Montag27. Oktober 2025

Demaart De Maart

Das Comeback der Bürgerwehr

Das Comeback der Bürgerwehr

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Ob links oder rechts: Weil der Staat versagt, sind einige Briten dazu übergegangen, selbst für ihren Schutz zu sorgen. Die Preise für Baseballschläger sind bereits spürbar angestiegen.

Immer dann, wenn der Staat seinen Aufgaben nicht mehr nachkommen kann, springen einerseits zivile Helfer und andererseits Profiteure ein. Das gilt auch für Großbritannien, wo Plünderer die öffentliche Ordnung bedrohen. Doch nun schlagen einige Bürger zurück – und zwar gewalt(tät)ig: Die Nachfrage nach Baseballschlägern und Schlagstöcken auf Online-Kaufportalen wie „Amazon“ sind laut „Guardian“ explodiert. „Wir sehen die Gemeinschaft bereits zurückschlagen“, sagte dazu Stephen Kavanagh von der Londoner Polizei. „Die Leute sind wütend. Das ist ihre Nachbarschaft, die auf dem Spiel steht.“

Die Gruppen, die die Knüppel benutzen, könnten jedoch unterschiedlicher nicht sein. Im Londoner Stadtteil Hackney haben sich Türken und Kurden zusammengetan, um ihre Geschäfte zu schützen. „Als mehr von ihnen kamen, haben wir sie verjagt“, sagte Kaffee-Betreiber Yilmaz Karagoz im „Guardian“. Die Angestellten eines Kebab-Geschäftes seien den Plünderern mit ihren Döner-Messern entgegengetreten. „Ich glaube nicht, dass sie wiederkommen.“ Auch in den Stadtteilen Wood Green, Tottenham und Haringey bewaffneten sich Türken und Kurden, aber auch einheimische Coiffeure, Fleischer und Verkäufer mit Brechstangen und Messern, um ihre Läden zu bewachen. Im Stadtteil East Ham vertrieben hunderte Asiaten den Straßenmob.

„Gebiet der weißen Arbeiterklasse“

Ganz anders sieht es in Eltham im Südosten Londons aus. Hier patrouillierten 200 Engländer durch die Straßen, um etwaige Plünderer abzufangen. „Das ist das Gebiet der weißen Arbeiterklasse und wir sind hier, um die Gemeinschaft zu beschützen“, so ein Teilnehmer. Auch im Norden in Enfield marschierten etwa 70 englische Jugendliche auf: Die „English Defense League“ (EDL) verkündete, 1.000 ihrer rechtsgerichteten Mitglieder hätten sich in Bürgerwehren zusammengeschlossen. EDL-Führer Stephen Lennon sagte der Nachrichtenagentur AP, er könne nicht garantieren, dass es keine gewaltsamen Auseinandersetzungen mit randalierenden Jugendlichen geben werde. Vielleicht trieb die Angst vor diesen nationalistischen Jugendlichen im Westen der Hauptstadt die Sikhs auf die Straße: In Southhall bewachten mehrere Dutzend Pakistanis den dortigen Tempel vor Angreifern. Sikhs werden oft mit Muslimen verwechselt.

Ein Angestellter der Verwaltung aus Hackney äußerte sich im „Guardian“ besorgt darüber, dass die unterschiedlichen Gruppen jeweils ihr eigenes Bürgerwehr-Süppchen kochen. „Es wird die Sache bloss verschlimmern. Ich würde es gar nicht gerne sehen, dass das in einen Konflikt der Generationen oder Rassen ausartet.“ Gemäßigtere Briten haben nun auch die Seite „RiotCleanUp“ ins Leben gerufen: Neben Ausschreitungswarnungen werden hier Aufräumarbeiten verabredet und motivierende Erfolgsgeschichten erzählt.