Sie ist ein unverzichtbarer Teil aller spanischen Familienküchen: die Fritteuse. Viele spanische Tapas werden am besten in Olivenöl frittiert. Zum Beispiel Kroketten, die mit Iberico-Schinken gefüllt sind. Oder die „pescadito frito”, kleine frittierte Fische. Auch Zucchini- und Auberginen-Streifen im Teigmantel werden gerne knusprig gebacken. Und natürlich jene Kartoffelscheiben, aus der die berühmten Tortillas, die Kartoffelomeletts, gemacht werden. Doch wo viel frittiert wird, muss viel altes Speiseöl beseitigt werden. Die Entsorgung geschieht meist noch über das Waschbecken oder die Toilette. „Wir kalkulieren, dass zwei Drittel des alten Frittieröls im Abfluss endet“, klagt das Madrider Wasserwerk Canal de Isabel. Allein Madrids Bewohner kippen jedes Jahr geschätzte 17 Millionen Liter Altöl in die Kanalisation.
Das hat Folgen. „Ein Liter Speiseöl reicht aus, um 1.000 Liter Wasser zu kontaminieren“, warnt die Ökostiftung Aquae. Die flüssigen Fettaltlasten gehören zu den am häufigsten vorkommenden Schadstoffen im Abwasser. Das erschwere die Aufbereitung, schädige die Rohrsysteme und verursache Millionenkosten. Die Entsorgung des Altöls im Abfluss ist zwar auch in Spanien schon lange verboten und wird mit hohen Geldstrafen geahndet. Laut Gesetz müssen die Speiseölreste zu kommunalen Sammelstellen gebracht werden. Doch wenige kümmert dies wirklich.
250.000
Die Biodiesel-Raffinerie in Cartagena kann jährlich 250.000 Tonnen Biotreibstoffe herstellen
Nun könnte eine neue Idee helfen, das ausgediente Frittierfett zu recyceln: Der Energieriese Repsol belohnt jene, die ihr altes Olivenöl bei einer Tankstelle des Konzerns abgeben, mit kleinen Geldgeschenken. Für jeden zurückgegebenen Liter werden dem Kunden 30 Cent gutgeschrieben. Das Guthaben kann er dann beim Tanken, an E-Auto-Ladesäulen oder in Shops ausgeben.
Das Vorzeigeprojekt soll nicht nur das Umweltbewusstsein schärfen. Sondern zugleich zum Nachschub für neue Biotreibstoffe beitragen, die seit einigen Monaten in Spanien im großen Stil aus altem Speiseöl und anderen organischen Abfällen hergestellt werden. Die Biokraftstoffe können nicht nur Diesel-Pkw und -Lkw, sondern auch Schiffe und Flugzeuge antreiben – und zwar ohne größere technische Anpassungen der Motoren.
„Aus jedem Kilogramm Küchenöl können 0,92 bis 0,97 Kilogramm Biodiesel gewonnen werden“, erläutert Spaniens Umweltministerium. Dieser Ökobrennstoff sei zusammen mit Wasserstoff und Elektromotoren ein wichtiger Baustein bei Spaniens Fahrt in eine umweltfreundlichere Zukunft. Repsol verweist auf Studien, wonach bei der Verbrennung dieser Biokraftstoffe 80 bis 90 Prozent weniger klimaschädliche Gase ausgestoßen werden. Kann dies der Treibstoff der Zukunft sein?
Steigender Bedarf
„Wir sind Pionier bei der Herstellung von erneuerbaren Treibstoffen“, erklärt Repsol. Vorstandsvorsitzender Josu Jon Imaz ist überzeugt, dass Biokraftstoffe „eine Schlüsselrolle“ bei der Vermeidung von Kohlenstoffdioxid (CO2) spielen werden – auch in der Luftfahrt. Es gebe bereits Lieferverträge mit großen Airlines für Biokerosin. Von 2025 an muss in der EU dem Flugbenzin „nachhaltiger Treibstoff“ aus nicht fossilen Rohstoffen beigemischt werden. Ziel ist, bis 2050 klimaneutral zu fliegen.
Der Bedarf dürfte also steigen. Deswegen hat Repsol inzwischen vor den Toren der spanischen Mittelmeerstadt Cartagena eine der größten Biotreibstoff-Fabriken Europas eröffnet. Weitere Recycling-Fabriken will Spaniens Marktführer Repsol im nordspanischen Bilbao und in der Nähe der zentralspanischen Stadt Ciudad Real bauen.
Allein die in 2024 eingeweihte Musterraffinerie in Cartagena kann jährlich 250.000 Tonnen Biotreibstoffe herstellen. Bis 2030 soll das Produktionsvolumen verzehnfacht werden. Zur Treibstoffpalette gehört der Diesel HVO100 („Hydrotreated Vegetable Oil“), der zu 100 Prozent aus organischen Abfällen hergestellt wird. Biodiesel HVO100, der mittlerweile nicht nur von Repsol, sondern auch von anderen Konzernen produziert wird, ist ebenfalls im deutschsprachigen Raum verfügbar.
Der Premium-Biokraftstoff ist allerdings (noch) ein paar Cent teurer als herkömmlicher Diesel. Automobilverbände verweisen zudem darauf, dass man vor dem Tanken prüfen sollte, ob das Fahrzeug vom Hersteller für Biodiesel freigegeben ist. Umweltverbände wie der WWF geben derweil zu bedenken: Biotreibstoffe seien nur dann wirklich klimafreundlich, wenn die recycelte Biomasse aus nachhaltigem Anbau stamme.
De Maart
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