Gesetze tragen in Frankreich den Namen des Ministers, der sie verantwortet. Der derzeitige Finanzminister schuf im Jahre 1993 einen Rahmen für das Finanzwesen Frankreichs, das Gesetz Sapin 1. In dieser Woche hat der Ministerrat das Gesetz Sapin 2 beschlossen. Der Grund: Es hat sich Vieles verändert. Das Minitel, die französische Version der Computer-Kommunikation, ist ausgestorben und die Digitalisierung ist in die französische Finanzwelt und Wirtschaft eingezogen. Außerdem: Frankreich mag sich zwar gegen die Globalisierung, gegen Rating-Agenturen, gegen transatlantische Abkommen, gegen das Freizügigkeitsabkommen von Schengen wehren, rund um das Land herum wird aber international gespielt, und so muss Frankreich immer wieder zugeben, dass man hier und da einen Nachholbedarf hat.
Selbst dort, wo Frankreich durch scharfe Kontrollen in der Globalisierung mithalten will, kommt dann und wann eine kalte Dusche. Die Nicht-Regierungsorganisation Transparency International hat Frankreich bei der Korruptionsbekämpfung nur auf den 23. Platz von 104 untersuchten Ländern gesetzt. Die sechstgrößte Volkswirtschaft der Welt rangiert dabei hinter den nordischen Ländern oder Deutschland, Großbritannien und den USA. „Wir sind nicht korrupter als andere Länder“, heißt es dazu im Finanzministerium gekränkt.
„Anti-Korruptionsbehörde“
Möglicherweise aber ein wenig lässiger im Umgang mit entsprechenden internationalen Vereinbarungen. Zwar hat Frankreich internationale Abkommen zur Korruptionsbekämpfung und Embargobrüchen unterzeichnet. Verurteilt wurde aber in den vergangenen 15 Jahren nicht ein Unternehmen. In Deutschland dagegen 50 und in den USA über 100. Da die französischen Unternehmen in Frankreich nicht verurteilt werden, nehmen sich die USA das Recht heraus. Die BNP Paribas zahlte 6,9 Milliarden, Crédit Agricole 700 Millionen, Total 400 Millionen, Alcatel Lucent 137 Millionen, Alstom schließlich 772 Millionen.
Finanzminister Sapin hätte in sein Transparenzgesetz gerne den Tatbestand der strafbaren Aktion eingeführt. Im Finanzministerium ist nur schwer einzusehen, dass das Geld französischer Unternehmen per Strafe US-Finanzkassen füllt, wo es doch in Frankreich dringend benötigt wird. Aber: Der Staatsrat, ein hybrides Gremium, das einerseits juristischer Kontrollrat für die Regierung ist, andererseits das höchste französische Verwaltungsgericht, konnte sich nicht dazu durchringen, dazu grünes Licht zu geben. Sapin hofft jetzt, dass die Nationalversammlung einen Zusatz zu seinem Gesetz beschließt und strafbare internationale Transaktionen auch in Frankreich unter Strafe stellt.
Dafür hat Sapin Bestimmungen in das Gesetz aufgenommen, die Wirtschaftsminister Emmanuel Macron nicht in ein eigenes Gesetz fassen konnte. Macron wollte kleine und mittlere Unternehmen schützen, die häufig in Schwierigkeiten geraten, weil die „Großen“ sich mit dem Bezahlen von Rechnungen ungebührlich viel Zeit lassen. Wer zukünftig Fristen überschreitet, muss mit Geldstrafen rechnen.
Eine wirkliche Neuerung aber ist Einrichtung einer Agentur. Diese „Anti-Korruptionsbehörde“ erhält ihr eigenes Budget und ihre Unabhängigkeit. In dem Gesetz Sapin I hatte es zwar eine Beratungsstelle gegen Korruption gegeben, die aber ein zahnloser Tiger war. Die neue Behörde hat das Recht, bei allen Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern und mehr als 100 Millionen Euro die Einhaltung von aufzustellenden Anti-Korruptionsplänen zu prüfen.
Mehr Informationen zu diesem Thema finden Sie in der Freitagsausgabe des Tageblatt.
De Maart
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