ein Wechsel der Ära-Devise bedeutet für die Japaner eine neue Zeitrechnung. Viele Menschen sehen darin einen Aufbruch zu neuen Zeiten. Tausende verfolgten die Live-Übertragung auf digitalen Anzeigetafeln und Fernsehern in Geschäften. TV-Sender brachten den ganzen Morgen über Sondersendungen. Japanische Medien ließen Menschen auf der Straße zu Wort kommen, die sich erfreut über den neuen Ära-Namen zeigten, in dem das Schriftzeichen „wa“ vorkommt, das „Frieden“ und „Harmonie“ bedeutet.

Erster geplanter Machtwechsel der Moderne

Während der Heisei-Ära sei Japan von vielen Naturkatastrophen heimgesucht worden. Daher hoffe sie, dass die kommenden Jahre so gut werden mögen wie das Schriftzeichen „wa“ zum Ausdruck bringe, sagte die Managerin eines Krankenhauses.

Mit dem 1. Mai wird es erstmals in Japans moderner Geschichte einen geplanten Ärawechsel geben. Bislang war es üblich, dass noch am Todestag eines Kaisers die neue Äradevise (gengo) verkündet werden musste. Zuletzt geschah dies am 7. Januar 1989, nachdem Akihitos Vater, Kaiser Hirohito, nach 63-jähriger Amtszeit gestorben war. Diesmal haben Behörden und Wirtschaft etwas Zeit, sich vorzubereiten.

Denn ein Wechsel der Äradevise ist in der asiatischen Wirtschaftsmacht ein verwaltungstechnischer Großaufwand. Offiziell gilt der Gregorianische Kalender, daneben aber auch ein weiterer, amtlich verwendeter Kalender, der sich an die jeweilige Ära der Kaiser hält. Akihitos dankt demnach im Jahr „Heisei 31“ ab.

Für Beobachter verkörpert Kaiser Akihito, der kürzlich sein 30. Thronjubiläum beging, das moralische Gewissen der Nation. Laut der Nachkriegsverfassung muss sich Akihito zwar auf die Rolle als Symbol der Einheit der Nation beschränken. Regierungsbefugnisse sind dem Kaiser genommen. Dennoch verstand er es, sich als Verfechter der pazifistischen Verfassung zu beweisen – indem er indirekt Kritik an denen übte, die versuchen, Japans Kriegsvergangenheit zu rechtfertigen. Dazu zählen Kritiker die rechte Regierung von Abe.

Pascal Federspiel
2. April 2019 - 14.43

Vielen Dank für Ihre Erläuterungen und Ihr Interesse an dem Artikel. Und es freut uns sehr, dass Sie sich für dieses Thema interessieren. Sie brauchen sich allerdings nicht darüber zu ereifern, dass wir auch internationale Agenturnachrichten publizieren. Das machen (fast) alle Zeitungen so. Denn: Unsere Leser wollen sich auch über weltpolitische Themen informieren. Wir berichten zudem nicht nur über "Messerstechereien, Bahnstreik und Fußball Ergebnisse". Besuchen Sie doch öfters unsere Seite! Beste Grüße

Saga
1. April 2019 - 22.57

Erstens: Es ist nicht die Regierung, die den neuen Namen auswählt, sonder ein Gelehrtengremium. Und jetzt zur Bedeutung: Dieses 'Wa' bedeutet "japanische Tradition' oder ' nach japanischer Sitte'. Dass man das mit Harmonie oder sonst was übersetzen kann ist vielleicht richtig - aber in diesem Zusammenhang nicht sinnvoll. Es bedeutet einfach nur '(alte) japanische Sitte'. Und dieses 'Rei' heißt soviel wie Ordnung. 'Reiwa' ist also die Ordnung nach alter japanischer Sitte. Nicht mehr und nicht weniger. Das ist es, was sich Japan für die kommende Ära auf die Fahne geschrieben hat. Offenbar jedoch zum Leidwesen der westlichen 'intellektuellen' Beobachter. Was der Ministerpräsident Abe Shinzo gesagt hat, ist auch eine zutreffende Deutung. Nämlich: Dass die Kultur wächst, wenn Menschen auf 'schöne' Weise zusammenkommen und füreinander sorgen. Aber das ist nichts anderes als das Leben nach alter japanischer Sitte - was die Worte im eigentlichen Sinn bedeuten. Denn so war es in Japan stete Gepflogenheit. Füreinander da sein und auf schöne Weise zusammenleben. Das ist japanische Sitte in Reinkultur. Aber sofort kommen natürlich die politischen Moral-Apostel aus dem westlichen Ausland daher, die ein Erstarken des japanischen Nationalismus oder einen ähnlichen Schwachsinn heraufdeuten wollen. Da will ja plötzlich ein Volk füreinander da sein und gemeinsam füreinander einstehen. Das ist ja schrecklich. So etwas kann man im links-verdrehten Deutschland natürlich nur zutiefst verurteilen - einem Land, in dem das Wort 'Volk' inzwischen zutiefst verpönt ist. Aber es geht hier Gott sei Dank um Japan. Und es geht nicht um westliche Ansichten - und insbesondere nicht um deutsche Ansichten (die zumeist krank sind). Und insofern, liebe Zeitungsleute, die ihr von der japanischen Kultur und der Sprache offenbar wenig Ahnung habt: Konzentriert euch doch bitte auf regionale Highlights. Messerstechereien, Bahnstreik und Fußball Ergebnisse. Aber bitte: verschont uns mit eurem Halbwissen bzgl. einer asiatischen Hochkultur. Danke und viele Grüße!