SpanienDörfer auf dem Trockenen: Wenn die Trinkwasserversorgung nicht mehr gewährleistet ist

Spanien / Dörfer auf dem Trockenen: Wenn die Trinkwasserversorgung nicht mehr gewährleistet ist
Wasserholen mit dem Schubkarren: In Lastras de Cuéllar wie in vielen anderen Ortschaften in Spanien ist das Leitungswasser ungenießbar Foto: AFP/Pierre-Philippe Marcou

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Montag ist Wassertag in Lastras de Cuéllar. Dann werden auf dem Dorfplatz der zentralspanischen Gemeinde Eineinhalb-Liter-Flaschen Trinkwasser zum vergünstigten Preis verkauft. Manche Bewohner schieben Schubkarren voll damit nach Hause, denn das, was in Lastras aus der Leitung kommt, ist ungenießbar – verseucht durch die Landwirtschaft.

„Das ist doch nicht normal im 21. Jahrhundert!“, empört sich Mercedes Rodríguez, die sich in einer Bürgerinitiative engagiert. Es fehle an öffentlichen Geldern, um wie geplant bis Ende des Jahres die Trinkwasserversorgung wieder zu gewährleisten, sagt Bürgermeister Andrés García. 350 Menschen wohnen im Winter in Lastras, im Sommer sind es fast 1.000. Einige von ihnen haben leere Wasserflaschen an den Balkonen aufgehängt, auf Transparenten fordern sie sauberes Leitungswasser.

Die Bewohner des Dorfes zwei Autostunden von der Hauptstadt Madrid entfernt sind längst nicht die einzigen mit dem Problem. Auch in Dutzenden anderen Gemeinden in ganz Spanien müssen die Menschen zum Kaffeekochen und Zähneputzen Wasser aus der Flasche benutzen. Allein in der Region Kastilien und León waren es im März laut dem größten regionalen Fernsehsender 63 Ortschaften. Offizielle Angaben für ganz Spanien gibt es nicht. Fest steht, dass immer mehr Gemeinden das gleiche Schicksal droht. Schuld ist zum einen die Agrarindustrie – mangelnde Kontrollen, Dürre und der Klimawandel verschärfen die Situation.

Bereits 2018 waren 67.050 Wasserproben nach Angaben des Gesundheitsministeriums ungenießbar. Aktuell weisen 28 Prozent der Überwachungsstationen für das Grundwasser Nitratkonzentrationen nahe oder über dem Grenzwert für Trinkwasser auf.

Die intensive Viehhaltung und die riesigen Farmen sind wegen der Gülle ein echtes Problem für die lokale Wasserqualität

Luis Babiano, Leiter des spanischen Verbands der öffentlichen Wasserversorgungsunternehmen

Im Dörfchen Lierta im Nordosten der Region Aragonien können die Menschen schon seit drei Jahren das Leitungswasser nicht mehr trinken, weil zu viel Nitrat enthalten ist. Die Bewohner kämpfen gerade gegen einen neuen Mastbetrieb mit 3.000 Schweinen, der die Wasserqualität vermutlich weiter verschlechtern würde. Riesige Weizenfelder prägen die Region, dazwischen immer wieder Schweinefarmen. Nur ein Hund löscht in der brütenden Hitze seinen Durst am Dorfbrunnen. „Hier in der Gegend kommen fast 20.000 Schweine auf gerade einmal 50 Dorfbewohner“, sagt Bernard Mas von der Initiative gegen die Schweinemäster.

Weniger Wasser, mehr Schadstoffe

„Die intensive Viehhaltung und die riesigen Farmen sind wegen der Gülle ein echtes Problem für die lokale Wasserqualität“, sagt Luis Babiano, der Leiter des spanischen Verbands der öffentlichen Wasserversorgungsunternehmen.

Ein Bericht des Umweltministeriums vom vergangenen Jahr nennt den Einsatz von Düngemittel als den hauptsächlichen Grund für die hohe Nitratbelastung. In ländlichen Gebieten werde das Wasser nicht ausreichend kontrolliert, so dass „die Bewohner einiger kleiner Siedlungen möglicherweise ungenießbares Wasser trinken, ohne es zu wissen“, heißt es in dem Bericht weiter.

Die EU-Kommission stellte Spanien 2020 ein Ultimatum, die Kontrolle der Wasserqualität zu verbessern, andernfalls drohen hohe Geldstrafen. Langfristig wird Dürre aufgrund des Klimawandels das Grundwasser weiter verschlechtern. Nimmt die Wassermenge bei gleichbleibender Menge Schadstoffen ab, steige der Gehalt an Schadstoffen, erklärt Babiano. In Lastras fürchtet Mercedes Rodríguez bereits um die Zukunft ihres Dorfes. „Wer will schon in einem Ort leben, in dem man das Leitungswasser nicht trinken kann?“ (AFP)

HTK
4. August 2021 - 15.55

"Die intensive Viehhaltung und die riesigen Farmen sind wegen der Gülle ein echtes Problem für die lokale Wasserqualität Luis Babiano, Leiter des spanischen Verbands der öffentlichen Wasserversorgungsunternehmen." Vielleicht auch ein Denkanstoß für Luxemburg?