22. Oktober 2025 - 6.40 Uhr
PorträtDie Eiserne Lady 2.0: Japans neue Regierungschefin Sanae Takaichi

Die Chefin der regierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP) wurde vom Parlament zur ersten Ministerpräsidentin Japans ernannt. Mit der Unterzeichnung eines Koalitionsvertrags mit der rechtsgerichteten Oppositionspartei JIP hatte Takaichi am Montag den Weg freigemacht für ihre Wahl zur Regierungschefin.
An der Spitze einer Minderheitsregierung stehen ihr einige Herausforderungen bevor: Zuletzt hatten sich aufgrund der Inflation im Land und eines Bestechungsskandals innerhalb der LDP zahlreiche Wählerinnen und Wähler von der Partei abgewandt. Um die Stimmen zurückzugewinnen, vertrat Takaichi im Wahlkampf eine harte Haltung gegenüber Einwanderung und ausländischen Touristen.
Takaichi wird vom konservativen Flügel der LDP unterstützt, insbesondere von Anhängerinnen und Anhängern des im Juli 2022 ermordeten ehemaligen Ministerpräsidenten Shinzo Abe. Sie werde die Wirtschaft stärken und „Japan zu einem Land umgestalten, das Verantwortung für künftige Generationen übernehmen kann“, erklärte Takaichi am Vortag der Wahl.
In ihrem vorherigen Amt als Ministerin für wirtschaftliche Sicherheit trat Takaichi zudem als lautstarke Kritikerin Chinas auf. Sie kritisierte wiederholt die militärische Aufrüstung Pekings im asiatischen Pazifikraum und verstärkte die Zusammenarbeit mit Taiwan. Regelmäßig besuchte sie außerdem den umstrittenen Yasukuni-Schrein, der japanischen Kriegstoten gewidmet ist.
Obwohl Takaichis Wahl als erste Ministerpräsidentin in der Geschichte Japans „einen Fortschritt für die Beteiligung von Frauen in der Politik“ darstelle, habe sie bislang wenig Neigung gezeigt, patriarchale Normen zu bekämpfen, sagte der Politikwissenschaftler Sadafumi Kawato der Nachrichtenagentur AFP.
Inkonsequent bei Rolle der Frau
Mit ihren Ansichten zum Thema Geschlechterrollen stehe Takaichi rechts von der ohnehin schon konservativen LDP. So lehnt sie eine Revision eines Gesetzes aus dem 19. Jahrhundert ab, wonach Ehepaare denselben Nachnamen tragen müssen. In den meisten Fällen führt diese Regel dazu, dass Frauen den Namen ihres Mannes annehmen.
Takaichi selbst war zweimal mit demselben Mann verheiratet, einem ehemaligen Parlamentsabgeordneten. In ihrer ersten Ehe nahm sie seinen Namen an, in der zweiten Ehe übernahm er ihren.
In ihrer Wahlkampfrede versprach die Politikerin eine Erhöhung des Frauenanteils im Kabinett auf „nordisches Niveau“. Nach ihrer Wahl berief sie jedoch lediglich zwei Frauen in ihr 19-köpfiges Kabinett.
Japan belegte im Gender-Gap-Bericht des Weltwirtschaftsforums 2025 Platz 118 von 148, vor allem wegen der Unterrepräsentation von Frauen in der Regierung. Island, Finnland und Norwegen belegen dabei die ersten drei Plätze.
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