Rechthaberei kann gefährlich werden

Rechthaberei kann gefährlich werden
(AFP/Jewel Samad)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Stur und unnachgiebig sucht Trump die Auseinandersetzung mit allen, die er als seine Widersacher betrachtet. Sind sie nicht greifbar, setzt es Twitterbotschaften.

Trumps Rechthaberei und Streitlust begeistern Millionen seiner Anhänger, aber sie schaden ihm auch. Kritiker attestieren ihm, er weigere sich aus Dünnhäutigkeit und übertriebenem Stolz, Kränkungen auf sich beruhen zu lassen. Damit aber halte er sie in den Schlagzeilen, anstatt neue Themen zu setzen, die für ihn Vorteile bringen. Das hat ihn im Wahlkampf immer wieder zurückgeworfen.

Hier einige Beispiele:

ALICIA MACHADO:

Die gebürtige Venezolanerin Alicia Machado ist ins Zentrum des Wahlkampfs gerückt, seit die Demokratin Hillary Clinton in der Fernsehdebatte am Montag Trumps abfällige Bemerkungen über die Miss Universe des Jahres 1996 hervorholte. Trump hatte die junge Frau wegen ihres Gewichtszunahme in dem damals von ihm veranstalteten Wettbewerb öffentlich gedemütigt und als „Miss Schweinchen“ und „Miss Haushälterin“ abqualifiziert. Clinton überrumpelte ihren Kontrahenten mit der Nachricht, Machado sei jetzt US-Bürgerin und er könne darauf wetten, dass sie im November wählen werde.

Am Freitagmorgen wetterte Trump in einem seiner Tweets dann drauflos: „Hat die betrügerische Hillary geholfen, der widerlichen Alicia M (zieht euch das Sex-Video und (ihre) Vergangenheit rein) geholfen, US-Bürgerin zu werden, nur um sie in der Debatte ausnutzen zu können?“ Aus dem anschließenden Shitstorm hielt sich Clinton erst einmal vornehm heraus, bevor sie am Abend fragte, was das nur für ein Mensch sei, der morgens um 3.00 Uhr solche Tweets verfasse.

DIE FAMILIE KHAN:

Die US-Demokraten stellten auf ihrem Parteitag Ende Juli die muslimischen Eltern und US-Bürger Khizr und Ghazala Khan vor, deren Sohn als US-Soldat 2004 im Irak gefallen war. Khizr Khan kritisierte Trumps Plan, Muslimen zeitweise generell die Einreise in die USA zu verbieten. Der Milliardär habe noch keinerlei Opfer für das Land gebracht, währende US-Muslime ihre Kinder in den Krieg gegen den Terror schickten, sagte er.
Trump beklagte sich tags darauf, dass alle Fernsehstationen das Thema aufgriffen, obwohl Khan ihn doch gar nicht kenne. Ein Interview gab das andere und schließlich wandten sich führende Republikaner öffentlich von ihrem Präsidentschaftskandidaten ab. Eine Veteranenvereinigung mit 1,7 Millionen Mitglieder verurteilte Trumps Verhalten gegenüber Hinterbliebenen, und die Umfragewerte des Kandidaten sausten in den Keller.

RICHTER GONZALO CURIEL:

Der in Indiana geborene Richter Gonzalo Curiel saß über einen Rechtsstreit zwischen Trump und ehemaligen Studenten von dessen ehemaliger Trump University zu Gericht. Trump erklärte Curiel im Mai für befangen, weil dieser mexikanische Vorfahren habe. Weil er, Trump, angekündigt habe, an der Grenze zwischen den USA und Mexiko eine Mauer zu bauen, befinde sich der Bundesrichter in einem der Sache „innewohnenden Interessenskonflikt“.

Nicht nur die Demokraten hielten das für glatten Rassismus. Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, nannte Trumps Worte die „Lehrbuchdefinition eines rassistischen Kommentars“. Nach tagelanger Debatte ließ sich Trump zu der Erklärung herbei, er sei falsch interpretiert worden. Um Entschuldigung bat er Curiel nicht und bescheinigte ihm auch keine faire Prozessführung.

PASTORIN FAITH GREEN TIMMONS:

In seinem Werben um schwarze Wähler redete Trump im September in einer Kirche in Flint im US-Staat Michigan. Die Gemeinde besteht zum größten Teil aus Afroamerikanern. Als er anfing, Clinton zu kritisieren, gab es Zwischenrufe. Pastorin Faith Green Timmons unterbrach Trump und sagte, sie habe ihn nicht für eine Wahlkampfrede eingeladen. Er solle über den Einsatz der Gemeinde für die Stadt Flint sprechen, die durch Probleme mit bleihaltigem Trinkwasser in die Schlagzeilen geraten war.

Trump beherzigte den Tadel, schimpfte aber einen Tag später in einem Interview, Timmons sei ein „nervöses Durcheinander“ gewesen. Sie habe mit ihrem Einspruch selbst politische Ziele verfolgt.

TED CRUZ:

Selbst als Sieger kann Trump nachtragend sein. Unmittelbar nachdem ihn der Parteitag der Republikaner zum offiziellen Präsidentschaftskandidaten gekrönt hatte, knöpfte sich Trump noch einmal seinen längst aus dem Rennen ausgeschiedenen Parteirivalen Ted Cruz vor. Statt sich zu seiner weitgehend positiv aufgenommenen Nominierungsrede zu äußern, schickte Trump in einem Retweet ein unvorteilhaftes Foto von Cruz‘ Ehefrau Heidi an die Twitter-Gemeinde hinaus und dachte erneut laut über mögliche Verbindungen zwischen dem Kennedy-Attentäter Lee Harvey Oswald und Cruz‘ Vater nach.

Er habe lediglich den Fakt ausgesprochen, dass auf einem Foto des Magazins „National Enquirer“ ein Mann mit Oswald beim Frühstücken zu sehen sei, der aussehe wie Cruz‘ Vater, sagte Trump vor einer Gruppe verwunderter Untrstützer in Cleveland. Cruz selbst wies die von Trump gezogenene Verbindung als verrückt zurück.
Immerhin: Als Cruz sich vergangene Woche nach seiner anfänglichen Weigerung dann doch noch zur Unterstützung Trumps bereiterklärte, zeigte sich auch der Kandidat versöhnt und teilte mit: „Ich bin durch die Unterstützung von Senator Cruz sehr geehrt.“