„Die Wirtschaft erholt sich – aber nur langsam“

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LUXEMBURG - Die Luxemburger Zentralbank blickt optimistisch in die Zukunft was die wirtschaftliche Zukunft des Landes anbelangt, warnt aber auch vor einem Reformstillstand.

Laut Luxemburger Zentralbank sieht ihre früheren Prognosen über die wirtschaftliche Zukunft Luxemburgs bestätigt. Das Wachstum wird dieses Jahr zwischen 0,5 und 1,1 Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP) liegen. Für 2014 und 2015 erwartet sich die BCL dann ein Wachstum von 1 bis 3 Prozent. Das durchschnittliche Wachstum Luxemburgs lag in den Jahren 1960 bis 2007 bei 4 Prozent.

Der Bankenplatz ist der Hauptmotor der Luxemburger Wirtschaft. Im ersten Semester 2013 hätten die Finanzinstitute ordentliche Gewinne abgeworfen im Vergleich zum selben Zeitraum des letzten Jahres, erklärt die BCL. Der Erlös und das Resultat vor Rückstellungen seien zwischen 9 und 14 Prozent gestiegen. Der Bankenertrag und das Netto-Resultat des Sektors seien auf der anderen Seite aber im Vergleich zum letzten Jahr um 3 und 11 Prozent gesunken, so die BCL. Die Zentralbank bleibt vorsichtig. Es sei sehr schwer genaue Vorhersagen über die konjunkturelle Entwicklung des Finanzsektors zu machen.

Weniger Depots

Der niedrige Zinssatz, der bei Krediten angewendet wird, würde das Resultat der Banken schmälern. Dazu kämen die Ankündigung von Finanzminister Luc Frieden, den automatischen Informationsaustausch in Luxemburg einzuführen. Sie hätte einen Rückgang der Depots vor allem von Ausländern zur Folge gehabt.

Die Banken haben im Juli dieses Jahres aber einen Zuwachs von 4 Prozent bei der Kreditvergabe verzeichnet. Im August fiel er jedoch wieder auf 2 Prozent. Vor allem Immobilien-Bauträger hätten mehr Darlehen erhalten. Die Produktivität der anderen Aktivitätsbereiche, sei es die Industrie, der Bau oder der Handel,
leidet weiter unter der schlechten Auftragslage, so die BCL. Auch die Exporte kommen nicht in Schwung. Im ersten Semester dieses Jahres hat man einen Einbruch von 8 Prozent im Vergleich zum letzten Jahr festgestellt. Während die Exporte in andere europäische Länder und nach Asien zurückgingen, wurden mehr Waren nach Amerika ausgeführt (+7 Prozent).

Verbraucher haben wieder mehr Vertrauen

Diverse Studien und Umfragen würden der Zentralbank zufolge jedoch Anlass zu Optimismus geben. Das Vertrauen der Verbraucher käme langsam wieder zurück, die Aussichten in der Industrie und im Bau hätten sich auch verbessert. Es sei aber Vorsicht geboten. Die Zentralbank rät, bei der Ausarbeitung der Wirtschafts- Finanz- und Sozialpolitik sich nicht auf ein zu hohes Wachstum zu verlassen.

Denn andere Indikatoren würden Zweifel an einer raschen wirtschaftlichen Erholung aufkommen lassen. Zwischen 2008 und 2011 sei zum Beispiel das Pro-Kopf-Bruttoeinkommen (PNB) pro Jahr um durchschnittlich 3,6 Prozent gesunken. Zwischen 1996 und 2007 hatte man noch eine jährliche Erhöhung von 3,1 Prozent festgestellt.

Inflation bleibt niedrig

Bei der Inflation rechnet die Zentralbank indes mit einer durchschnittlichen Rate von 1,8 Prozent in diesem Jahr und von 1,6 Prozent im ersten Semester des nächsten Jahres. Die nächste Indextranche würde im August 2014 erfallen. Durch die Indexmodulierung würde sie aber erst im Oktober ausgezahlt werden.

Die öffentlichen Finanzen ihrerseits bleiben ein Sorgenkind. Die Ausgaben der Verwaltungen haben sich im Zeitraum 1995 – 2012 jährlich im Durchschnitt um 7 Prozent erhöht. 2007, vor der Krise, verzeichneten die Verwaltungen noch einen Überschuss von 3,7 Prozent, im letzten Jahr wurde aber ein Defizit von 0,8 Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP) festgestellt. Der Verlust des Zentralstaats lag sogar bei 2,6 Prozent. Die Lage wird sich nicht verbessern, zumal ab 2015 die Einnahmen des elektronischen Handels wegfallen, prophezeit die BCL. Und begrüßt die von Premierminister Jean-Claude Juncker vorgeschlagene Erhöhung der Mehrwertsteuer. 1 Prozent würde die Staatseinnahmen um 0,4 Prozent des BIP erhöhen.

Kampf gegen die Armut

Der Staat wird 2013 mit einem Defizit von 3 Prozent des BIP rechnen müssen. 2015 könnte er sogar auf 4 Prozent steigen. Die BCL empfiehlt die Sozialausgaben zu überarbeiten und die Rentenreform zu „ergänzen“. Ziel dieser Maßnahmen müsse sein, die Zahl der von Armut bedrohten Haushalte zu verringern.

Aber auch die staatlichen Beteiligungen an Unternehmen spielen bei der Reduzierung der Schuld eine wichtige Rolle, so die BCL. 2008 hatte sich der luxemburgische Staat an der BGL-Rettung beteiligt. Dazu musste man 2 Milliarden Euro leihen. Bis Ende 2013 bekommt der Staat insgesamt 508 Millionen an Zinsen und Dividenden.

Der „eventuelle Verkauf“ der staatlichen Beteiligungen an der BGL BNP Paribas dürfte es erlauben, die öffentliche Schuld zu reduzieren.
Die BCL ist der Auffassung, dass der Index beibehalten werden muss. Es sei falsch zu glauben, er schade der Wettbewerbsfähigkeit. Man müsse aber über eine Modulierung des Systems nachdenken.

Trotz massiver Arbeitplatzschaffung mehr Arbeitslose

Ein anderes großes Sorgenkind der BCL ist der Arbeitsmarkt. Seit 2008 wächst der Arbeitsmarkt jährlich im Durchschnitt um 2 Prozent. Zwischen 1995 und 2008 waren es 4 Prozent. Die Krise treffe vor allem die Grenzgänger, so die BCL. Sie würden nur noch 35 Prozent der neu geschaffenen Jobs bekommen, gegenüber 70 Prozent vor 2008. Parallel zu der Arbeitsplatzschaffung steigt jedoch die Zahl der Arbeitslosen. Hierfür gebe es hauptsächlich strukturelle Gründe. Große Schwierigkeiten bereite aber immer noch das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt. Auch die Aus- und Weiterbildung der Arbeitnehmer sei noch immer mangelhaft, bedauert die BCL.

Schließlich spielt der Wohnungsbau eine bedeutende Rolle in der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes, stellt die Zentralbank fest. Die Wohnungsbaunot durch Lohnerhöhungen zu bekämpfen sei der falsche Weg, weil dadurch der Wettbewerbsfähigkeit geschadet würde. Hilfen sollen vor den Haushalten mit niedrigem Einkommen zugutekommen. Man müsse vor allem das Angebot verbessern, betont die BCL und warnt, dass Subsidien und steuerliche Vorteile für die Wohnungskäufer keine Preiserhöhungen zur Folge haben dürfen.