Zwölf Tote – Rätsel über Erschossene

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Auch am vierten Jahrestag der Revolution beweist das Regime in Ägypten seine Macht mit aller Härte - und löst Proteste im Land binnen Minuten auf.

Der vierte Jahrestag der Revolution in Ägypten ist von mehreren gewaltsamen Todesfällen überschattet worden. Nach offiziellen Angaben wurden mindestens zwölf Menschen bei Zwischenfällen in Kairo und an zwei Orten im Norden Ägyptens getötet. Eine Demonstrantin war bereits am Samstag unter ungeklärten Umständen in Kairo umgekommen.

Angehörige werfen dem Regime vor, die Frau erschossen zu haben. Zur Trauerfeier am Sonntag kamen Hunderte. Sicherkräfte riegelten den Kairoer Tahrir-Platz und Teile der Innenstadt mit Panzern und Straßensperren ab.

Verbot aus Sicherheitsgründen

In Ägypten fällt der Jahrestag der Revolution von 2011, die zum Sturz des Langzeitherrschers Husni Mubarak führte, stets auf den landesweit gefeierten „Tag der Polizei“. Der 25. Januar ist daher Feiertag, Versammlungen zu Ehren der 2011 getöteten Demonstranten werden jedoch aus Sicherheitsgründen verboten. Bei den Protesten gegen Mubarak waren damals mehr als 800 Menschen gestorben. Der Diktatur musste in der Folge zurücktreten, ein Verfahren gegen ihn wegen Mitschuld am Tod der Demonstranten wurde jedoch eingestellt.

Am Sonntag wurden mindestens acht Demonstranten nach Angaben des Gesundheitsministeriums bei der Auflösung eines Protestes im Kairoer Stadtviertel Matarija getötet. Zudem sei ein Polizist ums Leben gekommen. Lokale Medien berichten, bei den Protestierenden handele es sich um Anhänger der Muslimbruderschaft. Das im Norden Kairos gelegene Matarija gilt als eine Hochburg der Bruderschaft. Seit dem Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi im Sommer 2013 wird sie als Terrororganisation eingestuft.

Anschlag vereitelt

Im nordägyptischen Buhaira vereitelte die Polizei nach eigenen Angaben einen Anschlag von Islamisten. Die Extremisten hätten versucht, eine Bombe bei einem Strommast zu platzieren. Sie wurden getötet. Ein weiterer Extremist sei in der Hafenstadt Alexandria erschossen worden. Nach offiziellen Angaben war es ein mit einem automatischen Gewehr bewaffnetes Mitglied der Muslimbruderschaft. Ein weiteres bewaffnetes Mitglied sei verhaftet worden. Im Internet tauchten Videos auf, die eine in Brand gesteckte Straßenbahn zeigen.

Bereits am Samstagabend war in Kairo unweit des Tahrir-Platzes eine Demonstrantin bei einem Trauermarsch für die Opfer der Revolution umgekommen. Die 32-jährige Schaima al-Sabagh sei mit Schrotkugeln erschossen worden, teilten Aktivisten am Sonntag auf einer Pressekonferenz mit. Polizisten hätten die Schüsse abgefeuert, um den Marsch gewaltsam aufzulösen.

„Niemand kann geschossen haben, außer der Polizei“

Das Innenministerium hingegen machte nicht näher definierte „Bewaffnete“ verantwortlich. Die Kairoer Staatsanwaltschaft versprach, die bei der Auflösung des Trauermarsches beteiligten Beamten zu befragen.

„Da waren keine 20 Menschen unterwegs und sie trugen nur Blumen“, sagte Khaled Daud von der vom Nobelpreisträger Mohammed ElBaradei gegründeten Verfassungspartei am Sonntag. Zudem seien zum Zeitpunkt der Schüsse nur die Demonstranten und die Polizei auf der Straße gewesen: „Niemand sonst kann geschossen haben außer der Polizei.“ Nach lokalen Medienberichten versammelten sich am Sonntag Hunderte Menschen zur Beerdigung Al-Sabaghs in ihrer Heimatstadt Alexandria.