Obama hat die Verantwortung für die Wahlschlappe der Demokraten bei den Kongresswahlen übernommen. Die Republikaner hätten seiner Partei eine tüchtige Abreibung verpasst, sagte er am Mittwoch bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus in Washington. Nun werde er alles daran setzen, damit die Mittelschicht nicht von enormen Steuererhöhungen belastet werde.
Hinsichtlich seiner Umweltpolitik signalisierte der geschwächte Präsident bereits Verhandlungsbereitschaft. Er werde nach einem anderen Weg als wirtschaftliche Anreize suchen, um die Kohlendioxidemission zu reduzieren. Die Republikaner hatten den Gesetzentwurf in ihrer Wahlkampagne als „nationale Energiesteuer“ und Arbeitsplatzvernichter kritisiert.
Der Präsident sagte, der Unmut der Wähler über die schleppende wirtschaftliche Erholung habe den Republikanern zum Sieg verholfen. Die Beziehung, die er zu dem amerikanischen Volk habe, habe sich langsam entwickelt und dann ein unvorstellbares Hoch erreicht, sei im Verlauf der vergangenen zwei Jahre aber schwieriger geworden und nun in eine Krise geraten.
Obama setzt auf zivilisierten Diskurs
Nun müsse es einen zivilisierten Diskurs geben, sagte Obama. Das Volk sei nicht daran interessiert, in den nächsten beiden Jahren nur politische Hahnenkämpfe zwischen den Demokraten und den Republikanern zu sehen. Er habe seine Lektion aus der Wahlschlappe der Demokraten gelernt, sagte Obama. Vor allem seien nicht genügend Fortschritte bei der Schaffung von Arbeitsplätzen gemacht worden. Siehe auch:
Republikaner gewinnen Mehrheit im Repräsentantenhaus
Dafür übernehme er als Präsident die volle Verantwortung, denn die Wirtschaftslage sei zweifelsohne die Hauptsorge der Bürger. „Hier steht so viel auf dem Spiel“, sagte Obama. Er freue sich, sich mit Vertretern beider Parteien zusammenzusetzen und über die künftige Politik des Landes zu beraten. Das werde sicherlich angesichts der teilweise grundlegend unterschiedlichen Standpunkte nicht einfach werden. Doch Ideologien brächten das Land nicht weiter. Gute Ideen seien immer willkommen, egal aus welcher Ecke sie kämen. Auch bezüglich der Gesundheitsreform sei er durchaus für Vorschläge offen, das Gesetz kippen werde er aber nicht, sagte Obama.
Beflügelt von der erzkonservativen Tea-Party-Bewegung sicherten sich die Republikaner einen Erdrutschsieg im Repräsentantenhaus. Obamas Demokraten stellen aber weiterhin die Mehrheit im Senat. Damit droht Washington bis zur nächsten Präsidentenwahl 2012 ein politisches Patt, sofern sich beide Parteien nicht zu Kompromissen durchringen können. Doch angesichts einer Arbeitslosigkeit von 9,6 Prozent stehen sowohl Demokraten als auch Republikaner unter dem Druck, sich in wichtigen Punkten einigen zu müssen, um ihre jeweiligen Wähler nicht zu verprellen.
Demokraten verteidigen Mehrheit im Senat
Im Repräsentantenhaus gewannen die Republikaner mindestens 60 Sitze hinzu, 40 hätten für die Mehrheit gereicht. Im Senat sicherten sie sich mindestens sechs bislang von Demokraten gehaltene Sitze, das sind allerdings vier weniger als für die Mehrheit notwendig. Gewählt wurden am Dienstag alle 435 Abgeordneten im Repräsentantenhaus, im Senat 37 der 100 Senatoren. Zudem wurden in 37 Staaten neue Gouverneure bestimmt.
Die Republikaner kündigten am Mittwoch an, die umfassende und bei vielen Bürgern unbeliebte Gesundheitsreform, eines der Prestigeprojekte Obamas, rückgängig machen zu wollen. Die Partei habe von den Wählern ein Mandat bekommen, dieses „Ungetüm“ zu kippen, sagte der designierte republikanische Präsident des Abgeordnetenhauses, John Boehner. Das Wahlergebnis nannte er „eine Zurückweisung Washingtons, eine Zurückweisung der umfangreichen Regierung und eine Zurückweisung von Politikern, die sich weigern, den Menschen zuzuhören“. Boehner soll im Januar der Demokratin Nancy Pelosi als Präsident des Repräsentantenhauses nachfolgen, wenn der neue Kongress seine Arbeit aufnimmt.
Obama hofft auf Kompromisse
Schon in Umfragen waren Obama und den Demokraten große Verluste prognostiziert worden, vor allem wegen einer großen Unzufriedenheit mit der Wirtschaftslage, der unvermindert hohen Arbeitslosigkeit von fast zehn Prozent und zentralen Politikfeldern wie der Gesundheitsreform.
Der Unmut der Wähler und die Enttäuschung über den Präsidenten sorgten offenbar gerade im Repräsentantenhaus für einen Durchmarsch der Republikaner und deren Tea-Party-Flügel. Die Bewegung hat der Partei aber möglicherweise auch Niederlagen in entscheidenden Rennen eingebracht, weil ihre Politiker teilweise aussichtsreiche andere republikanische Bewerber bei den Vorwahlen besiegt hatten.
dapd
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können