Hauptangeklagte redet sich um Kopf und Kragen

Hauptangeklagte redet sich um Kopf und Kragen
(Tageblatt-Archiv)

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Nach einer Pause wegen Verteidigerwechsels wird der Prozess um einen Mordfall in Brasilien mit der Aussage der Hauptangeklagten fortgesetzt.

Weil der Verteidiger der Hauptangeklagten, Me Philippe Penning, wegen Vertrauensbruch sein Mandat niedergelegt hatte, war der Prozess gegen die 62-jährige, aus Laos stammende Brigitte D. und die 54-jährige, aus Brasilien stammende Tania M. von der Kriminalkammer unterbrochen worden, bis die neue Anwältin, Me Claudia Monti, sich eingearbeitet hatte.

Beiden wird der Auftragsmord am 74-jährigen, in Berdorf geborenen Immobilienhändler Henri Z. vorgeworfen. Ebenfalls angeklagt ist Diego M., der Sohn von Tania M., der mit der Kreditkarte des Opfers dessen Konto mit mehr als 50 nächtlichen Bancomat-Abhebungen bei 72 Versuchen um stolze 25.000 Euro erleichtert hatte. Damit hatte er ein handfestes Mordmotiv.

Es war denn auch seine Mutter Tania M., die dem Prozess, der bis dahin aus Mangel an Beweisen auf Indizien angewiesen war, den notwendigen Dreh gab, indem sie die Tatbeteiligung ihres Sohnes vor den Richtern eingestand. Und da Diego M. nach der Freigabe der Erbschaft von Henri Z. laut seiner Mutter noch einmal 20.000 Euro an seine Kumpel in Brasilien verteilen konnte, dürfte der kausale Zusammenhang zwischen Tätern und Angeklagten hergestellt sein.

Danach rief Prosper Klein erneut Tania M. in den Zeugenstand, die weitere Einzelheiten über die Tätigkeit ihres Sohnes erzählte, von dessen Beteiligung am Mord sie von Brigitte D. erfuhr, als zwei Wochen nach ihrer Rückkehr aus Brasilien ein randalierender Mann mit schönen blauen Augen vor ihrer Tür auftauchte, dem sie laut eigenen Aussagen eine Eigentumswohnung versprochen hatte. Mit einem resoluten „C’était elle!“ zeigte sie auf ihre Mitangeklagte.

„C’était mon bébé!“

Der Plan zum Mord kam jedenfalls nicht von ihrem Sohn. Brigitte D. meinte, sie solle sich heraushalten, das sei eine Sache zwischen ihr und Diego, dem sie materiell nur helfen möchte, wenn die Erbschaft in trockenen Tüchern sei. Spätestens hier hätte sie ihren Sohn vor seinen eigenen Komplizen in Sicherheit bringen müssen, so der Vorsitzende, der damit erneut Tränen bei der Angeklagten auslöste.

Dann folgte eine abenteuerliche Geschichte zu beiden Anschlägen. So hätten bei der fatalen Hinrichtung neben ihrem Sohn auch Brigitte D. und zwei ihr unbekannte Männer, also insgesamt fünf Insassen, im Auto Platz genommen, sagte die Angeklagte, die sich erleichtert zeigte, sich das endlich von der Seele erzählen zu dürfen (Link). Nun folgte ein weiterer Weinkrampf für ihren Sohn: „C’était mon bébé!“ Ob sie sich im Klaren sei, dass ihr Baby gemordet hat, wollte Me Monti wissen.

Die weitere Frage der Anwältin, warum sie gleich an ihren Sohn dachte, als sie vom Auftragsmord erfuhr, erklärte Tania M. mit der Tatsache, dass Brigitte D. und ihr Sohn in Brasilien oft die Köpfe zusammengesteckt hätten. Auf Anfrage des öffentlichen Anklägers Robert Welter bestätigte Tania M. die Bezahlung des Auftragsmordes mit Geldern der Bancomat-Abhebungen ihres Sohnes und mit der Erbschaft.

Nach einer kurzen Pause sagte Brigitte D. aus, dass Diego alles allein organisiert habe und sie keine Ahnung davon hatte. Danach habe er sie erpresst. Warum sie ihn nicht anzeigte, konnte sie nicht erklären.

Wenn sie glaube, mit dieser dreisten Lüge durchzukommen, dann sei sie auf dem Holzweg, so der Vorsitzende, der ihr dann vom Motiv über die Ausführung bis zur Regelung des Auftragsmordes alle sie belastenden Widersprüche unter die Nase rieb. Ohne Erfolg.

Sogar die ihr vom Vorsitzenden vorgehaltene eigene Aussage in öffentlicher Sitzung, sie habe bei ihrer Ankunft in Porto Seguro, also vor den beiden Anschlägen auf ihren Ehemann, von Diegos Plan gewusst und habe sogar gemeint, er würde dies ohne Belohnung tun, konnte sie nicht aus ihrer Austernschale locken. Auf die Idee, dass sie ihren Ehemann damals hätte retten können, kam sie erst gar nicht.

Der Prozess wird am kommenden Montag mit den Plädoyers der Verteidigung fortgesetzt.

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