Montag1. Dezember 2025

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Das System Gaddafi steht vor dem Fall

Das System Gaddafi steht vor dem Fall
(AFP)

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Der internationale Druck auf das Regime in Tripolis wächst. Die Lage in Libyen bleibt explosiv. Während sich Gaddafi mit vier Brigaden in einem Stützpunkt verschanzt, bejubeln Bewohner im Osten ihre Befreiung.

Der libysche Staatschef Muammar al-Gaddafi steht mit dem Rücken zur Wand. Nach Diplomaten, Regierungsmitgliedern und Soldaten wenden sich auch immer mehr Stämme von dem seit über 40 Jahren regierenden Herrscher ab. Gaddafi, der nicht kampflos aufgeben will, soll sich am Mittwoch mit vier Brigaden in einem Stützpunkt in Tripolis verschanzt haben. Ausländer flüchten in Scharen aus dem Wüstenstaat.

Nach blutigen Kämpfen mit bis zu 1000 Toten, wie es in jüngsten Berichten am Mittwoch heißt, rechnet Italien mit einem Exodus zehntausender Migranten aus Libyen. Während sich Gaddafi an der Macht festkrallt, wird in Teilen des Landes schon gejubelt. Die Bewohner mehrerer Städte im Osten Libyens feierten am Mittwoch die „Befreiung“ ihrer Region. Augenzeugen berichteten, in den östlichen Städten Bengasi und Tobruk seien die Vertreter der Staatsmacht entweder verschwunden oder hätten sich den Aufständischen angeschlossen. Die Straßen der Hauptstadt Tripolis waren nach Augenzeugenberichten am Mittwoch weitgehend menschenleer.

„Zu allem fähig“

Der ehemalige Botschafter Libyens bei der Arabischen Liga in Kairo, Abdulmoneim al-Honi sagte in einem Interview der Zeitung „Al-Hayat“ (Mittwoch), der Sturz des Regimes von Gaddafi sei nur noch eine Frage von Tagen. Er rechne dennoch mit weiterem Blutvergießen, „denn dieser Mann ist zu allem fähig“.

Die wüsten Drohungen Gaddafis gegen das eigene Volk alarmieren die Staatengemeinschaft. Die Vereinten Nationen riefen Gaddafi auf, die Gewalt sofort zu stoppen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, der Gaddafi bei einem 40 Minuten langen Telefonat ins Gewissen redete, sagte, einige der Ereignisse in Libyen „scheinen klare Verstöße gegen das Internationale Recht und die Menschenrechte zu sein“. Die Gewalt gegen Zivilisten dürfe nicht ungestraft bleiben. Die 27 EU-Staaten erwägen nach einem Stopp der Waffenexporte weitere Sanktionen gegen das libysche Regime.

Ein beginnender Völkermord

Tausende Europäer, Amerikaner und Asiaten flüchten aus Libyen. Der türkische Außenministers Ahmet Davutoglu sprach von der größten Rettungsaktion in der Geschichte des Landes. Das US-Außenministerium charterte zwei Katamarane, die am Mittwoch Malta Richtung Tripolis verließen. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International fordert ein Verfahren gegen Gaddafi vor dem Internationalen Strafgerichtshof. Libyens UN-Vizebotschafter Ibrahim Dabbashi, der sich tags zuvor von Gaddafi losgesagt hatte, sprach im UN-Sicherheitsrat von einem „beginnenden Völkermord“. Der Machthaber setze auch Söldner „aus vielen afrikanischen Ländern“ ein.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn sprach unverhohlen von Genozid. „Was in Libyen geschieht, ist Völkermord in höchster Potenz“, sagte Asselborn im Deutschlandfunk.

Geld für Söldner

Die italienische Regierung befürchtet eine Welle von 200.000 bis 300.000 Immigranten aus Libyen, und das sei nur eine vorsichtige Schätzung, sagte Außenminister Franco Frattini dem Mailänder „Corriere della Sera“ (Mittwoch). Er sprach in diesem Zusammenhang von einem „Exodus in biblischem Ausmaß“.

Die Oppositions-Website „Libya al-Youm“ meldete, Ahmed Gaddaf al-Dam, ein Verwandter Gaddafis, habe in Ägypten versucht, den Volksstamm der Awlad Ali mit Geld für den Kampf gegen die Aufständischen zu ködern. Der inzwischen vor allem an der ägyptischen Mittelmeerküste und in der Oase Fajjum beheimatete Stamm, der seine Wurzeln in Libyen hat, soll dieses Ansinnen jedoch abgelehnt haben.

Dutzende von Gräbern

Der arabische Fernsehsender Al-Dschasira zeigte Bilder von Leichen in einem Krankenhaus in Tripolis sowie Aufnahmen von der libyschen Mittelmeerküste, auf denen zu sehen war, wie Freiwillige Dutzende von Gräbern ausheben.