Taiwan und ChinaChinesische Manöver: Drohbotschaft an Taiwan und seine Verbündeten

Taiwan und China / Chinesische Manöver: Drohbotschaft an Taiwan und seine Verbündeten
Menschen lesen in Peking eine chinesische Zeitung mit Berichten über chinesische Militärübungen um Taiwan  Foto: AFP

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China hat großangelegte Militärmanöver mit Kriegsschiffen und Kampfjets rund um Taiwan abgehalten. Hinzu kommen offene Drohungen aus Peking gegen Taipeh. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu den chinesischen Drohgebärden.

Warum hielt China die Militärübungen jetzt ab?

Taiwan ist seit 1949 eigenständig, nachdem die Nationalisten nach ihrer Niederlage im Bürgerkrieg gegen die Kommunisten auf die Insel geflohen waren. Peking betrachtet das demokratisch regierte Taiwan als abtrünnige Provinz, die wieder mit dem Festland vereinigt werden soll, notfalls mit militärischer Gewalt. Der neue taiwanische Präsident Lai Ching-te ist in den Augen der chinesischen Führung ein „gefährlicher Separatist“.

„Peking befürchtet, dass Lai gefährlich nahe dran ist, die internationale Gemeinschaft zu ermutigen, die formale Unabhängigkeit (von Taiwan) zu unterstützen“, meint Rorry Daniels vom Thinktank Asia Society Policy Institute. In seiner Antrittsrede als Präsident am Montag hatte Lai gelobt, die taiwanische Demokratie zu verteidigen, und gesagt, beide Seiten seien „einander nicht untergeordnet“.

Peking wertete die Rede als „Bekenntnis zur Unabhängigkeit“. Lai dränge Taiwan „in eine gefährliche Situation von Krieg und Gefahr“, erklärte der Sprecher des chinesischen Verteidigungsministeriums, Wu Qian, am Freitag. „Das ist ein Spiel mit dem Feuer, und wer mit dem Feuer spielt“, werde sich mit Sicherheit selbst verbrennen. J. Michael Cole, Sicherheitsanalyst in Taipeh, weist jedoch darauf hin, dass die Planungen für das groß angelegte Manöver schon vor dem Amtswechsel in Taiwan begonnen haben müssen. „Peking hat schon vor langer Zeit entschieden, dass egal, was Lai sagt, es unzufrieden und gezwungen sein würde, darauf zu reagieren“, urteilt er.

Die Volksrepublik hielt in den vergangenen Jahren schon ähnliche Militärübungen in der Nähe von Taiwan ab, unter anderem im August 2022, nachdem die damalige Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, Taiwan besucht hatte.

Was will China erreichen?

Die Übungen sind als deutliche Botschaft an Taiwan und seine Verbündeten gedacht. „Sie sollen eine Warnung sowohl an die Regierung Lai als auch an Washington sein, dass China weiterhin Druck auf Taiwan ausüben wird, wenn Lai nicht zu einem gemäßigterem Ton zurückkehrt“, sagt Amanda Hsiao von der Denkfabrik International Crisis Group.

Die chinesische Armee wolle beweisen, „dass sie notfalls in der Lage ist, schnell eine Blockade über das gesamte Gebiet zu verhängen, ein bewaffnetes Eingreifen externer Kräfte zu verhindern und die Taiwan-Frage rasch zu lösen“, urteilt Song Zhongping, Analyst und ehemaliger Offizier des chinesischen Militärs.

Die Übungen sollen darüber hinaus der Bevölkerung in der Volksrepublik versichern, dass ihre Führung in der Lage ist, die nationale Souveränität zu verteidigen, meint James Char von der Nanyang Technological University in Singapur.

Unterscheiden sich diese Manöver von früheren?

Die Militärübungen ab Donnerstag waren auf zwei Tage angesetzt, im August 2022 waren es mindestens fünf. Die Manöver umfassen jedoch offenbar ein größeres Gebiet. Peking stationiert inzwischen fast täglich Militärflugzeuge und Marineschiffe um die Insel. Auffällig sei auch, dass vorgelagerte Inseln einbezogen werden, sagt Ben Lewis von der Website PLATracker, die die Aktionen der Volksarmee beobachtet. Insgesamt fielen die Manöver jedoch kleiner aus als jene vor zwei Jahren.

Wie geht es weiter?

Peking könnte die Militärübung ausweiten oder Raketen in der Nähe von Taiwan abschießen, wie nach Pelosis Besuch geschehen. Auch eine tatsächliche Blockade der 23-Millionen-Einwohner-Insel wäre denkbar. Wissenschaftler Char hält eine weitere Eskalation von chinesischer Seite aber für unwahrscheinlich.

Sowohl Washington als auch Peking hätten „kürzlich den Wunsch gezeigt, die Spannungen zu verringern“, sagt er. Die Beziehungen hatten sich nach einem Treffen der beiden Staatschefs im November in den USA etwas entspannt.

Evan Feigenbaum von der Denkfabrik Carnegie Endowment for International Peace sieht in den Militärübungen „kein Zeichen für einen bevorstehenden Krieg“. „Peking verfolgt eine Gesamtstrategie, die eine breite Palette von Zwangs- und Überzeugungsinstrumenten umfasst. Kurzfristig ist eine Invasion das am wenigsten wahrscheinliche Mittel“, ist er überzeugt. Peking wolle „Taiwan dazu bringen, den Willen zum Widerstand zu verlieren“, statt eine kostspielige Invasion und Besetzung zu riskieren.