NahostAngriffspläne der Hamas entschlüsselt: Israelischem Geheimdienst liegen Dokumente vor

Nahost / Angriffspläne der Hamas entschlüsselt: Israelischem Geheimdienst liegen Dokumente vor
Die israelische Armee erhielt neue Erkenntnisse über die palästinensische Tunnelanlage im Gazastreifen Foto: Ahikam Seri/AFP

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Die Hamas hat den groß angelegten grausamen Überfall auf Israel jahrelang und bis ins Detail geplant. Das geht nach Angaben des israelischen Geheimdienstes aus Daten und Dokumenten hervor, die nach dem 7. Oktober beschlagnahmt wurden.

Bei getöteten oder gefangenen Kämpfern der radikalislamischen Palästinenserorganisation seien unter anderem genaue Skizzen von Angriffszielen, Waffenlisten und Zeitpläne gefunden worden.

„Das Ausmaß an Details und Vorbereitung hat uns am meisten überrascht“, sagte ein Geheimdienstoffizier vor Journalisten. Auf einer Pressekonferenz berichteten zwei anonyme Vertreter des Dienstes von den Funden. Ziel des Angriffs sei gewesen, „einen Schock auszulösen, der die Menschen bricht“.

Die Daten von Mobiltelefonen, Computern, Tablets, GPS-Geräten, GoPro-Kameras, Landkarten und Notizbüchern „zeigen jahrelange Planungen für Angriffe auf Stützpunkte und Kibbuzim“, sagte einer der Geheimdienstoffiziere.

Um das Material zu analysieren, reaktivierte Israel eine militärische Geheimdiensteinheit namens Amshat. Sie durchforstete die zahlreichen arabischen Dokumente und entschlüsselte Millionen elektronischer Daten. Daraus ergebe sich ein regelrechter „Schlachtplan“, sagte ein Offizier. Die Amshat-Einheit war nach dem arabisch-israelischen Krieg von 1973 gegründet worden und wurde seither mehrmals reaktiviert.

Auf Computern entdeckten die Analysten ausführliche taktische Pläne, die nicht nur die Ziele beschrieben, sondern auch die Namen der beteiligten Einheiten und ihre Aufgaben, mit Details zum Angriff, inklusive Zeitangaben und einer Liste der benötigten Waffen. Auch eine genaue Handzeichnung des militärischen Außenpostens von Nahal Oz, den die Hamas bei ihrem Überfall einnahm, fanden die Ermittler. Bei den Leichen getöteter Hamas-Kämpfer stellten sie Satellitenfotos und exakte Pläne von zwei der angegriffenen Kibbuzim sicher.

In Medienberichten war nach dem 7. Oktober spekuliert worden, dass palästinensische Arbeiter und israelische Araber geholfen haben könnten, detaillierte Karten der Kibbuze anzufertigen. Wie die Informationen über die Militärposten in die Hände der Hamas kommen konnten, blieb unklar.

„Ein Teil des Trainings (für den Angriff) bestand darin, wie man Geiseln nimmt“, sagten die Offiziere. Es seien „Checklisten“ und „Sprachführer“ für die Entführungen gefunden worden. In den Anweisungen, welche die Nachrichtenagentur AFP einsehen konnte, wird den Kämpfern empfohlen, allen erwachsenen Geiseln die Augen zu verbinden und die Hände zu fesseln.

Die Geiselnehmer sollten „diejenigen töten, die Probleme machen oder zu fliehen versuchen“. In einem Leitfaden sind etwa 50 hebräische Ausdrücke in Lautschrift aufgeführt, etwa „sei still“, „nicht bewegen“, „hinlegen“ oder „Hände hoch“.

Angriffsplan lag vor

Die New York Times hatte am 1. Dezember berichtet, dass der israelische Geheimdienst vor mehr als einem Jahr an einen Plan der Hamas gelangt war, in dem Schritt für Schritt ein ähnlicher Anschlag wie am 7. Oktober beschrieben war. Der Geheimdienst habe dieses Szenario jedoch als unrealistisch eingestuft.

Zu seiner Überraschung fand der Geheimdienst auch einige Dokumente, die nichts mit dem Angriff vom 7. Oktober zu tun hatten, darunter auch manche von angeblich hohem militärischem Wert. So sei eine detaillierte Karte des südlichen Gazastreifens entdeckt worden, auf der bisher unbekannte Militäreinrichtungen der Hamas verzeichnet seien, sagte einer der Offiziere. „Einige der Hamas-Kämpfer wurden im Unklaren gelassen und wussten nicht, was passieren würde. Viele von ihnen hatten Dinge dabei, die für diesen Überfall nicht relevant waren.“

Amshat gelangte den Angaben zufolge auch an Aufnahmen von Tunneln im Gazastreifen – auf welchem Weg, ließen die Offiziere offen. Die Bilder zeigten lange, mit Beton und Metall verstärkte Korridore, die breit und hoch genug für Fahrzeuge sind. Er wäre „nicht überrascht“, wenn es insgesamt mehr als 500 Kilometer von tiefen, miteinander verbundenen Tunneln gäbe, sagte einer der Geheimdienstoffiziere. „Stellen Sie sich vor, wie viele Geiseln man darin unterbringen kann.“ (AFP)