Die italienische Fotografin und Anti-Mafia-Kämpferin Letizia Battaglia ist im Alter von 87 Jahren gestorben. Das wurde in der Nacht auf Donnerstag bekannt. „Eine große Fotografin, eine große italienische Frau“, würdigte Kulturminister Dario Franceschini die Sizilianerin, die mit ihrer Kunst und ihren Bildern den Kampf gegen das Verbrechen und für mehr ziviles Engagement vorangebracht habe. Die in Palermo geborene Fotografin war ein Star des italienischen Fotojournalismus, mit ihren unzähligen Bildern von Mafia-Verbrechen in den 1970er- und 1980er-Jahren wurde sie zu einer Chronistin jener Zeit auf der von den Cosa-Nostra-Clans geprägten Insel.
„Meine Bilder sind Anklagen“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur 2019. „Ich bin eine Botin des Widerstands, des Widerstands gegen Gewalt, Korruption, Armut, gegen das moralische und politische Chaos.“ Immer wieder fotografierte sie Leichen und Opfer der Mafia. Mit ihren Aufnahmen von den von Kugeln durchsiebten Opfern dokumentierte Battaglia über Jahre hinweg die dunkle Seite der sizilianischen Cosa Nostra und räumte mit dem lange Zeit geschönten Bild der „ehrenwerten Familie“ auf.
Eines ihrer ergreifendsten Bilder zeigt einen verzweifelten Mann, der Anfang 1980 in Palermo einen leblosen Körper aus einem Auto zieht. Der Tote war Siziliens Präsident Piersanti Mattarella, der andere Mann sein Bruder Sergio – heute der Staatspräsident Italiens.
Battaglia begann ihre Karriere als Fotografin in einer sizilianischen Lokalzeitung. Mit ihrer Vespa fuhr sie in den 80er-Jahren zu den Schauplätzen der Mafia-Morde, um mit ihrer Kamera Zeugnis der Gewalt abzulegen. Ob in einer Gasse in Palermo, einer Wohnung oder einer Metzgerei oder auf einem Autositz – immer zeigen ihre Schwarz-Weiß-Fotos auch eine Leiche in ihrer Blutlache oder mit von Schüssen entstelltem Gesicht. Der Betrachter wird dabei nicht geschont.
Im „Krieg“ der sogenannten Ehrenmänner wurden damals in wenigen Jahren Hunderte Menschen getötet: Rivalisierende Mafia-Mitglieder, Richter, Lokalpolitiker, Ladenbesitzer, junge Drogendealer. „Manchmal gab es fünf Morde an einem Tag“, erinnerte sich Battaglia im Jahr 2006 anlässlich einer Ausstellung ihrer Fotografien in Rom. „Die Arbeit war anstrengend, aber wir konnten nicht einfach untätig bleiben“, sagte sie damals. „Die Welt musste davon erfahren.“
Zu diesem Zeitpunkt hatte Battaglia – deren Name übersetzt „Kampf“ oder „Schlacht“ bedeutet – schon lange damit aufgehört, Mafia-Motive abzulichten: Knackpunkt war das Jahr 1992, nachdem die beiden Richter Giovanni Falcone und Paolo Borsellino bei Bombenanschlägen getötet worden waren. Die Fotografin, die vor allem für die linke Tageszeitung L’Ora arbeitete, hatte beide Männer persönlich gekannt. Die Künstlerin war danach erschöpft, schockiert, fassungslos von der nicht endenden Gewalt.
Später zog es Battaglia in Palermos Lokalpolitik, bevor sie in die sizilianische Regionalversammlung gewählt wurde, die ihren Sitz ebenfalls in Siziliens Hauptstadt hat. Kulturminister Dario Franceschini würdigte Battaglia am Donnerstag als „große Fotografin und große Italienerin“. Mit ihrer Kunst und ihren Fotos habe sie „wichtige Kämpfe“ geführt. „Palermo verliert eine außergewöhnliche Frau, einen Bezugspunkt“, schrieb Bürgermeister Leoluca Orlando bei Twitter. Battaglia sei anerkannt gewesen in der Welt der Kunst, „eine Galionsfigur bei der Befreiung der Stadt Palermo von den Fängen der Mafia“. (dpa/AFP)
De Maart
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